Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
"... keinen ..."
1. Rechtsfolgenbestimmung dem Grunde nach ("hat keinen Anspruch")
Rz. 475
Überblick. Sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 50d Abs. 3 Satz 1 EStG erfüllt, so hat die Körperschaft keinen Anspruch auf Entlastung nach derjenigen Rechtsgrundlage, die von § 50d Abs. 3 EStG erfasst wird (vgl. Rz. 477, zu den erfassten Rechtsgrundlagen s. Rz. 137). Damit hindert § 50d Abs. 3 EStG das materiell-rechtliche Entstehen dieses Entlastungsanspruchs (vgl. Rz. 478). Auf andere Rechtsgrundlagen zur Entlastung kann sich der Steuerpflichtige aber weiterhin stützen (vgl. Rz. 149). Damit ist die Rechtsfolgenanordnung aber nur dem Grunde nach beschrieben (s. Rz. 476), denn die Rechtsfolge ist quantitativ-konditional mit dem Tatbestand verbunden, kann also der Höhe nach unterschiedlich ausfallen; das zeigt das Merkmal "soweit" (s. ausf. Rz. 479 ff.).
Rz. 476
Rechtsfolgenanordnung dem Grunde nach. Die Rechtsfolge wird ausgelöst, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des Satzes 1 vorliegen. Der Satzteil "hat [...] keinen Anspruch auf Entlastung" betrifft die Rechtsfolgenanordnung dem Grunde nach ("was" wird versagt). Jedenfalls keine eindeutige Aussage ist diesem Satzteil hingegen zur Rechtsfolge der Höhe nach ("wie" wird versagt) zu entnehmen; diese Aussage ist erst dem im Satzbau nachfolgenden "soweit" zu entnehmen (s. ausf. Rz. 479 ff.).
Rz. 477
Anknüpfung an bestehenden Entlastungsanspruch. § 50d Abs. 3 EStG knüpft an eine Ausgangssituation an, in der grundsätzlich ein materiell-rechtlicher Primäranspruch auf Entlastung besteht (s. ausf. Rz. 137 ff.). In der im Wortlaut vorweggenommenen impliziten Rechtsfolgenbestimmung ("hat [...] keinen Anspruch auf Entlastung"), ordnet § 50d Abs. 3 EStG an, dass dieser konkrete Anspruch nicht besteht. Daraus ergibt sich zugleich, dass sich § 50d Abs. 3 EStG darauf beschränkt, nur die (Quellen-)Steuervergünstigungen zu versagen, die sich aus den von § 50d Abs. 3 EStG erfassten Rechtsgrundlagen ergeben (vgl. zu den nicht erfassten Rechtsgrundlagen Rz. 160 ff.). Die Norm ist also (im Gegensatz zu etwa Art. 28 DBA-USA) nicht so konzipiert, dass sie bei Erfüllen ihrer Voraussetzungen sämtliche Vergünstigungen der Körperschaft im Quellenstaat Deutschland versagt. Sie versagt nur vereinzelt diejenigen Ansprüche, die sie ihrem Wortlaut nach ausdrücklich benennt oder für die sie über Verweisnormen für entsprechend anwendbar erklärt wird (s. Rz. 137). Das entspricht dem Zweck des § 50d Abs. 3 EStG, Fälle des missbräuchlichen Treaty- bzw. Directive-Shopping zu erfassen (vgl. Rz. 12 ff.). S. ausf. zur Anwendungsreichweite des § 50d Abs. 3 EStG Rz. 135 ff.
Rz. 478
Materiell-rechtshindernde Wirkung. § 50d Abs. 3 EStG hat seinem Wortlaut nach zur Folge, dass die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse "keinen Entlastungsanspruch hat". Damit betrifft § 50d Abs. 3 EStG nicht nur den Zugang zu einem bestimmten Entlastungsverfahren (insb. § 50c EStG). Aus dieser Rechtsfolgenbestimmung resultier vielmehr, dass der von § 50d Abs. 3 EStG adressierte Entlastungsanspruch bereits materiell-rechtlich nicht entsteht; § 50d Abs. 3 EStG hat damit rechtshindernde (d.h. die Entstehung eines Anspruchs hindernde) Wirkung (vgl. Rz. 138). Das entspricht auch dem in der Gesetzesbegründung zum AbzStEntModG artikulierten Willen des Gesetzgebers. Bei Entlastungsansprüchen auf der Grundlage eines DBA entfällt damit (im Wege eines Treaty Override, vgl. Rz. 66 ff.) insoweit der DBA-Schutz, Entlastungsansprüche auf der Grundlage des § 43b, § 44a Abs. 9 oder § 50g EStG entstehen nicht. Das kann unionsrechtlich problematisch sein, s. hierzu die Kommentierung Vor § 50d Abs. 3 EStG Rz. 1 ff.
2. Rechtsfolgenbestimmung der Höhe nach ("soweit")
a) Systematik und Berechnung
"..., soweit ..."
Rz. 479
Systematik: Rechtsfolgenbestimmung der Höhe nach. Die Konjunktion "soweit" bezieht sich auf den ihr vorgeschalteten Satzteil (= den bestehenden Entlastungsanspruch) und ist regelungstechnisch Teil der Rechtsfolgenanordnung des § 50d Abs. 3 EStG. Sie bezieht sich auch auf den nachfolgenden Satzteil (Nr. 1 und Nr. 2): Ein Entlastungsanspruch wird nämlich nur insoweit (d.h. der Höhe nach in dem Umfang) versagt, als die Missbrauchsindizien der Nr. 1 und Nr. 2 (= Tatbestandsmerkmale des § 50d Abs. 3 EStG) erfüllt sind, d.h. soweit ein Missbrauch hierdurch gesetzlich vermutet wird. Mit dem "soweit" bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass sowohl die Tatbestandsmerkmale des § 50d Abs. 3 Satz 1 EStG als auch dessen Rechtsfolge quantifiziert werden können und die Quantität der Rechtsfolgenbestimmung von der Quantität der Erfüllung der Tatbestandsmerkmale abhängt (= quantitativ-konditionale Verknüpfung). Die Rechtsfolge gilt daher nur in dem durch die Nr. 1 und Nr. 2 festgeleg...