Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
(1) Nachrangiges Heranziehen anderer Personalfunktionen (Satz 1)
(2) [1] Abweichend von Absatz 1 ist ein Vermögenswert im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 nur dann einer anderen Betriebsstätte als derjenigen, in der der Vermögenswert im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 genutzt wird, zuzuordnen, wenn die Bedeutung einer in dieser anderen Betriebsstätte ausgeübten anderen Personalfunktion eindeutig gegenüber der Bedeutung der in Absatz 1 genannten Personalfunktion überwiegt.
Rz. 3077
Öffnungsklausel. § 7 Abs. 2 Satz 1 BsGaV enthält eine Öffnungsklausel, die dann die Zuordnung einer Beteiligung, Finanzanlage bzw. eines ähnlichen Vermögenswerts nach einer anderen Personalfunktion als der Nutzung vorsieht, wenn deren Bedeutung von eindeutig überwiegender Bedeutung für den betroffenen Vermögenswert ist (Personalfunktionenkonkurrenz, Anm. 2947). Dies ist vor allem dann der Fall, wenn kein funktionaler Zusammenhang zur Betriebsstätte festgestellt werden kann. Nach der Verordnungsbegründung setzt eine Zuordnung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 BsGaV voraus, dass die von § 7 Abs. 1 BsGaV abweichende Zuordnung zu einem "Ergebnis der Betriebsstätte [führt], das dem Fremdvergleichsgrundsatz in diesem Einzelfall auch aus Sicht des übrigen Unternehmens besser entspricht"als die Zuordnung nach § 7 Abs. 1 BsGaV. Dieser Hinweis stellt keine Hilfe für die konkrete Zuordnungsentscheidung bereit. Die Finanzverwaltung dürfte auch hinsichtlich der Beurteilung der Bedeutung anderer Personalfunktionen i.S.d. § 7 Abs. 2 BsGaV ausschließlich einen qualitativen Maßstab heranziehen (Anm. 2945), womit in vielen Fällen ein Beurteilungsspielraum des Unternehmens verbleiben dürfte (Anm. 3080). Grundsätzlich ist hierbei eine zusammenfassende Beurteilung von mehreren in einer Betriebsstätte ausgeübten Personalfunktionen möglich (Anm. 3078).
Die Abweichung von der Regelvermutung ist durch denjenigen nachzuweisen, der sich auf sie beruft, bzw. glaubhaft zu machen, sofern ein Nachweis nicht möglich ist (Anm. 2947).
Werden Personalfunktionen i.S.d. § 7 Abs. 2 BsGaV (z.B. Verwaltung) in einer anderen Betriebsstätte als derjenigen ausgeübt, zu der die Zuordnung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BsGaV erfolgt (Zuordnung nach der Regelvermutung), kann dies zu anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehung (fiktive Dienstleistung an die Zuordnungsbetriebsstätte, Anm. 3325) führen. Ob umgekehrt im Fall einer Zuordnung nach § 7 Abs. 2 BsGaV eine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung zu denjenigen Betriebsstätten zu fingieren ist, zu denen ein funktionaler Zusammenhang besteht (z.B. fiktive Wertpapierleihe o.Ä.) ist dagegen u.E. zweifelhaft und nur dann anzunehmen, wenn unabhängige Unternehmen eine entsprechende schuldrechtliche Vereinbarung getroffen hätten (Anm. 3325).
(2) Andere Personalfunktionen (Satz 2)
[2] Andere Personalfunktionen sind insbesondere solche, die im Zusammenhang mit der Anschaffung, Verwaltung, Risikosteuerung oder Veräußerung eines Vermögenswerts im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 stehen.
Rz. 3078
Regelbeispiele. § 7 Abs. 2 Satz 2 BsGaV nennt mehrere Regelbeispiele für andere Personalfunktionen i.S.d. § 7 Abs. 2 Satz 1 BsGaV, deren Bedeutung geeignet sein kann, die funktionale Nutzung i.S.d. § 7 Abs. 1 BsGaV zu übersteigen. Genannt werden die Anschaffung, die Verwaltung, die Risikosteuerung und die Veräußerung. Die Aufzählung ist nicht abschließend ("insbesondere"). Besondere Bedeutung kommt dabei der Anschaffung der Beteiligung bzw. Finanzanlage zu. Auf diese ist "im Regelfall" abzustellen, wenn sich ein funktionaler Zusammenhang zur Geschäftstätigkeit einer Betriebsstätte nicht oder nur schwer feststellen lässt. Nach Tz. 2.7.2 VWG BsGa kommt es hierbei insbesondere darauf an, aufgrund welcher Personalfunktionen die zur Anschaffung der Beteiligung bzw. der Finanzanlage benötigten Mittel zur Verfügung stehen. Die Verwaltung rechtfertigt für sich genommen eine Zuordnung nach § 7 Abs. 2 BsGaV i.d.R. nicht, kann aber zusammen mit anderen Personalfunktionen eine von der Regelvermutung abweichende Zuordnung auslösen. Diese Regelung wäre insb. in den Fällen von Bedeutung, in denen kein sachlicher Zusammenhang zwischen der Tätigkeit der Betriebsstätte einerseits und der Tochter-Kapitalgesellschaft andererseits besteht (z.B. Betriebsstätte produziert und vertreibt Haushaltsgeräte, während die Tochtergesellschaft im Bereich der Chemieindustrie tätig ist). Wenn die zur Anschaffung der Beteiligung benötigten liquiden Mittel durch die Produktions- und Vertriebstätigkeit der Betriebsstätte erwirtschaftet worden ...