Dipl.-Psych. Julia Scharnhorst
Das wichtigste Instrument, das Unternehmen zur Verfügung steht, um deren Fähigkeiten in bestimmten Bereichen zu entwickeln, ist das Seminar. Seminare können entweder intern oder extern, als offenes Angebot oder für bestimmte Zielgruppen angeboten werden. Je nachdem, wie wichtig das Thema Resilienz einer Firma ist, können die Seminare lang oder kurz sein, einmalig oder mit Folge- und Aufbauveranstaltungen.
Resilienz lässt sich nicht lehren. Sie beruht vielmehr auf der Entwicklung recht unterschiedlicher Fähigkeiten und Einstellungen. Daher sind eher Seminare geeignet, die Workshop- oder Trainingscharakter haben. Es muss viel Raum für das Reflektieren von Erfahrungen und eigenen Verhaltensweisen und für Diskussionen bleiben.
Neben den klassischen Fortbildungsangeboten gibt es aber noch andere Möglichkeiten, das Thema Resilienz im Unternehmen bekannt zu machen und zu fördern. Das lohnt sich besonders dann, wenn eine Firma – inklusive der Top-Führungskräfte – wirklich von der Wichtigkeit des Themas überzeugt ist und die Unternehmenskultur in diese Richtung bewegen möchte. Hier ergeben sich Schnittstellen zur Resilienz der Organisation ("organisationale Resilienz" im Gegensatz zur "individuellen Resilienz"). Um das Thema Resilienz dann wirklich im gesamten Unternehmen zu verankern, braucht es mehr Aufwand und vielfältigere Maßnahmen sowie die Nutzung verschiedener Informationskanäle.
6.1 Trainings für Mitarbeiter
6.1.1 Formen
Verhaltensweisen und Eigenschaften, die in ihrer Summe Resilienz ausmachen, können nicht theoretisch gelehrt oder gelernt werden. Sie müssen gelebt und erarbeitet werden. Daher eignet sich als Fortbildungsformat keine reine Theorievermittlung.
Geeignete Formate
Besser sind Formate, die das eigene Denken, das Hinterfragen eigener Denk- und Verhaltensweisen und den Austausch mit anderen ermöglichen. Statt einer Vorlesung eignen sich Fortbildungen mit Trainings- oder Workshop-Charakter.
Es gibt auch die Möglichkeit, Anregungen zur Entwicklung von Resilienz über schriftliches Material, z. B. Bücher, oder E-Learning-Angebote zu geben. So lange es lediglich um die Auseinandersetzung mit dem eigenen Verhalten in Krisen oder Stress-Situationen oder den eigenen Einstellungen zu schwierigen Lebensereignissen geht, ist das auch nützlich und ausreichend.
Falls aber ein wirklich kritisches Hinterfragen eigener Einstellungen, das Weiterentwickeln der Denkmuster und die Planung praktischer Handlungsweisen das Ziel der Maßnahme sind, ist immer noch die Gruppe die hilfreichste Form.
Resilienz ist keine Fähigkeit, die man sich schnell und in einem einmaligen Aufwand aneignen kann, wie z. B. das Fahrradfahren. Die Widerstandsfähigkeit gegenüber verschiedensten Krisen lässt sich im Leben fortwährend weiter entwickeln. Deswegen sind Seminarangebote in mehreren Teilen sehr sinnvoll. So haben die Teilnehmer die Möglichkeit, das neu Gelernte in der Praxis zu erproben und ihre Pläne umzusetzen, um sich dann wieder mit anderen Menschen über ihre Fortschritte auszutauschen.
Kleine und vertraute Gruppen
Da das Hauptthema in Resilienz-Trainings Krisen und schwierige Lebenssituationen sind, sollten die Gruppen möglichst klein gehalten werden und auch bei Folgeveranstaltungen möglichst die gleichen Teilnehmer umfassen. Die offene Auseinandersetzung mit schwierigen Situationen erfordert eine vertrauensvolle Atmosphäre, die am besten in einer begrenzten und vertrauten Gruppe entstehen kann.
6.1.2 Inhalte
Die in den Fortbildungsmaßnahmen vermittelten Inhalte hängen zum einen vom gewählten Resilienz-Modell und zum anderen von der Zielsetzung des Angebotes ab. Außerdem sollte geklärt werden, ob es lediglich um eine Einführung des Themas und eine Sensibilisierung gehen soll oder ob wirklich tiefgreifende Änderungen sowohl bei den Teilnehmern, als auch im Unternehmen gewünscht werden.
Zu den Inhalten eines Resilienz-Trainings auf der Grundstufe könnten z. B. folgende Themen zählen:
- Konzept der Resilienz und Resilienzfaktoren kennenlernen;
- Bewertungen hinterfragen – Krisen als Chancen sehen;
- eigene Stressbewältigungskompetenz stärken;
- eigene Kräfte und Energien erhalten und stärken;
- bestehende Netzwerke analysieren und deren Weiterentwicklung planen;
- Problemlösungstechniken kennenlernen und Lösungsorientierung als Einstellung und Handlungsmaxime fördern;
- Handlungsplan zur Förderung der eigenen Resilienz in der Zeit nach dem Training entwickeln.
Ein Training der Aufbaustufe könnte zu Themen übergehen, die eher ein kritisches Hinterfragen der eigenen Einstellungen und des Umgangs mit Krisen beinhalten. Dazu zählen z. B.:
- Entwicklung einer optimistischen Einstellung, Entwicklung von Selbstvertrauen, dass sich Krisen anpacken und schwierige Situationen meistern lassen;
- angemessene Einstellung gegenüber Krisen finden und handlungsfähig werden, indem die Opferrolle aufgegeben und angemessene Verantwortung für den eigenen Anteil und das eigene Handeln übernommen wird;
- Förderung der Lernbereitschaft und Neugier, um ein breites Repertoire an Verhaltensweisen aufbauen zu können, auf die im Kris...