Dipl.-Psych. Julia Scharnhorst
Sinnvollerweise wird die Förderung der Resilienz als krisen-präventives Projekt betrachtet. Wie beschrieben lässt sich vorab schon viel dafür tun, mögliche Störungen zu identifizieren und Gegenmaßnahmen zu planen. Viele Unternehmen tun das auch bereits unter dem Stichwort Risikomanagement.
Die Förderung der Resilienz ist kaum noch möglich, wenn bereits ein kritisches Ereignis eingetreten ist. Meistens muss dann auch sehr schnell gehandelt werden, sodass keine Zeit mehr bleibt, um neue Fähigkeiten zu entwickeln oder Ressourcen zu erschließen.
Die Möglichkeiten, für eine ausgeprägtere Resilienz zu sorgen, können unterschiedlich kostenintensiv ausfallen. Eine Möglichkeit, sich auf Krisen vorzubereiten könnte es sein, Reservesysteme anzulegen. Mit Reservekapazitäten von Räumlichkeiten, Personal, Waren, Zubehör oder finanziellen Mitteln könnten ggf. andere Ausfälle ersetzt werden. Der Aufbau solcher Not-Kapazitäten wird i. Allg. teuer. Es lohnt sich aber zu prüfen, ob Risiken gestreut werden können, indem wichtige Ressourcen auf mehrere Standorte verteilt werden.
Deutlich preisgünstiger – und auch i. S. von Resilienz als Fähigkeit zum Umgang mit Krisen – wäre der Aufbau einer Kultur der Flexibilität.
Zerstörte Büroräume
Die Büroräume eines Unternehmens wurden durch ein extremes Wetterereignis zerstört. Der Krisenstab identifizierte die Arbeitsprozesse, die für das Überleben des Unternehmens sehr wichtig waren und unbedingt weiterlaufen sollten. Dann wurde überlegt, wie, wann und durch wen diese Aufgaben erledigt werden konnten. So konnten z. B. einige Mitarbeiter von zu Hause aus an ihren Laptops arbeiten. Es wurde von den üblichen Arbeitsprozessen abgewichen, um eine Kompromisslösung zu finden. Dank der guten Beziehungen zu den Zulieferern konnten einige Arbeitsschritte direkt dort erledigt werden. Auch die Kunden wurden über den Notfall informiert und sie wurden direkt an der Krisenbewältigung beteiligt. Das führte letztendlich sogar zu einer engeren Kundenbindung, weil ein starkes Wir-Gefühl bei der Bewältigung der schwierigen Situation entstanden war.
Gerade weil eine starke organisationale Resilienz auf gemeinsamen Werten von Organisation und Belegschaft beruht, sollte Resilienz zu einem Top-Down-Prozess gemacht werden. Nur wenn die Unternehmensführung sich wirklich mit voller Überzeugung hinter das Projekt Resilienzentwicklung stellt, wird es sich im Unternehmen durchsetzen können und die Unterstützung der Belegschaft bekommen. Es muss auch deutlich werden, dass dieser Prozess ernst gemeint ist und keine kurzfristige Mode-Idee.
Das Vorbereiten auf Krisen mit entsprechenden Plänen kostet Zeit. Ebenso das Aufbauen einer Unternehmenskultur, die offen ist für Veränderungen und Innovationen. Daher sollte mit der Resilienzförderung so früh wie möglich begonnen werden.
Bei diesem Thema müssen zahlreiche Abteilungen zusammenarbeiten – dies wäre übrigens bereits eine praktische Übung in Resilienz. Gerade im Krisenfall müssen evtl. Abteilungsgrenzen und Zuständigkeiten überwunden werden. In einer Bestandsaufnahme sollte geprüft werden, welche Maßnahmen zur Krisenprävention und -bewältigung bereits bestehen und wo noch Handlungsbedarf besteht.
Mögliche Krisenherde
Denken Sie bei den möglichen Krisenherden auch – aber nicht nur – an technische Ausfälle, z. B. bei der IT oder der elektrischen Versorgung. Mindestens ebenso wichtig sind für die meisten Firmen die Beschäftigten. Überlegen Sie also auch, welche Ereignisse dazu führen könnten, dass die Leistungsfähigkeit oder -bereitschaft der Belegschaft stark sinkt. Das könnten z. B. zu hohe Stressbelastung oder auch eine Krankheitsepidemie sein.
Um wirklich die gesamte Belegschaft, inklusive der Führungskräfte, für das Thema zu sensibilisieren und zu begeistern, sollte eine Informationsstrategie entwickelt werden. Die interne Kommunikation über Resilienz und die Aktivitäten im Unternehmen dazu sollten über einen längeren Zeitraum geplant werden und über möglichst viele Informationskanäle laufen. So wird sichergestellt, dass die Widerstandsfähigkeit dauerhaft weiter entwickelt wird.