Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
1. Außer-Ansatz-Lassen von Einkünften
Rz. 18
Rechtssystematische Stellung des § 9. § 9 knüpft an § 7 Abs. 1 an. Er setzt die Beteiligung von Steuerinländern bzw. von Personen i.S. von § 2 an der ausländischen Gesellschaft sowie das Erzielen von niedrig besteuerten Zwischeneinkünften aus passivem Erwerb durch eine ausländische Obergesellschaft voraus. Rechtsfolgemäßig schließt die Vorschrift Einkünfte aus passivem Erwerb von der Hinzurechnung aus. Die Anwendung von § 9 setzt demnach im konkreten Einzelfall voraus, dass die Tatbestandsmerkmale der §§ 7 und 8 geprüft und bejaht worden sind. Fehlt es zB an der erforderlichen Beteiligung zu mehr als der Hälfte von Personen i.S. von § 7 Abs. 2, so sind die Grundvoraussetzungen für eine Hinzurechnungsbesteuerung mit der Folge nicht gegeben, dass man zu der logisch nachrangigen Prüfung von § 9 gar nicht kommen kann. Entsprechendes gilt, wenn die Einkünfte aus passivem Erwerb hoch besteuert werden.
Rz. 19
Außer-Ansatz-Lassen. Als Rechtsfolge sieht § 9 das "Außer-Ansatz-Lassen" von Zwischeneinkünften bei der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages vor. Der Begriff "Außer-Ansatz-Lassen" wirft die rechtsmethodische Frage auf, wie die Rechtsfolge des § 9 zu qualifizieren ist. Man kann einmal an eine sachliche Steuerbefreiungsvorschrift denken. Für eine entsprechende Einordnung spricht der Vergleich mit § 9 KStG 1968, der ebenfalls von "Außer-Ansatz-Lassen" sprach und nach herrschender Meinung eine sachliche Steuerbefreiungsvorschrift war. Jedoch muss folgende Besonderheit des § 9 beachtet werden. Während sachliche Steuerbefreiungsvorschriften den Bezug von Einkünften als solchen unberührt lassen, führt das "Außer-Ansatz-Lassen" von Zwischeneinkünften i.S. von § 9 zu einem Wegfall des Hinzurechnungsbetrags. Diese Unterscheidung war vor allem während der Geltung des KStG 1977 von Bedeutung, weil steuerfreie Einkünfte im sog. (hier:) EK 01 anzusetzen waren. Wegen des Vergleiches mit § 13 aF war zusätzlich die Stellung des § 9 innerhalb des AStG von Bedeutung. Die Prüfung des § 9 setzt nämlich schon bei der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages an, während sich das "Außer-Ansatz-Lassen" i.S. von § 13 aF nach dessen Ermittlung (§ 10 Abs. 1) vollzog. § 13 aF führte mit anderen Worten zu einer sachlichen Steuerbefreiung eines zuvor bereits ermittelten Hinzurechnungsbetrages, während § 9 bei dessen Berechnung zu berücksichtigen ist. Die Rechtsfolge des § 9 greift deshalb vor dem fiktiven Einkunftsbezug beim Anteilseigner ein. Zwar erzielt die Zwischengesellschaft die Einkünfte. Bezogen auf den Steuerinländer bewirkt § 9 jedoch das Fehlen eines Hinzurechnungsbetrages und damit den Wegfall des Einkunftsbezuges. § 9 kann deshalb nicht als sachliche Steuerbefreiungsvorschrift behandelt werden. Vielmehr bewirkt dieVorschrift das Fehlen eines Hinzurechnungsbetrages. Damit wird das Erzielen entsprechender Einkünfte tatbestandsmäßig nicht mehr verwirklicht.
Rz. 20– 21
frei
2. Relative Freigrenze
Rz. 22
Ermittlung der relativen Freigrenze nach deutschem Steuerrecht. Dazu ist die Feststellung von Bedeutung (vgl. Anm. 19), dass die Rechtsfolge des § 9 vor der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages ansetzt. Dennoch müssen die für die Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages geltenden allgemeinen Grundsätze auch im Rahmen des § 9 Anwendung finden. Zu diesen Grundsätzen gehört, dass der Hinzurechnungsbetrag gem. § 10 Abs. 3 Satz 1 nach den Vorschriften des deutschen Steuerrechts zu ermitteln ist. Dies gilt auch für die Ermittlung der relativen Freigrenze nach § 9. Dies folgt aus der Überlegung, dass nur die Anwendung von Ermittlungsvorschriften des deutschen Steuerrechts eine dem Art. 3 GG entsprechende einheitliche Behandlung garantiert. Die Tatsache, dass § 9 "vor" § 10 Abs. 3 Satz 1 steht, ist demgegenüber ohne Bedeutung, weil es sich insoweit um eine technische Durchführungsbestimmung handelt, deren Stellung im Gesetz in das freie Ermessen des Gesetzgebers gestellt ist. Aus Gründen des Sachzusammenhanges wird man dabei die Anwendung deutschen Steuerrechts auch auf die Einkünfte aus aktivem Erwerb ausdehnen müssen, selbst wenn § 10 Abs. 3 Satz 1 insoweit keine Anwendung finden kann. Andernfalls würden die aktiven und passiven Bruttoerträge nicht gleich ermittelt, wovon jedoch § 9 erkennbar ausgeht.
Rz. 23
Ermittlung nach den Verhältnissen der Obergesellschaft. Die relative Freigrenze wird nur auf der Ebene der ausländischen Gesellschaft ermittelt. Der Ermittlung sind die Bruttoerträge der Obergesellschaft unabhängig davon zugrunde zu legen, welche Personen an der Obergesellschaft...