Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
1. Verweisung auf die teilweise EG-rechtswidrigen §§ 7–12
Rz. 27
§ 14 verweist auf die §§ 7–12. Soweit die §§ 7–12 EG-rechtswidrig sind, wird die EG-Rechtswidrigkeit auch auf § 14 übertragen. Potentiell EG-rechtswidrig ist insbesondere § 7 insoweit, als die Vorschrift die Hinzurechnungsbesteuerung nicht auf die die Zwischengesellschaft beherrschenden Gesellschafter beschränkt und sogar Gesellschafter besteuert, die nur mit 1 v.H. oder gar unter 1 v.H. an der Zwischengesellschaft beteiligt sind (§ 7 Abs. 6). Potentiell EG-rechtswidrig ist insbesondere § 8 Abs. 3. Eine Niedrigbesteuerung im Ausland ist Ausdruck der Souveränität des ausländischen Staates und des bestehenden Steuerwettbewerbs. Deutschland darf die bloße Niedrigbesteuerung im Ausland nicht zum Anlass nehmen, im Inland eine "Nachsteuer" zu erheben. Allenfalls hätte Deutschland die Hinzurechnungsbesteuerung an eine im Ausland gegenüber anderen dort ansässigen Unternehmen bestehende Vorzugsbesteuerung knüpfen können. § 8 Abs. 1 ist EG-rechtswidrig, weil die Vorschrift sich nicht an echten Missbrauchstatbeständen orientiert. Insbesondere hätte die Vorschrift die passiven Einkünfte abschließend definieren müssen. Es darf kein Missbrauch im Wege des Umkehrschlusses vermutet werden. Die sog. Mitwirkungstatbestände in § 8 Abs. 1 Nr. 4 und 5 verletzen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil eine Missbrauchsbekämpfung mit Hilfe des § 1 das adäquatere Mittel gewesen wäre. Der Leistungsaustausch mit Inländern darf in § 8 Abs. 1 Nr. 3, 4, 5 und 6 nicht zum Anlass einer Hinzurechnungsbesteuerung genommen werden. § 8 Abs. 1 Nr. 7 ist EG-rechtswidrig, weil die Vorschrift dem Inländer unerfüllbare Nachweispflichten aufbürdet. Außerdem verschließt die Vorschrift ausländischen Zwischengesellschaften den Zugang zum inländischen Kapitalmarkt. Schließlich darf Deutschland keine Schranken gegen die Aufnahme von Kapital im Ausland und seine Weitergabe ins Inland setzen. § 10 ist vor allem deshalb EG-rechtswidrig, weil die Vorschrift eine höhere Besteuerung vorsieht, als sie im Falle einer an sich erwünschten Ausschüttung von Beteiligungserträgen gem. § 8 b Abs. 1 KStG bzw. § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG anfallen würde. Außerdem zwingt die Vorschrift zur Gewinnermittlung nach deutschem Steuerrecht, was für den Stpfl. eine zusätzliche Belastung bedeutet. Die Vorschriften über die Gewinnermittlung nach deutschem Recht sind insbesondere für die Steuerinländer unverhältnismäßig, die nur geringfügig an der Zwischengesellschaft beteiligt sind und deshalb keinen Zugang zu der Buchführung der Zwischengesellschaft haben. EG-rechtswidrig ist ferner die Sieben-Jahresfrist in § 3 Nr. 41 EStG bzw. in § 11.
2. Umkehr der Beweislast
Rz. 28
Geht man als Ziel der Hinzurechnungsbesteuerung davon aus, dass die von der Zwischengesellschaft erzielten Zwischeneinkünfte so besteuert werden sollen, als wenn der Anteilseigner sie im Inland erzielt hätte, so dürfen für die steuerliche Erfassung der Zwischeneinkünfte im Inland "allenfalls" keine belastenderen Grundsätze gelten als die, die auch für den Bezug, den Nachweis und die Besteuerung sonstiger inländischer Einkünfte gelten. So gesehen ist es EG-rechtswidrig, wenn § 14 Abs. 1 mit einer Umkehr der Beweislast arbeitet und auch solche Einkünfte als zurechenbar behandelt, für die der Stpfl. den Nachweis ihrer Aktivität nicht erbringt bzw. nicht erbringen kann. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen der Nachweis objektiv nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten bzw. Schwierigkeiten geführt werden kann. Betroffen sind vor allem alle Steuerinländer, die schon wegen ihrer geringen Beteiligung an der ausländischen Obergesellschaft keine Möglichkeit haben, von der Untergesellschaft Auskunft über den Charakter der von ihr bezogenen Einkünfte zu erhalten. EG-rechtswidrig ist ferner die Zurechnung aller Einkünfte und nicht nur der sog. Zwischeneinkünfte. Auch insoweit ist die Beteiligung eines Steuerinländers an einer ausländischen Gesellschaft der Grund für eine von den allgemeinen Grundsätzen abweichende Schlechterstellung des Steuerinländers.
Rz. 29– 30
frei