1. Fristbeginn
a) Allgemeines
"(2) Die Angaben nach Absatz 3 sind innerhalb von 30 Tagen nach Ablauf des Tages zu übermitteln, an dem das erste der nachfolgenden Ereignisse eintritt: ..."
Rz. 11
Drei fristauslösende Ereignisse. Die Mitteilung durch den Intermediär ist nach § 138f Abs. 2 AO fristgebunden. Sie beginnt nach Ablauf des Tages, an dem das erste von drei Ereignissen eingetreten ist. Dies soll eine Information der Finanzverwaltung zum frühestmöglichen Zeitpunkt sicherstellen. Diese fristauslösenden Momente sind in der praktischen Anwendung schwierig greifbar und z.T. auch schwierig voneinander abgrenzbar. Mangels spezialgesetzlicher Regelungen sind für die Fristberechnung die Bestimmungen des § 108 Abs. 1 AO i.V.m. §§ 187–193 BGB einschlägig.
Die Kürze der Frist unterstreicht die Notwendigkeit, den Fristbeginn jedenfalls sorgfältig zu beachten und ggf. auch bewusst zu steuern (s. Rz. 13, 32, 42). Bei einer Mitteilung einzelner Angaben durch den Nutzer gelten abweichende fristauslösende Ereignisse (s. Rz. 229).
Rz. 11.1
Fristauslösende Ereignisse auch für marktfähige Steuergestaltungen relevant. Auch für marktfähige Gestaltungen (s. § 138h AO Rz. 2 ff.) ist der (erstmaligen) Mitteilungspflicht vorausgesetzt, dass (wenigstens) eines der fristauslösenden Ereignisse des § 138f Abs. 2 AO vorliegt. Damit muss auch hier zwingend ein Bezug zu einem konkreten Nutzer gegeben sein. Denn § 138h AO sieht für die erstmalige Mitteilung einer marktfähigen Gestaltung keine eigene Mitteilungsfrist vor. Nach § 138h Abs. 2 AO sind allein "Änderungen und Ergänzungen" (und damit nicht die erstmalige Mitteilung) nach Maßgabe der dort geregelten Fristen mitzuteilen.
b) Bereitstellung zur Umsetzung
- „1. die grenzüberschreitende Steuergestaltung wird zur Umsetzung bereitgestellt, ...”
Rz. 12
Befähigung des Nutzers. Das erste fristauslösende Ereignis liegt nach § 138f Abs. 2 Nr. 1 AO vor, wenn eine Gestaltung dem Nutzer zur Umsetzung bereitgestellt wird. Der Wortlaut erinnert an eine der die Intermediärseigenschaft begründenden Tätigkeiten nach § 138d Abs. 1 AO ("... grenzüberschreitende Steuergestaltung ... zur Nutzung bereitstellt ...") und knüpft ferner an die Definition des Nutzers nach § 138d Abs. 5 Nr. 1 AO an ("...Person ... der die grenzüberschreitende Steuergestaltung zur Umsetzung bereitgestellt wird"). Hieraus wie auch aus der Gesetzesbegründung geht das der "Bereitstellung zur Umsetzung" zugrunde liegende Verständnis hervor, dass die grenzüberschreitende Steuergestaltung einem Nutzer durch einen Intermediär bereitstellt. Es sollte hier – entsprechend § 138d Abs. 1 AO – auf den Zeitpunkt der "Befähigung des Nutzers" ankommen; eine tatsächliche Umsetzung ist hingegen – so auch die zutreffende Auffassung des BMF – nicht erforderlich. Eine Bereitstellung zur Umsetzung kann bspw. vorliegen, wenn die "final abgestimmten" vertraglichen Unterlagen ausgehändigt bzw. zugänglich gemacht werden. Gleichwohl muss eine erkennbare Absicht des Nutzers bestehen, die ihm individuell dargelegte grenzüberschreitende Steuergestaltung umzusetzen. Hiervon soll nach Auffassung des BMF auszugehen sein, wenn die den Einzelfall betreffenden vertraglichen Unterlagen an den Nutzer überreicht bzw. ihm zur Verfügung gestellt werden. Es kommt darauf an, dass die alleinige Entscheidungsgewalt über die Verwendung der Steuergestaltung dem Nutzer obliegt. Bei § 138f Abs. 2 Nr. 1 AO sollte es sich in praktischer Hinsicht regelmäßig um den Grundfall der fristauslösenden Ereignisse handeln.
Beispiel 10
Die in Deutschland ansässige M-AG beauftragt den Steuerberater S mit der Konzeption einer Steuergestaltung (deren Mitteilungspflicht sei unterstellt). Der S übersendet alle zur Umsetzung der Steuergestaltung nötigen Unterlagen und Informationen an die Konzernsteuerabteilung der M-AG. Die M-AG hat gegenüber dem S im Vorfeld der Übersendung der final fertiggestellten Unterlagen dargelegt, dass sie die Steuergestaltung umsetzen werde. S hat die Unterlagen am Montag, den 5.10.2020 zur Post gegeben. S weiß nicht, wann der Postdienstleister die Unterlagen an die M-AG zustellt.
S hat die grenzüberschreitende Steuergestaltung erst mit dem Zugang der finalen Unterlagen bei der M-AG bereitgestellt. Für die Ermittlung des Bereitstellungsdatums kann sich S darauf berufen, dass der Postdienstleister die Unterlagen drei Tage nach Aufgabe zur Post zugestellt haben dürfte. Wenn er sich nicht auf ein späteres Bereitstellungsdatum berufen möchte, muss er das Datum des Posteingangs bei der M-AG nicht erfragen und auch keine substantiierten und begründeten Zweifel an der Dreitagevermutung darlegen und dokumentieren (z.B. durch Vorlage des bei der M-AG eingegangenen Briefumschlags mit dem Poststempel). Die grenzüberschreitende Steuergestaltung gilt somit als der M-AG am 8.10.2020 zur Umsetzung bereitgestellt.
Der Finanzverwaltung ist insoweit zuzustimmen, als es in vorstehendem Beispiel auf den Zugang der Unterlagen beim (poten...