(7) Die Absätze 1 bis 6 sind nicht anzuwenden, wenn im Einzelfall

  • 1. in der Finanzierungsbetriebsstätte im Hinblick auf entstehende Vermögenswerte und Passivposten sowie auf die damit zusammenhängenden Chancen und Risiken Personalfunktionen ausgeübt werden, die eine Zuordnung der Vermögenswerte und der Passivposten zur Finanzierungsbetriebsstätte erfordern, und
  • 2. eine nicht in Absatz 2 genannte Verrechnungspreismethode zu einem Ergebnis für die Finanzierungsfunktion führt, das dem Fremdvergleichsgrundsatz besser entspricht.
 

Rz. 3359

[Autor/Stand] Öffnungsklausel. § 17 Abs. 7 BsGaV enthält eine Öffnungsklausel. Danach ist eine von § 17 Abs. 2 bis 6 BsGaV abweichende Zuordnung von Vermögenswerten und Passivposten vorzunehmen, wenn im Einzelfall die Zuordnung zur Finanzierungsbetriebsstätte aus funktionalen Gründen, insbesondere wegen der wirtschaftlichen Substanz der Personalfunktionen, die im Hinblick auf entstehende Vermögenswerte und Passivposten sowie auf die damit zusammenhängenden Chancen und Risiken ausgeübt werden, sachgerecht ist und die entsprechend anzuwendende Verrechnungspreismethode zu einem Ergebnis führt, das dem Fremdvergleichsgrundsatz besser entspricht.[2] Ein Anhaltspunkt dafür liegt dann vor, wenn anhand von Unterlagen glaubhaft gemacht wird, dass voneinander unabhängige Dritte in vergleichbarer Situation die betreffenden Vermögenswerte und Passivposten übertragen hätten.[3] Die Anwendung dieser Öffnungsklausel sollte insbesondere dann in Betracht kommen, wenn in der Finanzierungsbetriebsstätte wesentliche Funktionen der Treasury-Abteilung eines Unternehmens ausgeübt werden. Dies lässt sich anhand des folgenden Beispiels veranschaulichen:

 

Beispiel

Die Treasury-Abteilung der M-GmbH verwaltet an deren inländischem Sitz die Liquiditätsüberhänge sämtlicher ausländischer Vertriebs- und Produktionsbetriebsstätten. Die ausländischen Vertriebs- und Produktionsbetriebsstätten stellen der Treasury-Abteilung ihre Liquiditätsüberschüsse zur Verfügung, die diese in verschiedene Finanzprodukte, z.B. Zinsinstrumente (Anleihen und auf Zinsen gerichtete Derivate) und Aktieninstrumente (Aktien und auf Aktien gerichtete Derivate) investiert. Ferner steuert die Treasury-Abteilung das Risikomanagement dieser Portfolien und entscheidet selbständig, in welche Produkte im Rahmen der Risikosteuerung investiert wird.

 

Lösung

Die Handelsportfolien (und damit die liquiden Mittel) sind der Treasury-Abteilung der M-GmbH zuzuordnen, wenn nachgewiesen wird, dass sie die maßgeblichen Personalfunktionen im Hinblick auf die entstehenden Vermögenswerte und die mit dem Handel verbundenen Chancen und Risiken ohne Beteiligung der anderen Betriebsstätten trifft (§ 17 Abs. 7 BsGaV) und dass die Entscheidung, ihr die Liquiditätsüberschüsse zu überlassen, jeweils in den ausländischen Betriebsstätten getroffen wird. In diesem Fall gelten die liquiden Mittel fiktiv als von den ausländischen Betriebsstätten durch ein kurzfristiges Darlehen zur Verfügung gestellt (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a BsGaV, Anm. 3325). Infolgedessen sind zwischen dem inländischen Unternehmensteil der M-GmbH, wo die Treasury-Abteilung angesiedelt ist, und den ausländischen Betriebsstätten fiktive Zinsen zu berücksichtigen (§ 16 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BsGaV). Zu Beginn des Folgejahrs entfallen die kurzfristigen fiktiven Darlehen (§ 16 Abs. 3 Satz 3 BsGaV).

 

Rz. 3360– 3400

[Autor/Stand] frei

[Autor/Stand] Autor: Leonhardt/Tcherveniachki, Stand: 01.03.2018
[2] Vgl. BMF v. 22.12.2016 – IV B 5 - S 1341/12/10001-03 – DOK 2016/1066571 – VWG BsGa, BStBl. I 2017, 182, Tz. 2.17.6, Rz. 189, vgl. Anhang 2 Verwaltungsanweisungen S. V 447 ff.
[3] Vgl. BMF v. 22.12.2016 – IV B 5 - S 1341/12/10001-03 – DOK 2016/1066571 – VWG BsGa, BStBl. I 2017, 182, Tz. 2.17.7, Rz. 190, vgl. Anhang 2 Verwaltungsanweisungen S. V 447 ff.
[Autor/Stand] Autor: Leonhardt/Tcherveniachki, Stand: 01.03.2018

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