Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 1280
Allgemeine Grundsätze zur Bestimmung eines Kapitalisierungszinssatzes. Zur Ermittlung des Einigungsbereichs ist zu klären, mit welchem Zinssatz die aus dem Transferpaket zu erwartenden Gewinne zu diskontieren sind. Der Gesetzgeber hat diese Frage in § 1 Abs. 3b nicht geregelt. Eine Aussage dazu findet sich jedoch in § 4 FVerlV 2022 (bisher: § 5 Satz 1 FVerlV 2008), wonach zur Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzes vom Zins für eine risikolose Investition auszugehen ist, auf den ein vom Kapitalmarkt abgeleiteter risikoadäquater Zuschlag vorzunehmen ist. Damit richtet sich die Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes im Rahmen grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen letztlich nach den aus der Finanzwirtschaftslehre und der Unternehmensbewertung bekannten Methoden. Dort wird der Kapitalisierungszinssatz durch die erwartete Rendite der günstigsten alternativen Kapitalanlagemöglichkeit bestimmt. Insofern handelt es sich beim Kapitalisierungszinssatz um die Mindestverzinsung, die mit dem Transferpaket erzielt werden muss, um nicht schlechter zu stehen, als bei der günstigsten alternativen Kapitalanlage. Zur Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzes ist daher zu untersuchen, welche Rendite mit einer vergleichbaren Kapitalanlage am Markt erzielt werden könnte. Im Regelfall wird der Kapitalisierungszinssatz damit in einen Basiszinssatz und einen Risikozuschlag zerfallen. Seine Bestimmung richtet sich daher letztlich nach der international anerkannten Risikozuschlagsmethode. Für die Bewertung von Unternehmen sieht Rz. 117 des IDW S 1 vor, dass zur Ermittlung des Basiszinssatzes als Ausgangspunkt vereinfachend auf öffentliche Anleihen mit langen Restlaufzeiten zurückgegriffen werden kann. Für die dabei erforderliche Wiederanlage kann zur Orientierung die aktuelle Zinsstrukturkurve herangezogen werden. Der auf den risikolosen Basiszinssatz vorzunehmende Risikozuschlag kann nach Rz. 118 des IDW S 1 aus dem am Kapitalmarkt empirisch ermittelten Aktienrenditen mit Hilfe von Kapitalmarktpreisbildungsmodellen abgeleitet werden. Die Verwaltung führt in diesem Zusammenhang aus, dass sich der Risikozuschlag als Produkt aus Marktrisikoprämie und Betafaktor ergibt. Sofern von einer ewigen Rente auszugehen ist, sei im Kapitalisierungszinssatz ein Wachstumsabschlag zu berücksichtigen.
Rz. 1281
Ermittlung von Basiszinssatz und Risikozuschlag gem. FVerlV 2008. Im Hinblick auf die Bewertung eines Transferpakets bietet sich für die Bestimmung des risikolosen Basiszinssatzes ein Rückgriff auf die Zinssätze für öffentliche Anleihen im jeweiligen Land, im Inland auch auf die Zinsstrukturkurve der Deutschen Bundesbank an. Dabei ist auf die Laufzeitäquivalenz zu achten. Dies bedeutet, dass nur solche Anlagen heranzuziehen sind, deren Laufzeiten dem zuvor bestimmten Kapitalisierungszeitraum entsprechen. Bei einem unbegrenzten Kapitalisierungszeitraum ist auf eine möglichst langfristige Vergleichsinvestition abzustellen. Mit Blick auf den Risikozuschlag gibt § 5 Satz 3 FVerlV 2008 vor, dass dieser so zu bemessen ist, dass er sowohl für das übernehmende als auch für das verlagernde Unternehmen die in vergleichbaren Fällen jeweils "unternehmensübliche" Risikobeurteilung berücksichtigt. Die Finanzverwaltung hat in diesem Zusammenhang jedoch bereits in Vergangenheit vertreten, dass sich der Risikozuschlag vorrangig an den marktüblichen Renditen orientieren soll, die für die Ausübung vergleichbarer Funktionen erzielt werden können. Hierbei wird freilich verkannt, dass sich marktübliche Renditen für Funktionen nicht ermitteln lassen. Eine Renditeermittlung ist regelmäßig nur bei börsennotierten Unternehmen möglich. Funktionen werden an den Börsen aber nicht gehandelt, und börsennotierte Unternehmen, die nur eine einzige Funktion ausüben, dürften die Ausnahme sein. Sofern keine ausreichend vergleichbaren Renditeerwartungen ermittelt werden können, ist der Zuschlag für die betroffenen Unternehmen nach Verwaltungsauffassung aus den Gewinnerwartungen des Konzerns abzuleiten und der verlagerten Funktion ist im Wege einer Wertschöpfungsanalyse ein angemessener Anteil am zu erwartenden Gesamtgewinn zuzuordnen. Eine solche Gewinnzuordnung ermöglicht jedoch noch keine Risikoeinschätzung. Von daher wird i.d.R. nichts anderes übrig bleiben, als das Risiko für das Gesamtunternehmen zu schätzen und auf dieser Grundlage eine Risikoeinschätzung für die jeweilige Funktion vorzunehmen. Wurden die persönlichen Ertragsteuern der Anteilseigner in die Berechnung des Gewinns aus dem Transferpaket einbezogen, sind diese nach Verwaltungsauffassung bei der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes ebenfalls zu berücksichtigen.
Rz. 1282
Kapitalisierungszins nach FVerlV 2022. Nach § 4 Satz 1 FVerlV 2022 ist zur Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzes weiterhin vom Zins für eine risikolose Investition auszugehen, auf den ein risikoadäquater Zuschlag vorzunehmen i...