Rz. 74

[Autor/Stand] Voraussetzungen. Zu einer bspw. durch einen Wegzug des Einzelunternehmers oder Mitunternehmers ausgelösten Entstrickungsbesteuerung nach § 16 Abs. 3a EStG (sog. fiktive[2] Betriebsaufgabe) kann es kommen, wenn hierdurch das Besteuerungsrecht an den Gewinnen aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des "Betriebs oder Teilbetriebs" ausgeschlossen oder beschränkt wird (zur Frage des Ausschlusses bzw. der Beschränkung des Besteuerungsrechts s. Rz. 66). Werden bei einer Mitunternehmerschaft i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 2 EStG sämtliche stillen Reserven in den Wirtschaftsgütern ihres Betriebsvermögens dem deutschen Besteuerungsrecht entzogen, kann § 16 Abs. 3a EStG ebenfalls anwendbar sein,[3] bspw. wenn der einzige (und allein am Gesellschaftsvermögen beteiligte) Kommanditist einer GmbH & Co KG ins Ausland verzieht.[4] Über § 18 Abs. 3 Satz 2 EStG greift § 16 Abs. 3a EStG auch für das steuerliche (Betriebs-)Vermögen eines selbständig Tätigen.

 

Rz. 75

[Autor/Stand] Rechtsfolgen. § 16 Abs. 3a Satz 1 EStG fingiert eine Betriebsaufgabe.[6] Die Wirtschaftsgüter sind gem. § 16 Abs. 3 Satz 7 mit ihrem gemeinen Wert anzusetzen, da die fiktive Betriebsaufgabe keine "Veräußerung" darstellt.[7] Die festgesetzte Einkommensteuer, die auf den Aufgabegewinn nach § 16 Absatz 3a EStG entfällt, kann unter den Voraussetzungen des § 36 Abs. 5 Satz 1 EStG auf Antrag des Steuerpflichtigen in fünf gleichen Jahresraten entrichtet werden (Ratenzahlungskonzept), wenn die Wirtschaftsgüter einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in einem anderen EU-/EWR-Staat zuzuordnen sind, sofern dieser Staat Amts- und Beitreibungshilfe leistet. Ob im Einzelfall die Wirtschaftsgüter ertragsteuerlich einem "Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen" in einem "anderen" EU-/EWR-Staat zuzurechnen sind, kann indes problematisch sein.[8] § 36 Abs. 5 Satz 2 ff. EStG sieht – vergleichbar der Regelung in § 6 Abs. 4 Satz 3 ff.– Regelungen zur Entrichtung und sofortigen Fälligstellung bei Eintritt verschiedener Ereignisse vor. i.d.R. wird die fiktive Betriebsaufgabe gewerbesteuerfrei sein (§ 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG).

[Autor/Stand] Autor: Häck, Stand: 01.10.2023
[2] Tw. auch als "virtuelle" Betriebsaufgabe bezeichnet, vgl. Seer in Kirchhof/Seer22, § 16 EStG Rz. 224.
[3] Korff/Erdem in Steuerplanung und Compliance, Bd. 2, Teil 4, Thema 2, Rz. 182.
[4] Vgl. Kraft/Ungemach, DStZ 2020, 440 (455); Kraft/Ungemach, PIStB 2017, 257 (259 f.).
[Autor/Stand] Autor: Häck, Stand: 01.10.2023
[6] Stv. Rode in BeckOK, § 16 EStG Rz. 1111.
[7] Rode in BeckOK, § 16 EStG Rz. 1111.
[8] Vgl. Kraft/Ungemach, DStZ 2020, 440 (455); Kraft/Ungemach, PIStB 2017, 257 (259 f.).

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