Dr. Nils Häck, Dr. Julian Böhmer
(1) Übergeordnete Überlegungen
Rz. 197
Gestaltungsansatz. Den als "Flucht ins Betriebsvermögen" überschriebenen Ansätzen ist gemein, dass sie eine Anwendung des § 6 vermeiden wollen, indem sie das Tatbestandsmerkmal der "Anteile i.S.v. § 17 EStG" ausschließen und die im steuerrechtlichen Privatvermögen gehaltenen Anteile in eine Betriebsvermögensstruktur überführen. Der Formwechsel der Beteiligungsgesellschaft in eine GmbH & Co. KG wird aufgrund der damit einhergehenden Steuerfolgen häufig nicht in Betracht kommen (s. Rz. 199 ff.). In der Praxis v.a. größerer Familienunternehmen wird vielmehr versucht, die Kapitalgesellschaftsanteile über eine (ggf. entsprechend vorzustrukturierende) originär gewerblich tätige oder geschäftsleitende (Holding-)Personengesellschaft zu halten (s. Rz. 203 ff.). Die traditionelle Einlage der Kapitalgesellschaftsanteile in eine lediglich vermögensverwaltende, gewerblich geprägte GmbH & Co. KG vor dem Wegzug hat heute hingegen an Potential erheblich verloren (s. Rz. 211 ff.). Neuere Ansätze, wie etwa die Begründung einer atypisch stillen Beteiligung (s. Rz. 215 ff.) sind noch nicht ausreichend erprobt. Bei der Implementierung der u.g. Maßnahmen ist immer auch danach zu fragen, wie der Zuzugsstaat (oder ggf. ein Drittstaat) die gewählte Struktur beurteilt.
Rz. 198
Kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten. Die u.g. Maßnahmen stellen keinen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.v. § 42 AO dar, selbst wenn sie unmittelbar vor dem Wegzug umgesetzt werden und sich keine außersteuerlichen Gründe für die Maßnahme ergeben. Die Maßnahmen führen jeweils dazu, dass die bis zum Wegzug unter der deutschen Steuerhoheit entstandenen stillen Reserven künftig weiterhin dem deutschen Steuerzugriff unterfallen. Dies entspricht auch der Motivationslage der Wegziehenden: Es soll der scharfe und verfassungsrechtlich restriktiv einzusetzende Steuerzugriff über § 6 vermieden, aber zugleich das deutsche Besteuerungsrecht im gerechtfertigten Umfang gesichert werden.
(2) Umwandlung in GmbH & Co. KG
Rz. 199
Grundüberlegungen. Die Umwandlung der Beteiligungskapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft (i.d.R. aus Haftungsgründen eine GmbH & Co. KG) durch (i) übertragende Verschmelzung zur Neugründung oder Aufnahme (§§ 2 ff. UmwG) bzw. (ii) durch identitätswahrenden Formwechsel (§§ 190 ff. UmwG) führt zu einer Herausstrukturierung aus dem Anwendungsbereich des § 6, da im Anschluss keine Anteile i.S.v. § 17 EStG mehr vorhanden sind. Aus Sicht einer Wegzugsbesteuerung ist darauf zu achten, dass ein anschließender Wegzug des Mitunternehmers nicht zu einer Entstrickungsbesteuerung gem. § 4 Abs. 1 Satz 3, § 16 Abs. 3a EStG führt (hierzu Rz. 64 ff.). Diese kann etwa drohen, wenn die Mitunternehmerschaft nur gewerblich geprägt i.S.v. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG und vermögensverwaltend tätig ist bzw. zwar eine originär gewerbliche Tätigkeit besteht, einzelne Wirtschaftsgüter der Mitunternehmerschaft (bspw. Anteile an Tochterkapitalgesellschaften) aber abkommensrechtlich keiner inländischen Betriebsstätte zuzurechnen sind. Problematisch kann auch sein, wenn der bisherige Anteilsinhaber die Geschäfte der Mitunternehmerschaft nach dem Wegzug aus dem Ausland heraus führt und hierdurch ggf. Wirtschaftsgüter aus dem Inland in eine ausländische Geschäftsleitungsbetriebsstätte überführt werden. In diesen Fällen wird durch die Umwandlung ggf. nichts gewonnen.
Rz. 200
Steuerrechtliche Auswirkungen der Umwandlung. Die ertragsteuerrechtlichen Rechtsfolgen der Umwandlung richten sich für die Verschmelzung und den Formwechsel nach §§ 3 ff. UmwStG (i.V.m. § 9 UmwStG). Häufig kann die Umwandlung einer Kapital- in eine Personengesellschaft nicht gänzlich steuerneutral durchgeführt werden. Sind an der umzuwandelnden Kapitalgesellschaft auch ausländische Gesellschafter beteiligt, kann der Buchwertansatz gem. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UmwStG ausscheiden, wenn die umzuwandelnde Kapitalgesellschaft eine ausländische Betriebsstätte in einem Nicht-DBA-Staat oder in einem DBA-Staat unterhält, mit dem abkommensrechtlich die Anrechnungsmethode für Unternehmensgewinne vereinbart ist. Rechtsfolgenseitig gelten, da ertragsteuerrechtlich eine Besteuerungsebene entfällt, die "offenen Rücklagen" der übertragenden Kapitalgesellschaft als ausgeschüttet und sind – mit entsprechender Kapitalertragsteuerabzugspflicht der Gesellschaft (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG) – beim Anteilseigner (natürliche Person) als Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG aufgrund der Einlagefiktion (§ 5 Abs. 2 UmwStG) nach dem Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG) zu versteuern (§ 7 UmwStG). Zu einem Übernahmegewinn (§ 4 Abs. 4 UmwStG) kommt es regelmäßig nicht. Die Nutzung eines Übernahmev...