Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer, Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
1. Allgemeines
Rz. 341
Systematische Einordnung. Der durch das AmtshilfeRLUmsG (vgl. Rz. 10) neu geschaffene Abs. 8 konkretisiert die Folgen der durch Abs. 1 angeordneten Einkünftezurechnung auf Ebene des Zurechnungsadressaten. Er ist selbst keine Zurechnungsnorm; die Zurechnung von Einkünften der ausländischen Stiftung zu den in Abs. 1 genannten Zurechnungsadressaten (Stifter sowie Bezugs- oder Anfallsberechtigte) wird vielmehr vorausgesetzt. Abs. 8 ist Teil eines in Abs. 1 angelegten "Zurechnungsscharniers": Auf dem einen Schenkel werden die der Zurechnung unterliegenden Stiftungseinkünfte bestimmt (Abs. 7, 9 und 10), während der zweite Schenkel die Behandlung der zugerechneten Einkünfte in der Einkommensermittlung des Zurechnungsadressaten betrifft (Abs. 8 sowie Abs. 5). Zu dem verbesserungsfähigen Gesetzesaufbau vgl. Rz. 33.
Rz. 342
Allgemeiner Norminhalt. Die Entscheidung des Gesetzes, die von einer Person erzielten Einkünfte einer anderen zuzurechnen, berührt zunächst ausschließlich die persönliche Zuordnung dieser Einkünfte, nicht aber deren jeweiligen Charakter als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus Vermietung und Verpachtung, aus Kapitalvermögen etc. Insoweit kann man von einer Zurechnung "tel quel" sprechen, wie sie bspw. auch § 5 und dem früheren § 14 zugrunde liegt. Das Gesetz schlägt vielfach aber auch einen anderen Weg ein und normiert die Zurechnung der Einkünfte in einer definierten Einkunftsart. Beispiele dafür sind § 10 Abs. 2 Satz 1, aber eben auch § 15 Abs. 8. Das Gesetz unterscheidet dabei allerdings zwischen Personen, die ihre Einkünfte nach dem KStG ermitteln (Satz 3, Rz. 386 ff.) und solchen, die das nicht tun (Sätze 1 und 2, Rz. 346 ff.). Gleichzeitig begrenzt es die Wirkung einer solchen Umqualifikation der zugerechneten Einkünfte: § 3 Nr. 40 EStG, § 32d EStG sowie § 8b KStG sind insoweit anzuwenden die von der Stiftung erzielten und nach Abs. 1 zugerechneten Einkünfte bei einem unmittelbaren Bezug
Rz. 343– 345
frei
2. Zurechnung bei Nichtkörperschaftsteuerpflichtigen (Satz 1)
„(8) 1 Die nach Absatz 1 dem Stifter oder der bezugs- oder anfallsberechtigten Person zuzurechnenden Einkünfte ...”
Rz. 346
Systematischer Bezug. Abs. 8 enthält keine eigenständige Anordnung über die Zurechnung von Stiftungseinkünften zu einer anderen Person. In personeller Hinsicht, also in Bezug auf die Person des Zurechnungsadressaten, erfolgt dies bereits durch Abs. 1 (vgl. Rz. 111 f.). Gleiches gilt in Bezug auf den Gegenstand der Zurechnung: Einkünfte (i.S.d. in § 2 Abs. 2 EStG bezeichneten Nettobetrags) und nicht etwa Einnahmen und Ausgaben oder gar Einkünfteerzielungssachverhalte werden zugrechnet (vgl. näher Rz. 112). Abs. 7 bestimmt den Umfang dieser zuzurechnenden Einkünfte (vgl. Rz. 301 ff.). Die Rechtsfolge des Abs. 8 Satz 1 determiniert lediglich die Art und Weise, wie die zuzurechnenden Einkünfte beim Zurechnungsadressaten in die Einkommensermittlung (§ 2 Abs. 2–5 EStG, ggf. i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) einzubeziehen sind.
Rz. 347
Zurechnung von Einkünften als Einzel- oder Gesamtsaldo. Von Bedeutung ist die Frage, ob dem Zurechnungsadressaten für jede von der Stiftung verwirklichten Einkunftsart ein Einzeleinkunftssaldo zugerechnet wird oder ein einziger Saldo aller Stiftungseinkünfte der Zurechnung unterliegt. § 15 Abs. 1, Abs. 7 Satz 1 und Abs. 8 Satz 1 deuten ihrem Wortsinn nach eher auf die erste Alternative hin. § 15 Abs. 7 Satz 3 spricht demgegenüber von einem "negativen Betrag", was auf eine Saldierung der Einkünfte auf Ebene der Stiftung hinweisen könnte. Andernfalls wäre nämlich in Abs. 7 Satz 3 der Begriff "negative Einkünfte" zu erwarten gewesen. Unter systematischen Gesichtspunkten könnte Abs. 8 Satz 3 entscheidend für eine Zurechnung von Einzelsalden je Einkunftsart sprechen, da andernfalls bei jenen körperschaftsteuerpflichtigen Zurechnungsadressaten, für die § 8 Abs. 2 KStG nicht gilt (insb. inländische Stiftungen), andernfalls offenbliebe, in welcher Einkunftsart ein Gesamtsaldo zuzurechnen wäre (vgl. dazu näher Rz. 386 ff.). Da dieses Problem aber durch analoge Anwendung von Abs. 8 Satz 1 gelöst werden kann (vgl. ausführlich Rz. 387) und die Stiftungseinkünfte seit dem ATAD-UmsG einheitlich als gewerbliche Einkünfte zu ermitteln sind (Abs. 7 Satz 2 Halbs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 3 Satz 2), spricht im Ergebnis mehr für die Zurechnung eines Gesamtsaldos.
Rz. 348
Keine Zurechnung von Vermögen. Abs. 8 enthält keine Regelung zur Zurechnung von Vermögen der Stiftung. Damit bestätigt der Gesetzgeber zumindest indirekt die in dieser Kommentierung vertretene Auffassung, dass die Vermögenszurechnung nach Abs. 1 (derzeit) keine Bedeutung hat (vgl. Rz. 101).
"... gehören bei Personen, die ihre Einkünfte nicht nach dem Körperschaftsteuergesetz ermitteln, ..."
Rz. 349
Normadressat. § 15 Abs. 8 Satz 1 richtet sich ausschließlich an Personen, die keine K...