Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 154
Grenzen des Fremdvergleichs. Der Fremdvergleichsgrundsatz ist generell transaktionsbezogen anzuwenden. Wenngleich diesbezüglich ein breiter internationaler Konsens besteht, ist dieses Prinzip als Maßstab der internationalen Gewinnabgrenzung nicht unumstritten. Die dafür angeführten Gründe beziehen sich regelmäßig auf die nicht zu leugnenden Grenzen, die einer Gewinnabgrenzung nach dem Fremdvergleichsgrundsatz anhaften. Denn die strategische Ausrichtung international agierender Unternehmen wird von einer globalen, internationalen Unternehmenspolitik geprägt. Zentrales Motiv einer solchen globalen Unternehmensstrategie ist im Rahmen einer optimalen Koordination und Integration der in den unterschiedlichen Staaten ansässigen Unternehmenseinheiten (Betriebsstätten oder verbundene Unternehmen) die Realisierung von Synergieeffekten, die letztlich zu einem Wettbewerbsvorteil führen sollen. Es ist unmöglich, derartige Effekte als preisbildende Faktoren nach dem Fremdvergleichsgrundsatz auf den Verrechnungspreis einer einzelnen Geschäftsbeziehung zu übertragen. Ferner ist die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes darauf angewiesen, dass unternehmensinterne bzw. konzerninterne Liefer- und Leistungsbeziehungen identifiziert und bewertet werden können. Darüber hinaus muss auch "am Markt" eine entsprechende Vergleichstransaktion bestimmt werden. In der Verrechnungspreispraxis ist es indessen in Einzelfällen schwierig, eine entsprechende Transaktion zu isolieren und diese mit einem Fremdvergleichspreis zu bewerten. Dies gilt insbesondere für stark integrierte Unternehmen, bei denen einzelne Leistungsbeziehungen zwischen den Unternehmenseinheiten so eng miteinander verbunden sind oder zeitlich so dicht aufeinanderfolgen, dass eine isolierte Beurteilung der einzelnen Leistungsbeziehungen nicht möglich ist. Beispielsweise ist in diesem Zusammenhang auf das "Global Trading" und das "Global Development" zu verweisen. Darüber hinaus ergeben sich in der Praxis häufig in den folgenden Bereichen Schwierigkeiten:
- Abgrenzung des Gesellschafteraufwands von verrechnungspflichtigen Dienstleistungen;
- Abgrenzung der Nutzungsüberlassung von Konzern- und Dachmarken von der Überlassung der Firma;
- Abgrenzung der Übertragung bzw. Nutzungsüberlassung immaterieller Wirtschaftsgüter, wie z.B. Know-how oder einem Kundenstamm;
- Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums an immateriellen Wirtschaftsgütern verbunden mit der Frage, ob eine Übertragung, Nutzungsüberlassung oder Beistellung vorliegt;
- Abgrenzung der Personalentsendung von der Erbringung von Dienstleistungen;
- Abgrenzung der Funktionsverlagerung gegenüber der Übertragung/Nutzungsüberlassung einzelner immaterieller Wirtschaftsgüter;
- Abrechnungspflicht von Garantien, Bürgschaften und Patronaten.
Die Durchführung eines Fremdvergleichs hat ihren Ausgangspunkt in einem Vergleich der gruppeninternen Liefer- oder Leistungsbeziehung mit den Vereinbarungen voneinander unabhängiger Unternehmen unter vergleichbaren Bedingungen gesetzt sind. Diese Voraussetzung der Vergleichbarkeit der Verhältnisse macht die Durchführung eines Fremdvergleichs in praxi häufig schwierig:
- Die Anwendung der Preisvergleichsmethode scheitert oft daran, dass eine Vergleichbarkeit der Verhältnisse aufgrund der Unvollkommenheit der Märkte nicht nachgewiesen werden kann. Ein weiteres Anwendungsproblem besteht darin, dass konzernspezifische Lieferungen und Leistungen am Markt nicht erhältlich sind (z.B. Managementleistungen, Marken- und Know-how-Lizenzen, Funktionsverlagerungen und Finanzierungsleistungen).
- Die Anwendung der Wiederverkaufspreismethode ist auf Lieferungen an Vertriebsgesellschaften beschränkt. Die Verrechnungspreispraxis zeigt, dass ein externer oder interner Betriebsvergleich zur Ermittlung der angemessenen Handelsspanne häufig an fehlenden Vergleichsdaten scheitert.
- Auch bei der Kostenaufschlagsmethode ergeben sich Anwendungsprobleme. Hier stellt sich z.B. die Frage der Bestimmung der Kostenbasis (Kostenbegriff? Teil- oder Vollkosten? Zeitbezug der Kosten?) sowie des angemessenen Gewinnaufschlags. Vor allem Letzteres läuft wiederum auf die Frage der Vergleichbarkeit der Verhältnisse hinaus, wobei in der Praxis häufig Datenbankanalysen durchgeführt werden.
Vor dem Hintergrund dieser Schwierigkeiten kommt der BFH in seinem Grundsatzurteil zu Verrechnungspreisen v. 17.10.2001 zutreffend zum Ergebnis, dass es den "einen", richtigen Fremdvergleichspreis nicht gibt, sondern nur Bandbreiten von Preisen bestimmt werden können. Auch nach Auffassung der Finanzverwaltung ergibt sich bei der Ermittlung von Fremdvergleichspreisen "regelmäßig eine Reihe möglicher Werte".
Rz. 155
Globale Gewinnaufteilungsmethode als Alternative? Auf Grund der dargestellten Problembereiche des Fremdvergleichs wird in der Literatur immer wieder die Anwendung einer globalen Gewinnaufteilungsmethode unter Berücksichtigung pauschaler Schlüsselgrößen gefordert. Das Konzept der Auf...