Dr. Nils Häck, Dr. Julian Böhmer
(1) Vorbemerkungen
Rz. 57.7
Allgemeines. § 6 findet auf einbringungsgeborene Anteile i.S.v. § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 keine unmittelbare Anwendung, sondern es kommt ausschließlich der Tatbestand des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1995 in "Wegzugsfällen" zur Anwendung (s. Rz. 59). § 21 UmwStG 1995 verdrängt als vorrangige Regelung § 17 EStG. Dies gilt nach hier vertretener Ansicht jedoch nicht für "neue" einbringungsgeborene Anteile i.S.v. § 20 Abs. 3 Satz 4 UmwStG (s. Rz. 53). § 21 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 1995 sieht selbst nur eine ratierliche, temporäre Stundung über fünf Jahre – vergleichbar § 6 Abs. 4 a.F. – vor. § 27 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 UmwStG a.F. ordnete bisher an, dass für die Entstrickungsfälle des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1995 "[...] eine Stundung der Steuer gemäß § 6 Abs. 5 des Außensteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 7.12.2006 (BGBl. I S. 2782) unter den dort genannten Voraussetzungen erfolgt, wenn die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist; § 6 Abs. 6 und 7 des Außensteuergesetzes ist entsprechend anzuwenden." Der Verweis war im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH (s. Rz. 164) notwendig geworden. Im Zuge der verspäteten Anpassung des § 27 Abs. 3 Nr. 3 UmwStG durch das JStG 2022 (dazu Rz. 53.1 und Rz. 57.4) an die Änderungen des § 6 durch das ATADUmsG, wurde die bisherige Regelung in § 27 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a UmwStG verschoben und dessen Anwendungsbereich auf vor dem 1.1.2022 verwirklichte Entstrickungen i.S.v. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1995 zeitlich beschränkt (zur Frage der verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung s. Rz. 57.4). Für Entstrickungen nach dem 31.12.2021 gilt nach Maßgabe des durch das JStG 2022 neu eingeführten § 27 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b UmwStG, dass „eine Stundung oder ein Entfallen der Steuer gemäß § 6 Absatz 3 und 4 [AStG n.F.] auf Antrag des Steuerpflichtigen erfolgt [...]; § 6 Absatz 5 [AStG] ist entsprechend anzuwenden”. Hierdurch wollte der Gesetzgeber die seit dem ATADUmsG in § 6 etablierte sog. One-Fits-All-Lösung betreffend die Stundung und den Entfall der Steuer nach § 6 Abs. 3 und 4 AStG in der ab 1.7.2021 geltenden Fassung bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen auf eine durch § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1995 ausgelöste Steuer erstrecken. Hierdurch wird erstmals für Inhaber von alt-einbringungsgeborenen Anteilen die Rückkehrregelung des § 6 Abs. 3 nutzbar gemacht, was längst überfällig war, dennoch positiv zu bewerten ist. Im Übrigen transportiert die Anpassung an § 6 i.d.F. des ATADUmsG die dortigen Verschärfungen nun auch in das Besteuerungsregime alt-einbringungsgeborener Anteile (zur rückwirkenden Anwendung s. Rz. 57.4).
Rz. 57.8
Rückwirkende Anwendung. Der Gesetzgeber hatte es versäumt, im Zuge der Änderung des § 6 durch das ATADUmsG auch § 27 Abs. 3 Nr. 3 UmwStG an das geänderte Wegzugsteuerregime anzupassen. Im Rahmen der erst durch das JStG 2022 erfolgten Änderung wurde eine rückwirkende Anwendung des § 27 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b UmwStG n.F. vorgesehen. Dies ist insoweit unproblematisch, als sie die Anwendung der Rückkehrregelung des § 6 Abs. 3 n.F. bewirkt, da der Steuerpflichtige hierdurch begünstigt wird. Hingegen muss eine Anwendung des § 6 Abs. 4 n.F. für Entstrickungen bis zum 16.9.2022 insoweit unterbleiben, als sie den Steuerpflichtigen gegenüber der bisherigen Rechtslage benachteiligen (s. ausf. Rz. 57.4). Bei einer Enstrickung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1995 bis zu diesem Zeitpunkt kann sich der Steuerpflichtige v.a. auf eine Stundung der Steuer nach § 6 Abs. 5 a.F. berufen (s. Rz. 57.4).
Rz. 57.9
Anwendung bei Anteilen im steuerrechtlichen Betriebsvermögen. § 27 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b) UmwStG gilt nach seinem Wortlaut und der Binnensystematik des Besteuerungsregimes der alt-einbringungsgeborenen Anteile auch, wenn sich diese in einem steuerlichen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen befinden. Die gegenteilige Auffassung in der Gesetzesbegründung zum JStG 2022 spiegelt sich im Wortlaut nicht wider (s. Rz. 56.3).
(2) Anwendung von § 6 Abs. 4 n.F. (Ratenzahlung)
Rz. 58
Ratenzahlung. § 27 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b UmwStG ermöglicht es dem Steuerpflichtigen, auf Antrag unter den weiteren Voraussetzungen des § 6 Abs. 4 Satz 1 bis 6 die durch eine Entstrickung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1995 ausgelöste Steuer in sieben gleichen Jahresraten zu entrichten. Aus verfassungsrechtlichen Gründen kann sich der Steuerpflichtige bei einer Entstrickung bis zum 16.9.2022 auf die (Weiter-)Anwendung des § 6 Abs. 5 a.F. (dauerhafte, zinslose Stundung ohne Sicherheitsleistung in EU-/EWR-Fällen) berufen (s. Rz. 57.4). Auch in Konstellationen, in denen bi...