Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 1193
Keine Funktionsverlagerung bei Personalentsendung. Eine Funktionsverlagerung liegt nicht vor, wenn (lediglich) Personal im Konzern entsandt wird. Während dies im früheren Recht noch ausdrücklich geregelt war (vgl. § 1 Abs. 7 Satz 2 Alt. 1 FVerlV 2008), ist die betreffende Regelung in der FVerlV 2022 nicht mehr enthalten. In diesem Zusammenhang heißt es in der Begründung zur FVerlV 2022, dass der bisherige § 1 Abs. 7 FVerlV 2008 entfallen konnte, da auch mit den verbleibenden Regelungen sichergestellt sei, dass es in derartigen Fällen nicht zur Verwirklichung einer Funktionsverlagerung kommt; insoweit hat sich im Vergleich zur vorherigen Rechtslage keine Änderung ergeben. Zwar ist in der FVerlV 2022 nun keine ausdrückliche Regelung zu Personalentsendungsfällen enthalten mehr enthalten, doch wird in den VWG VP 2023 darauf Bezug genommen. So heißt es, dass die Verwendung von Personal im Konzern als solche regelmäßig noch keine Funktionsverlagerung darstellt. Eine Funktionsverlagerung könne in Personalentsendungsfällen aber z.B. dann vorliegen, wenn das entsandte Personal seinen bisherigen Zuständigkeitsbereich aus dem entsendenden Unternehmen mitnimmt und im aufnehmenden Unternehmen die gleiche Tätigkeit ausübt. Dies führe i.d.R. zu einer Einschränkung der Geschäftstätigkeit des entsendenden Unternehmens. Ferner würden Wirtschaftsgüter und Vorteile übertragen oder zur Nutzung überlassen bzw. es würden Chancen und Risiken übergehen. In derartigen Fällen würden dann vorrangig die Regelungen zur Funktionsverlagerung gelten. Es handelt sich dabei um die Aussage, die sich bereits der Begründung zur FVerlV 2008 entnehmen lässt und um jene, die auch in den VWG-Funktionsverlagerung enthalten ist. Infolgedessen sind auch die Einlassungen in den VWG VP 2023 kritisch zu sehen; denn auch in Personalentsendungsfällen ist stets zu prüfen, ob eine Funktion i.S. eines organischen Teils des Unternehmens übergeht.
Rz. 1194
Reine Aufwandsverrechnung. Bei Personalentsendungen im Konzern sind – vorausgesetzt die Voraussetzungen der VWG-Arbeitnehmerentsendung sind erfüllt – lediglich die für den entsandten Arbeitnehmer angefallenen Kosten zu verrechnen. Liegen die Voraussetzungen der VWG-Arbeitnehmerentsendung hingegen nicht vor, weil die Arbeitnehmer in Erfüllung einer Dienstleistungsverpflichtung des entsendenden Unternehmens tätig werden, ist diese Dienstleistung fremdüblich, d.h. i.d.R. nach der Kostenaufschlagsmethode, zu verrechnen. Allerdings will die Finanzverwaltung eine Funktionsverlagerung in Personalentsendungsfällen dann annehmen, wenn das entsandte Personal seinen bisherigen Zuständigkeitsbereich aus dem entsendenden Unternehmen mitnimmt und nach der Entsendung im übernehmenden Unternehmen die gleiche Tätigkeit ausübt. Die Finanzverwaltung geht hier vom Vorliegen der Voraussetzungen der Funktionsverlagerung aus. Eine solche Ausnahme ist nicht sachgerecht und ohne Rechtsgrundlage. Vielmehr kann auch in Personalentsendungsfällen eine Funktionsverlagerung nur dann vorliegen, wenn es zu einem Übergang einer Funktion i.S. eines organischen Teils des Unternehmens kommt.
Rz. 1195
Regelung gem. § 1 Abs. 7 Satz 2 Alt. 1 FVerlV 2008. § 1 Abs. 7 Satz 2 Alt. 1 FVerlV 2008 regelte ausdrücklich, dass Personalentsendungen im Konzern keine Funktionsverlagerung darstellen. Bei der Regelung, die nicht in die FVerlV 2022 nicht übernommen wurde, handelte es sich um eine weitere Ausnahme bzw. Negativabgrenzung vom Tatbestand der Funktionsverlagerung. Nicht sachgerecht war allerdings die weitere Einschränkung der Vorschrift durch die Verwaltung ("Ausnahme von der Ausnahme"), wonach auch bei Personalentsendungen eine Funktionsverlagerung vorliegen kann, wenn das entsandte Personal seinen bisherigen Zuständigkeitsbereich aus dem entsendenden Unternehmen mitnimmt und nach der Entsendung im aufnehmenden Unternehmen die gleiche Tätigkeit ausübt und infolgedessen Wirtschaftsgüter und Vorteile übertragen oder zur Nutzung überlassen werden bzw. Chancen und Risiken übergehen. Diese Rückausnahme steht im Widerspruch zu § 1 Abs. 7 FVerlV 2008 und ist damit obsolet. Vielmehr ist auch in Personalentsendungsfällen zu prüfen, ob eine Funktion i.S. eines organischen Teils des Unternehmens übergeht. Dies ist bei üblichen Personalentsendungsfällen im Konzern regelmäßig nicht der Fall.