(4)   1 Wird eine Betriebsstätte begründet, so ist zu diesem Zeitpunkt die erste Hilfs- und Nebenrechnung für die Betriebsstätte zu erstellen. 2 Wird eine Betriebsstätte beendet, so ist zu diesem Zeitpunkt die Hilfs- und Nebenrechnung abzuschließen. 3 Der zum Zeitpunkt der Begründung oder der Beendigung einer Betriebsstätte anzunehmende Übergang von Vermögenswerten und Passivposten sowie von Chancen und Risiken zwischen der Betriebsstätte und dem übrigen Unternehmen begründet anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen im Sinne des § 16.

 

Rz. 2992

[Autor/Stand] Erstmalige und letztmalige Aufstellung einer Hilfs- und Nebenrechnung. Gem. § 3 Abs. 4 Satz 1 BsGaV ist zum Zeitpunkt der Begründung einer Betriebsstätte erstmals eine Hilfs- und Nebenrechnung aufzustellen. Wird die Begründung einer Betriebsstätte zunächst nicht erkannt oder stellt sich erst später heraus (z.B. bei Fristüberschreitung für Bau- und Montagebetriebsstätten), ist die Hilfs- und Nebenrechnung nachträglich auf den Zeitpunkt der Begründung der Betriebstätte aufzustellen.[2] § 3 Abs. 4 Satz 3 BsGaV stellt klar, dass der erstmalige Ausweis von Vermögenswerten und Passivposten in der Hilfs- und Nebenrechnung anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen (insbesondere fiktive Veräußerungen, Anm. 3322) begründet. Die im Zeitpunkt der Gründung der Betriebsstätte bestehenden stillen Reserven in den der neuen Betriebsstätte zuzuordnenden Vermögenswerten werden dadurch noch dem übrigen Unternehmen zugeordnet und dort ggf. besteuert. Die Bewertung und ggf. weitere Abschreibung des Vermögenswerts bei der Betriebsstätte erfolgt dann zu bzw. von dem Wert im Übertragungszeitpunkt (fiktive Anschaffungskosten).[3]

Bei Beendigung einer Betriebsstätte ist die Hilfs- und Nebenrechnung im Zeitpunkt der Beendigung abzuschließen (§ 3 Abs. 4 Satz 2 BsGaV). In diesem Zeitpunkt kommt es zu einer fiktiven Veräußerung (Anm. 3322) sämtlicher der Betriebsstätte zugeordneter Vermögenswerte und Passivposten an das übrige Unternehmen zum jeweiligen Fremdvergleichswert.[4] Sämtliche während der Existenz der Betriebsstätte dort entstandenen stillen Reserven in den zum Beendigungszeitpunkt noch vorhandenen Vermögenswerten werden dadurch der Betriebsstätte zugeordnet und erhöhen das Schlussergebnis der Betriebsstätte.[5] Die steuerliche Fortführung und ggf. Abschreibung der Vermögenswerte im übrigen Unternehmen erfolgt dann zum Wert im Übertragungszeitpunkt (fiktive Anschaffungskosten).[6]

 

Rz. 2993

[Autor/Stand] Gründungsaufwendungen. Bis zur Umsetzung des AOA in innerstaatliches Recht mit dem AmtshilfeRLUmsG v. 26.6.2013[8] erfolgte die Zuordnung von Gründungsaufwendungen nach der – im Gegensatz zu der wohl h.M. im Schrifttum stehenden[9] – Auffassung der Finanzverwaltung und der Rspr. nach dem Veranlassungsprinzip, womit eine Zuordnung zur Betriebsstätte auch dann erfolgte, wenn die Gründung der Betriebsstätte scheiterte.[10] Im Ergebnis führte dies dazu, dass der Gründungsaufwand i.d.R. vollständig unberücksichtigt blieb, wenn das jeweilige DBA eine Freistellung von Betriebsstätteneinkünften vorsah. Mit Einführung des § 1 Abs. 5 i.d.F. v. 26.6.2013 ist dies nun legislativ überholt. Nach neuer Rechtslage ist eine Zuordnung von Gründungsaufwand zu einer Betriebsstätte grundsätzlich nur dann vorzunehmen, wenn der entsprechende Aufwand auch einer rechtlich selbständigen Tochtergesellschaft hätte weiterbelastet werden können.[11] Dies folgt daraus, dass die (ggf. fiktive) Abrechnung des Leistungsverkehrs zwischen Betriebsstätte und dem übrigen Unternehmen die Existenz der Betriebsstätte und eine entsprechende Hilfs- und Nebenrechnung i.S.d. § 3 BsGaV voraussetzt. Im Fall einer gescheiterten Betriebsstättengründung scheitert eine solche Abrechnung daher bereits an der fehlenden Hilfs- und Nebenrechnung. Nach Einführung des AOA sind Aufwendungen im Zusammenhang mit einer gescheiterten Betriebsstättengründung daher grundsätzlich im Rahmen der Gewinnermittlung des übrigen Unternehmens zu berücksichtigen.[12]

Betriebsausgaben, die vor der Gründung einer Betriebsstätte entstehen (z.B. Beratungskosten, Personalbeschaffungskosten, Werbemaßnahmen), sind grundsätzlich dem übrigen Unternehmen zuzuordnen[13], können aber (ergänzend) zu fiktiven Gründungsleistungen an die Betriebsstätte führen, die im Zeitpunkt der Gründung zum Fremdvergleichspreis abzurechnen sind.[14] Eine Weiterverrechnung kommt jedoch nur infrage, wenn die Kosten auch einer Tochtergesellschaft fremdvergleichskonform weiterbelastet werden könnten.[15] Scheitert die Betriebsstättengründung, kommt eine solche Abrechnung fiktiver Leistungen dagegen nicht in Betracht. Die Finanzverwaltung will die Abzugsfähigkeit von Vor-Gründungsaufwendungen beim übrigen Unternehmen davon abhängig machen, ob das Unternehmen nachweisen kann, dass diese Aufwendungen auf die Erbringung von anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehungen (fiktive Gründungsleistungen) gerichtet waren oder nicht und in letzterem Fall mit Hinweis auf das Veranlassungsprinzip kei...

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