FinMin Bayern, Erlaß v. 20.11.2002, 31/37 - S 1915 - 009 - 50 469/02
Durch Föhnsturm am 15. und 16.11.2002 sind in weiten Teilen Oberbayerns beträchtliche Schäden entstanden. Die Beseitigung dieser Schäden wird bei vielen Steuerpflichtigen zu erheblichen finanziellen Belastungen führen. Es erscheint daher angebracht, den Geschädigten durch steuerliche Maßnahmen zur Vermeidung unbilliger Härten entgegenzukommen und auf die steuerlichen Hilfsmaßnahmen durch Presseveröffentlichungen, Aushang im FA oder in anderer geeigneter Weise hinzuweisen.
1. Allgemeines
1.1 Stundungs- und Vollstreckungsmaßnahmen sowie Anpassung der Vorauszahlungen
1.1.1 Die nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich betroffenen Steuerpflichtigen können bis zum 31.3.2003 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Stundung der bis zu diesem Zeitpunkt fällig werdenden Steuern des Bundes und des Landes sowie Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer (Körperschaftsteuer) stellen. Diese Anträge sind nicht deshalb abzulehnen, weil die Steuerpflichtigen die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachweisen können. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen für Stundungen sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Auf die Erhebung von Stundungszinsen kann in der Regel verzichtet werden. § 222 Sätze 3 und 4 AO bleiben unberührt.
1.1.2 Anträge auf Stundung der nach dem 31.3.2003 fälligen Steuern sowie Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen sind besonders zu begründen.
1.1.3 Bei den unmittelbar und nicht unerheblichen Betroffenen ist bis zum 31.3.2003 von Vollstreckungsmaßnahmen bei allen rückständigen oder bis zu diesem Zeitpunkt fällig werdenden Steuern im Sinne der Nr. 1.1.1 abzusehen. Ab 16.11.2002 bis zum 31.3.2003 sind Säumniszuschläge für diese Steuern nicht zu erheben.
2. Sonderregelungen für die Forstwirtschaft
2.1 Verzicht auf ein amtlich anerkanntes Betriebsgutachten in bestimmten Fällen
Nach R 212 Abs. 2 EStR soll bei Betrieben mit weniger als 30 ha forstwirtschaftlich genutzter Fläche auf die Festsetzung eines Nutzungssatzes durch ein amtlich anerkanntes Betriebsgutachten verzichtet werden. In diesen Fällen ist bei Anwendung der Vorschrift des § 34b EStG ein Nutzungssatz von 4,5 fm ohne Rinde je ha zugrunde zu legen. Diese Vereinfachungsregelung wird für die Anwendung der ermäßigten Steuersätze nach § 34b EStG auf die durch die Unwetterkatastrophe eingetretenen Holznutzungen infolge höherer Gewalt auf Betriebe mit weniger als 75 ha forstwirtschaftlich genutzter Fläche ausgedehnt.
2.2 Anwendung der ermäßigten Steuersätze bei Veräußerung des Schadensholzes in späteren Wirtschaftsjahren
Bei Prüfung der Frage, welche Steuersätze auf die Einkünfte aus den Holznutzungen infolge höherer Gewalt anzuwenden sind (§ 34b Abs. 3 EStG), sind bei Ermittlung der Kalamitätsnutzungen des Wirtschaftsjahres 2002/2003 die gesamten Holznutzungen infolge der Unwetterkatastrophe ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Veräußerung (§ 4 Abs. 1 EStG) bzw. der Vereinnahmung des Veräußerungserlöses (§ 4 Abs. 3 EStG) des Schadensholzes als Holznutzungen des Wirtschaftsjahrs 2002/2003 zu behandeln.
Die so ermittelten Steuersätze sind auf die in den einzelnen Wirtschaftsjahren anfallenden Einkünfte aus diesen Holznutzungen anzuwenden. Soweit das Schadensholz bis zum Ablauf des Wirtschaftsjahrs 2002/2003 nicht veräußert bzw. der Veräußerungserlös nicht vereinnahmt worden ist, sind deshalb auf die in den danach folgenden Wirtschaftsjahren anfallenden Einkünfte aus diesen Holznutzungen die gleichen Steuersätze anzuwenden, die sich im Falle einer Veräußerung bzw. Vereinnahmung der Veräußerungserlöse im Wirtschaftsjahr 2002/2003 ergeben hätten.
Im Übrigen gelten die vom Bayerischen Staatsministerium der Finanzen zuletzt mit Schreiben vom 12.8.2002, 37 – S 1915 – 009 – 35 081/02 geregelten steuerlichen Maßnahmen zur Berücksichtigung von Unwetterschäden entsprechend.
Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen. Die bei den Finanzämtern vorstellig werdenden Steuerpflichtigen sind auf diese Maßnahmen hinzuweisen. Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen hat darüber eine entsprechende Pressemitteilung herausgegeben.
Normenkette
AO 1977 § 222
EStG § 4
EStG § 34b