Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
(6) [1] Vermögenswerte im Sinne dieser Verordnung sind Wirtschaftsgüter und Vorteile.
Rz. 2952
Definition. § 2 Abs. 6 Satz 1 BsGaV enthält eine sehr weitgehende Definition der Vermögenswerte. Demnach umfasst der Begriff "Vermögenswert" sowohl (materielle wie immaterielle) Wirtschaftsgüter, als auch "Vorteile". Nach der Verordnungsbegründung kommt es dabei weder auf "Definitionen der nationalen und internationalen Bilanzierungsstandards", noch darauf an, ob der Vermögenswert in der Hilfs- und Nebenrechnung zu erfassen ist. Dass in der betriebsstättenbezogenen Gewinnermittlung und -abgrenzung auch solche Wirtschaftsgüter Berücksichtigung finden, die aufgrund entgegenstehender Bilanzierungsvorschriften nicht bilanziert bzw. in der Hilfs- und Nebenrechnung ausgewiesen werden können, trägt zutreffend der Tatsache Rechnung, dass auch nicht bilanzierte Wirtschaftsgüter zwischen fremden Dritten Gegenstand schuldrechtlicher Vereinbarungen sein können. Hier sind insbesondere selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu nennen, die nach § 5 Abs. 2 EStG nicht bilanziert werden dürfen (Anm. 2989). Auch wenn diese weder in der der allgemeinen Buchführung des Unternehmens, noch in der Hilfs- und Nebenrechnung ausgewiesen werden können (Anm. 2982, 2989), können sie gleichwohl z.B. anderen Unternehmensteilen oder auch fremden Dritten zur Nutzung überlassen werden, was in erstem Fall als anzunehmende schuldrechtliche Beziehung i.S.d. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 einzuordnen ist und in letzterem Fall zu entsprechenden laufenden Betriebseinnahmen führt, die der jeweiligen Betriebsstätte zuzuordnen sind (Anm. 3111 ff.). Die von der Finanzverwaltung offensichtlich beabsichtigte Lösung vom deutsch-steuerlichen Wirtschaftsgutsbegriff ist zu kritisieren. Insbesondere ist fraglich, nach welchen Maßstäben die Identifizierung von Wirtschaftsgütern und Vorteilen erfolgen soll, wenn die vom deutschen Gesetzgeber und der Rspr. entwickelten Maßstäbe hinsichtlich des erforderlichen Konkretisierungsgrads keine Anwendung finden. Gleiches gilt auch hinsichtlich der Frage, ob und inwieweit die für Wirtschaftsgüter geltenden Bilanzierungs- und Bewertungsregelungen auch für Vermögenswerte Anwendung finden. Die Finanzverwaltung geht von deren Anwendbarkeit aus (Anm. 2982).
Rz. 2953
Wirtschaftsgüter. Der Begriff des Wirtschaftsguts ist gesetzlich nicht definiert. Nach ständiger Rspr. sind Wirtschaftsgüter Sachen (§ 90 BGB), Rechte und tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten und Vorteile, die einer selbständigen Bewertung zugänglich sind, einen wesentlichen mehrjährigen Nutzen für das Unternehmen erbringen und die der Stpfl. sich etwas kosten lässt. Eine selbständige Übertragbarkeit des Zustands/Vorteils usw. ist nicht erforderlich, wohl aber wirtschaftliche Verwertbarkeit (z.B. Übertragbarkeit mit dem Betrieb, Überlassung zur Ausübung usw.). Wirtschaftsgut i.S.d. § 2 Abs. 6 BsGaV kann nur ein solches Wirtschaftsgut sein, das dem Unternehmen nach den allgemeinen steuerlichen Regelungen nach § 39 AO zuzurechnen ist; erforderlich ist daher zumindest wirtschaftliches Eigentum i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO.
Rz. 2954
Vorteile. Neben dem Wirtschaftsgutbegriff umfasst die Definition des Vermögenswerts auch Vorteile, was allgemein solche Werte betrifft, die sich noch nicht zu einem Wirtschaftsgut konkretisiert haben. Die Definition der Verordnungsbegründung erschöpft sich hier in einer Tautologie, die Vorteile als solche "Vermögenswerte [definiert], die keine Wirtschaftsgüter und daher nicht bilanzierungsfähig sind." Beispielhaft werden von der Verordnungsbegründung und den VWG BsGa Know-how, das Gegenstand einer Geschäftsbeziehung i.S.d. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ist, und Finanzinstrumente i.S.d. § 254 HGB genannt, die keine Wirtschaftsgüter sind aber der Sicherung von Vermögenswerten dienen (Anm. 3172). Grundsätzlich erforderlich ist, dass der "Vorteil" Gegenstand einer anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehung i.S.d. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 sein kann.
Der in § 2 Abs. 6 Satz 1 BsGaV genannte Begriff der "Vorteile" korrespondiert mit den "sonstigen Vorteilen" des § 1 Abs. 3 Satz 9 (Anm. 1234). Dies eröffnet im Grundsatz die Möglichkeit, die Vorschriften zur Funktionsverlagerung i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. auch für Betriebsstättensachverhalte heranzuziehen, da anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen auch bei der Überführung von Vorteilen fingiert werden, die keine Wirtschaftsgüter darstellen (zum Verhältnis zur Funktionsverlagerungsbesteuerung allgemein s. Anm. 2818). Unter den Begriff der Vorteile i.S.d. § 2 Abs. 6 Satz 1 BsGaV sollten daher insbesondere singuläre Geschäftschancen zu fassen sein (Anm. 1234).
Unklar ist, welchen Konkretisierungszustand Vorteile i.S.d. § 2 Abs. 6 Satz 1 BsGaV aufweisen müssen. Letztlich muss auch im Hinblick auf Vorteile gefordert werden, dass diese zumindest von anderen Vorteilen/Wirtschaftsgütern abgrenzbar sind. N...