Leitsatz

Der Verzicht eines Unternehmers auf eine Kaufpreisforderung stellt grundsätzlich auch dann keine Vereinnahmung, sondern die Kürzung des Entgelts dar, wenn der Unternehmer nicht in seiner Eigenschaft als Lieferant, sondern als Gesellschafter seines Schuldners zu dessen Gunsten verzichtet hat.

 

Normenkette

UStG 1980 §§ 10 Abs. 1, 17 Abs. 1 , §§ 2, 7 Abs. 1 BerlinFG 1990

 

Sachverhalt

Der Kläger betreibt als Einzelunternehmer eine Fabrik. Zugleich ist er Kommanditist der T?KG mit Sitz in Berlin, einziger Gesellschafter der Komplementär-GmbH und deren Geschäftsführer. Die KG lieferte von ihr gefertigte Stoffe an den Kläger. Für diese Umsätze machte der Kläger in seiner Umsatzsteuererklärung gem. § 2 des Berlinförderungsgesetzes in der im Streitjahr maßgeblichen Fassung einen Kürzungsbetrag in Höhe von 4,2 % des Entgelts geltend. Das Finanzamt folgte zunächst im Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr den Angaben des Klägers.

Anlässlich einer Außenprüfung beim Kläger ergab sich, dass dieser im Rahmen der Abschlussarbeiten für die Bilanz zum 31. Dezember eine Einlage zulasten der Verbindlichkeiten gegenüber der KG – und dementsprechend bei der KG zulasten der Forderungen gegenüber seinem (des Klägers) Einzelunternehmen eine Entnahme – gebucht hatte. Das FA vertrat zunächst die Auffassung, der Forderungsverzicht der KG sei in dem Jahr zu berücksichtigen, für das die Bilanz ausgestellt worden sei, und minderte beim Kläger die Bemessungsgrundlage für den Kürzungsanspruch.

Im Verfahren gegen den Umsatzsteuerbescheid berichtigte das FA seinen Rechtsstandpunkt und berücksichtigte den Forderungsverzicht als Minderung der Bemessungsgrundlage erst für das Jahr, in dem die Bilanz aufgestellt worden ist.

 

Entscheidung

Ausgangspunkt für die Entscheidung des BFH ist der Kürzungsanspruch in Höhe von 4,2 % des geschuldeten Umsatzes nach den Grundsätzen des BerlinFG. Zur Ermittlung des Entgelts für die Höhe des Kürzungsanspruchs ist § 10 Abs. 1 UStG anzuwenden.

Der BFH bewertete die Buchungen des Klägers nicht als Tilgung der Kaufpreisforderung, sondern als Forderungsverzicht. Dieser Forderungsverzicht bewirke eine Minderung des Entgelts, so dass nach § 11 Abs. 2 BerlinFG die Kürzungsbeträge nach § 2 BerlinFG insoweit zurückzuzahlen seien, als diese auf die Entgeltsminderung entfielen. Der zurückzuzahlende Betrag sei der Steuer für den Voranmeldungszeitraum (Besteuerungszeitraum) hinzuzurechnen, in dem die Entgelte gemindert worden seien.

 

Hinweis

Ausfluss des Sollprinzips in der Umsatzsteuer ist die Besteuerung nach vereinbarten Entgelten und einer entsprechenden Berichtigung gem. § 17 UStG im Fall einer Mehr- oder Wenigerzahlung.

Entscheidend bleibt stets das tatsächlich geleistete Entgelt des Leistungsempfängers, nicht die Vereinbarung.

Der BFH bestätigt mit seiner Entscheidung im vorliegenden Fall seine Rechtsprechung aus dem Jahr 1968 (Urteil vom 21.3.1968 – V 85/65, BStBl II 1968, 466), wonach der Verzicht auf die Gegenleistung ungeachtet der Motivlage stets zu einer Berichtigung nach § 17 UStG führt. Es macht also keinen Unterschied, ob der Verzicht unternehmerisch oder privat veranlasst ist. Auch bei einer privaten, also außerunternehmerischen Veranlassung führt der Verzicht folglich nicht zu einer Forderungstilgung mit anschließender Schenkung an den Leistungsempfänger als Schuldner. Es bleibt auch insoweit bei einer Entgeltsminderung.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.9.2000, V R 37/98

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge