Prof. Dr. Daniela Eisele-Wijnbergen
Zusammenfassung
Die Fluktuationsquote gibt Auskunft über Personalabgänge. Dabei geht es vorliegend um arbeitnehmerseitig initiierte Abgänge.
Durch die Analyse der Ursachen kann festgestellt werden, was im Unternehmen positiv und was als störend bewertet wird. Kenntnisse zur Höhe der Fluktuationskosten sensibilisieren im bewussten Umgang mit der Belegschaft.
Auf dieser Basis kann das Retention Management weiter verbessert werden. Ein aktives Retention Management zielt darauf, dass Mitarbeitende bleiben und sich im besten Fall emotional gebunden fühlen und loyal verhalten. Das stärkt nicht nur die Leistungsbereitschaft am eigenen Arbeitsplatz, sondern wirkt auf positives Verhalten zugunsten der Gesamtorganisation.
1 Fluktuation und ihre Formen
Unter Fluktuation werden alle Veränderungen in der Belegschaft bezeichnet, die zu einem Personalabgang führen.
Im vorliegenden Beitrag wird auf die Abgänge abgestellt, die auf Initiative des Arbeitnehmers zurückzuführen sind. Gründe für einen Abgang können darüber hinaus eine Kündigung durch den Arbeitgeber, das Angebot eines Auflösungsvertrags, alters- oder krankheitsbedingte Verrentung oder Tod des Arbeitnehmers sein.
Der freiwillige Weggang eines Mitarbeiters kann auch positiv im Betrieb gesehen werden, insbesondere wenn der Mitarbeiter seit längerem nicht mehr die gewünschten Ergebnisse erzielt hat, ein Low-Performer war, oder sich nicht in die Betriebsgemeinschaft einfügen konnte.
Außerdem ist ein konstanter Grad an Fluktuation von wenigen Prozent aus gesamtunternehmerischer Sicht durchaus wünschenswert. Es trägt dazu bei, die Belegschaft "in Bewegung" zu halten und erlaubt, dass neues Wissen, neue Ideen und Arbeitseinstellungen Eingang ins Unternehmen finden. Insbesondere Teams oder Abteilungen mit eingefahrenen Strukturen, einer homogenen Mannschaft oder einem hohen Durchschnittsalter profitieren von Fluktuation. Aus solchen Gründen kann es auch durchaus sinnvoll sein, "interne Fluktuation" durch Job Rotation, Laufbahngestaltung bis hin zu Versetzungen gezielt zu fördern.
2 Fluktuationsquote und -kosten
2.1 Ermittlung der Fluktuationsquote
Die Fluktuationsquote wird meist jährlich erhoben. Die Ermittlung der Prozentzahl kann unterschiedlich erfolgen. Am verbreitetsten ist die BDA-Formel, die Berechnungsweise des Bundesverbandes der Deutschen Arbeitgeberverbände:
Mitarbeiterseitig initiierte Personalabgänge × 100 |
Durchschnittlicher Personalbestand im Berichtszeitraum |
Der durchschnittliche Personalbestand ergibt sich aus der Addition des Personalstands zu Beginn des Berichtszeitraums und des Personalstands zum Ende des Berichtszeitraums, geteilt durch zwei.
Die Fluktuation kann dabei gegliedert werden nach Unternehmensbereichen, Mitarbeitergruppen oder Fluktuationsursachen. Es empfiehlt sich, die Fluktuationsquote mit dem Vorjahr, mit anderen Unternehmen und dem angestrebten Soll-Zustand zu vergleichen.
Auch wenn bei Befragungen von Arbeitnehmern oft eine hohe Bereitschaft für einen möglichen Wechsel des Arbeitgebers angegeben wird, fallen Fluktuationsquoten (wie im vorliegenden Sinne) in Deutschland in vielen Unternehmen nach wie vor relativ gering aus und liegen im Schnitt unter 10 Prozent; auch wenn sie in den letzten Jahren leicht steigen. Lediglich in einigen Branchen, z. B. Marketingagenturen oder Systemgastronomie, und Funktionen, z. B. Callcenter-Agents, fallen sie wesentlich höher aus.
Generell erfolgt ein größerer Anteil an arbeitnehmerseitigen Kündigungen bereits während der Probezeit und den ersten ein bis zwei Jahren. Danach nimmt die Fluktuation stark ab, um nach einem leichten Anstieg zwischen dem dritten und fünften Jahr stetig zu sinken. Diese (auf die Probezeit oder das erste Jahr bezogene) Frühfluktuation kann zum einen Optimierungspotenzial bei der Personalgewinnung und -auswahl indizieren. Zum anderen kann eine hohe Frühfluktuation darauf hinweisen, dass das Onboarding, also die Integration des Mitarbeiters zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses, nicht optimal begleitet wird.
2.2 Folgen der Fluktuation: Fluktuationskosten
Die Fluktuationsquote gering zu halten oder zu senken, das ist oftmals erklärtes Ziel von Unternehmen. Dies geschieht primär mit Blick auf hohe Fluktuationskosten. Darunter werden alle Kosten verstanden, die anfallen, weil Beschäftigte ungeplant aus dem Unternehmen ausscheiden. Zum einen sind die Stellen wieder zu besetzen. Selbst bei einer internen Besetzung (ein gutes Talent- und Nachfolgemanagement macht sich hier bezahlt), ist die Folgestelle wieder zu besetzen. Und auch Aufwände für interne Stellenbesetzungsprozesse sind nicht zu unterschätzen. In der Gewinnung sind folgende Kosten wesentlich:
- Kosten für die Erstellung der Stellenanzeige
- Kosten für die Stellenausschreibung auf der Homepage, in Jobbörsen etc.
- Honorar für Personalberatungen oder Kosten für Active Sourcing in Datenbanken und
- anteiliges Entgelt der beteiligten Akteure.
Im nächsten Schritt fallen Auswahl- und Einstellungskosten an, insbesondere:
- Kosten für das Unterlagenscreening
- Lizenzkosten für Testverfahren und andere Verfahrenskosten der Vorauswahl
- Kosten für interne und externe Verfahren der Auswahl, wie Interview...