Prof. Dr. Jochen Lüdicke, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
1. Allgemeiner Inhalt
a) Regelungsinhalt
Rz. 701
Verhältnis innerstaatliches Recht/DBA-Recht. Ausgehend vom Prinzip der Leistungsfähigkeit werden in Deutschland unbeschränkt Stpfl. grundsätzlich mit ihrem Welteinkommen besteuert. Dies bedeutet, dass Einkünfte unabhängig von ihrer Herkunft der deutschen Besteuerung unterliegen, soweit sie den Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG zuzuordnen sind. Folglich kommt es immer dann zu einer Doppelbesteuerung der Einkünfte, soweit der ausländische Staat sein Besteuerungsrecht ebenfalls geltend macht. Um eine, dem Steuersystem der Welteinkommensbesteuerung immanenten, nicht gerechtfertigte Überbesteuerung zu vermeiden, bedarf es entsprechender Regelungen zur Behebung bzw. Abmilderung der Doppelbesteuerung. Mit § 34 c EStG hat der deutsche Gesetzgeber solche Regelungen normiert. Der Abs. 6 des § 34 c EStG regelt dabei das Verhältnis des innerstaatlichen Rechts zu den DBA.
b) Rechtsentwicklung
Rz. 702
Steueränderungsgesetz 1980. Im Rahmen des Steueränderungsgesetz 1980 erfolgte eine umfangreiche Modifikation der Regelungen über die Anrechnung ausländischer Steuern. Im Rahmen dessen wurde die Regelung für DBA-Fälle (damaliger Abs. 2), welche bisher lediglich die Anrechnung nach Abs. 1 ausschloss, im neuen Abs. 6 aufgenommen und um weitere Regelungen, wie bspw. die alternative Abzugsmöglichkeit der ausländischen Steuer ergänzt (s. Anm. 748 ff.).
Rz. 703
StMBG. Im Zuge des Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz kam es zu einer Änderung des § 34 c Abs. 6 Satz 2 EStG, wobei der alternativ mögliche Abzug ausländischer Steuern neu geregelt wurde. Ein Steuerabzug bei der Ermittlung der inländischen Einkünfte ist aufgrund der Gesetzesänderung bei nur nach dem DBA als gezahlt geltenden Steuern (fiktive Quellensteuern) zukünftig nicht mehr möglich.
Rz. 704
StBereinG 1999. Mit dem Steuerbereinigungsgesetz 1999 wurde § 34 c Abs. 6 Satz 4 EStG – jetzt Satz 6 – neu eingefügt (s. auch Anm. 775). Diese Gesetzesänderung stellte die Reaktion des Gesetzgebers auf die Rspr. des BFH zu den sog. "Missbrauchsfällen" dar. Die Regelung soll eine Doppelanrechnung bei Bestehen eines DBA verhindern und den Abzug bei künstlichen Gestaltungen ausschließen.
Rz. 705
StVergAbG. Der Gesetzgeber hat mit dem Steuervergünstigungsabbaugesetz (StVergAbG) die Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags neu geregelt. Dabei wurden zum einen – als Reaktion auf die Rechtsprechung des BFH – die den ausländischen Einkünften zuordenbaren Aufwendungen weiter gefasst (neuer § 34 c Abs. 1 Satz 4 EStG) und zum anderen die aufgrund einer Steuerbefreiung im Ausland nicht doppelt besteuerten ausländischen Einkünfte bei der Berechnung ausgenommen (§ 34 c Abs. 1 Satz 3 EStG idF des StVergAbG). Aufgrund der Änderung des Abs. 1 wurde als Folgeänderung der Verweis in § 34 c Abs. 6 Satz 2 EStG erweitert und angepasst. Der in Abs. 6 neu eingefügte Satz 3 ergänzt den neu eingefügten Satz 3 des Abs. 1 (s. Anm. 763 ff.) um den Fall der Freistellung aufgrund DBA.
Rz. 706
JStG 2007. Früher sah § 34 c Abs. 6 Satz 4 EStG sowohl die Anrechnung (bzw. den Abzug) der ausländischen Steuer für den Fall der Nichtbeseitigung der Doppelbesteuerung nach den DBA (erste Alternative), als auch für den Fall der Nichterfassung der Steuer durch das DBA (zweite Alternative) vor. Mit dem JStG 2007 ist die erste Alternative des § 34 c Abs. 6 Satz 4 EStG ersatzlos entfallen. Diese diente nach dem Willen des Gesetzgebers als Auffangregelung für unvollständige DBA (ua. Italien und Österreich). Aufgrund der zwischenzeitlichen Revidierung der oben genannten DBA sah der Gesetzgeber keine Notwendigkeit mehr für die Regelung. Des Weiteren wurde § 34 c Abs. 6 Satz 5 EStG neu eingefügt. Diese Ergänzung wurde als Ausgleich für die Versagung der Freistellungsmethode durch die Neueinführung von § 50 d Abs. 9 EStG notwendig (s. Anm. 771 ff.).
Rz. 707
JStG 2009. Mit dem JStG 2009 kam es zu einer Einschränkung des § 34 c Abs. 6 Satz 2 EStG hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen, die der Abgeltungssteuer unterliegen. Diese sind fortan vom Anwendungsbereich des § 34 c EStG ausgenommen. Die Anrechnung bzw. der Abzug der ausländischen Steuer auf diese Einkünfte bestimmt sich zukünftig nach der Sonderregelung des § 32 d EStG.
Rz. 708
frei