(1) Grundregelung (Satz 1)

(3) 1 Nutzt eine Betriebsstätte finanzielle Mittel des übrigen Unternehmens, so liegt keine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung vor.

 

Rz. 3329

[Autor/Stand] Ausnahme für die Nutzung finanzieller Mittel. Gemäß § 16 Abs. 3 BsGaV führt die Nutzung finanzieller Mittel des übrigen Unternehmens durch eine Betriebsstätte i.d.R. nicht zu einer anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehung i.S.d. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 (kein fiktives Darlehen). Dies gilt auch dann, wenn die grundsätzlichen Voraussetzungen für das Vorliegen einer einem "Darlehen" oder einer "Finanzierungsdienstleistung" ähnlichen anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehung gegeben sind. Die Regelung ist als Ausnahme-Gegenausnahme-Vorschrift konzipiert, sodass in festgelegten Fällen gleichwohl anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen im Zusammenhang mit der Nutzung finanzieller Mittel bestehen können (Anm. 3330 f.).

Die explizite Ausnahme von Finanzierungsbeziehungen aus dem Definitionsbereich der anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehung i.S.d. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ist Folge der in § 1 Abs. 5 angelegten Systematik zur Bestimmung des der jeweiligen Betriebsstätte zuzuordnenden Gewinnanteils, die eine vereinfachte Ermittlung der Passivseite vorsieht und daher von einer isolierten Zuordnung von Finanzmitteln häufig abstrahiert (Anm. 3261 ff.).[2] Eine solche isolierte Zuordnung dürfte in vielen Fällen ohnehin schwierig oder unmöglich sein und würde die Besteuerung erheblich verkomplizieren.[3] Schließlich sind die Effekte anzunehmender schuldrechtlicher (Finanz-)Beziehungen aufgrund des einheitlichen für das gesamte Unternehmen geltenden Kreditratings ohnehin begrenzt.[4] Aus demselben Grund scheidet auch eine Anerkennung innerbetrieblicher Bürgschaftsverhältnisse aus.[5]

[Autor/Stand] Autor: Leonhardt/Tcherveniachki, Stand: 01.03.2018
[2] Vgl. BR-Drucks. 401/14 v. 28.8.2014, 88; BMF v. 22.12.2016 – IV B 5 - S 1341/12/10001-03 – DOK 2016/1066571 – VWG BsGa, BStBl. I 2017, 182, Tz. 2.16.2, Rz. 173, vgl. Anhang 2 Verwaltungsanweisungen S. V 447 ff.
[3] Vgl. hierzu BR-Drucks. 401/14 v. 28.8.2014, 89.
[4] Vgl. BR-Drucks. 401/14 v. 28.8.2014, 89.
[5] Vgl. BR-Drucks. 401/14 v. 28.8.2014, 89.

(2) Gegenausnahme (Satz 2)

2 Dies gilt nicht, wenn

  • 1. § 17 anzuwenden ist oder
  • 2. auf Grund der Geschäftstätigkeit einer Betriebsstätte im laufenden Wirtschaftsjahr finanzielle Mittel der Betriebsstätte entstehen, die nachweislich für bestimmte Zwecke im übrigen Unternehmen genutzt werden.
 

Rz. 3330

[Autor/Stand] Nutzung finanzieller Mittel als anzunehmende schuldrechtliche Beziehung. Abweichend von der Grundregelung des § 16 Abs. 3 Satz 1 BsGaV liegen gem. § 16 Abs. 3 Satz 2 BsGaV anzunehmende schuldrechtliche Finanzierungsbeziehungen vor, wenn eine Betriebsstätte eine Finanzierungsfunktion für andere Unternehmensteile übernimmt (fiktive Dienstleistung oder fiktive Darlehensgewährung, § 16 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 17 BsGaV, Anm. 3351 ff.) oder in einer Betriebsstätte erwirtschaftete Mittel im übrigen Unternehmen genutzt werden (vorübergehende fiktive Darlehensgewährung, § 16 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BsGaV). Eine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BsGaV setzt voraus, dass die finanziellen Mittel, die in einer Betriebsstätte entstanden sind (z.B. durch Veräußerung von Anlagevermögen oder Waren), nachweislich im übrigen Unternehmen genutzt werden (z.B. zum Erwerb von Anlagevermögen, das dem übrigen Unternehmen zuzuordnen ist).[2] Nach der zutreffenden Ansicht der Finanzverwaltung ist für die Annahme einer anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehung glaubhaft zu machen, dass voneinander unabhängige Dritte für die (kurzfristige) Überlassung der Liquidität einen Darlehensvertrag geschlossen hätten.[3] Auch eine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BsGaV setzt voraus, dass das erforderliche Mindestmaß an ökonomischer Relevanz überschritten ist (Anm. 3325). Zur zeitlichen Begrenzung einer fiktiven Darlehensgewährung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BsGaV vgl. Anm. 3331.

Für Bankbetriebsstätten gilt für die Gegenausnahme des § 16 Abs. 3 Satz 2 BsGaV ein erweiterter Begriff (§ 19 Abs. 6 BsGaV).

[Autor/Stand] Autor: Leonhardt/Tcherveniachki, Stand: 01.03.2018
[2] Vgl. BR-Drucks. 401/14 v. 28.8.2014, 89.
[3] Vgl. das Beispiel in BMF v. 22.12.2016 – IV B 5 - S 1341/12/10001-03 – DOK 2016/1066571 – VWG BsGa, BStBl. I 2017, 182, Tz. 2.16.3, Rz. 176, vgl. Anhang 2 Verwaltungsanweisungen S. V 447 ff.

(3) Zeitliche Begrenzung (Satz 3)

3 Eine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung nach Satz 2 Nummer 2 gilt als Zurverfügungstellung finanzieller Mittel zwischen der Betriebsstätte und dem übrigen Unternehmen und endet spätestens

 

Rz. 3331

[Autor/Stand] Klarstellung und zeitliche Begrenzung. § 16 Abs. 3 Satz 3 BsGaV stellt klar, dass im Fall von § 16 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BsGaV eine fiktive Darlehensgewährung der Betriebsstätte an das übrige Unternehmen angenommen werden kann....

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