Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 1318
Dokumentation. Funktionsverlagerungen können außergewöhnliche Geschäftsvorfälle darstellen und sind dann zeitnah zu dokumentieren (§ 90 Abs. 3 Satz 5 AO). Unter welchen Umständen Geschäftsvorfälle als außergewöhnlich anzusehen sind, wird in § 3 Abs. 2 GAufzV i.d.F. vom 12.7.2017 (BGBl. I 2017, 2367) beschrieben. Danach sind als außergewöhnliche Geschäftsvorfälle insbesondere anzusehen:
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1. der Abschluss und die Änderung langfristiger Verträge, die sich erheblich auf die Höhe der Einkünfte des Steuerpflichtigen aus seinen Geschäftsbeziehungen auswirken, |
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2. Vermögensübertragungen im Zuge von Umstrukturierungsmaßnahmen, |
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3. die Übertragung und die Überlassung von Vermögenswerten im Zusammenhang mit wesentlichen Funktions- und Risikoänderungen im Unternehmen, |
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4. Geschäftsvorfälle im Zusammenhang mit einer für die Verrechnungsbildung erheblichen Änderung der Geschäftsstrategie sowie |
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5. der Abschluss von Umlageverträgen. |
Funktionsverlagerungen sind ein typischer Anwendungsfall von § 3 Abs. 2 Nr. 3 GAufzV. Auslöser hierfür sind weniger gesellschafts- oder schuldrechtliche Veränderungen – die jedoch ebenfalls vorliegen können – als vielmehr organisatorische Veränderungen. Damit ein außergewöhnlicher Geschäftsvorfall vorliegt, müssen diese Funktions- und Risikoänderungen zudem wesentlich sein und sich im zeitlichen Zusammenhang mit der Übertragung oder Überlassung von Vermögenswerten vollziehen. Im Einzelfall ist es indessen auch denkbar, dass die Funktionsverlagerung (auch) einen anderen Tatbestand des § 3 Abs. 2 GAufzV erfüllt. Bei der Dokumentation der Funktionsverlagerung als außergewöhnlicher Geschäftsvorfall sind verlässliche Unterlagen zu erstellen, in denen der Sachverhalt nachvollziehbar dargelegt wird und die getroffenen Annahmen hinreichend begründet werden. Insbesondere dann, wenn Ausnahmeregelungen in Anspruch genommen werden, die eine Glaubhaftmachung bestimmter Umstände oder eine Nachweisführung vorsehen (§ 1 Abs. 3b Satz 2, § 1 Abs. 5 Satz 3 FVerlV 2022, § 5 FVerlV 2022, § 7 FVerlV 2022), ist darauf zu achten, dass die Dokumentation in diesem Zusammenhang hinreichend detailliert und substantiiert ist. Die GAufZ enthält eine nicht abschließende Aufzählung außergewöhnlicher Geschäftsvorfälle und verwendet bei den genannten Fällen auslegungsbedürftige unbestimmte Rechtsbegriffe. Auch wenn der Steuerpflichtige wegen Unschärfen und Unklarheiten bei der Auslegung von § 3 Abs. 2 GAufzV nicht gehalten ist, eine Vorratsdokumentation zu führen, kann es in Zweifelsfällen gleichwohl ratsam sein, den Vorgang vorsorglich zu dokumentieren, da die Abgrenzungen zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen nicht trennscharf ist. Bei Verstößen gegen die Pflicht zur zeitnahen Aufzeichnung bzw. gegen die Vorlagefrist drohen die Rechtsfolgen und Sanktionen aus § 162 Abs. 3, Abs. 4 AO. Unter Umständen kommt auch eine Steuergefährdung nach § 379 Abs. 1 Nr. 3 AO in Betracht.