7.1 Den richtigen Schwerpunkt finden
Königsdisziplin
Phasenübergreifende Kennzahlen bilden die Königsdisziplin der F&E-Kennzahlen, doch auch diese zum Teil weit verbreiteten Kennzahlen sind in der Handhabung nicht immer ganz einfach. Meistens werden Input-, Output- und Outcomegrößen zueinander ins Verhältnis gesetzt, oft kommt mit dem Unternehmensumsatz zudem noch eine Größe ins Spiel, die zu großen Teilen gar nicht direkt mit dem aktuellen Innovationsprozess in Verbindung steht.
F&E-Produktivität
Das Verhältnis von Output zu Input bildet die F&E-Produktivität ab. Sie kann z. B. in der Anzahl der eingereichten Patente oder entwickelten Produkte pro F&E-Mitarbeiter ausgedrückt werden. Diese Zahlen sind allerdings meist recht klein und daher schwer zu handhaben. Daher wird häufig mit Kehrwerten gearbeitet, wenn z. B. die Kosten pro Patent oder die Kosten pro entwickeltes Produkt ermittelt werden.
Im weiteren Sinne in diese Kategorie fällt die Lebenszyklus-Kostenstruktur. Sie errechnet sich nach der Formel:
Lebenszyklus-Kostenstruktur = |
Entwicklungskosten |
Herstellkosten |
Was tun bei niedriger/hoher Kennzahl?
Diese gibt Aufschluss über die schwerpunktmäßig einzusetzenden Controllinginstrumente: Ist die Kennzahl hoch, sollte der Schwerpunkt auf dem Controlling der Entwicklungskosten liegen. Projektontrolling ist dann das Instrument der Wahl. Ist die Kennzahl niedrig, spielt das Controlling der späteren Herstellkosten schon während der Entwicklungsphase eine große Rolle, was den Einsatz des Target Costings nahelegt.
7.2 F&E-Quote
2 der wichtigsten F&E-Kennzahlen beziehen sich auf den Gesamtumsatz des Unternehmens in einer Periode: die F&E-Quote (auch F&E-Intensität genannt) und der Neuproduktanteil (auch Innovationsrate genannt).
Die F&E-Quote ist eine der am häufigsten eingesetzten F&E-Kennzahlen, doch auch diejenige, die mit der größten Vorsicht zu genießen ist, steht sie doch für eine Reihe möglicher Fehlsteuerungen. Zunächst einmal sagt die F&E-Quote aus, welcher Anteil des Umsatzes in die F&E fließt:
F&E-Quote = |
F&E-Kosten |
Umsatz |
Rein informativ ist dies eine interessante Kennzahl, denn Unternehmen stecken viele Ressourcen in die F&E (vgl. Abb. 4), wobei die F&E-Quote stark branchenabhängig ist.
Abb. 4: F&E-Quoten ausgewählter Branchen
"Gefahren" der F&E-Quote
Doch leider wird diese Kennzahl häufig zur Unternehmenssteuerung durch Zielvorgaben eingesetzt und hier wird es problematisch. Z. B. ist es weit verbreitet, F&E-Budgets nach dem Tragfähigkeitsprinzip zu verteilen (Top-down-Planung: Wie viel wollen wir uns leisten?), anstatt F&E-Budgets für strategisch notwendige Projekte zu genehmigen (Bottom-up-Planung: Wie viel benötigen wir, um unsere strategischen Ziele zu erreichen?).
Es gibt keine "richtige" F&E-Quote
Erschwerend kommt hinzu, dass es keine Möglichkeit gibt, die "richtige" F&E-Quote festzulegen. Die Unternehmensberatung Strategy& untersuchte in ihrer jährlich durchgeführten "Global Innovation Study" den Zusammenhang zwischen dem Unternehmenserfolg, gemessen als Umsatzwachstum, Gewinnsteigerung oder Wertsteigerung, und der F&E-Quote.
Wichtige Erkenntnisse zur F&E-Quote
Es stellte sich heraus, dass keinerlei ursächlicher Zusammenhang zwischen der F&E-Quote und dem aktuellen oder zukünftigen Unternehmenserfolg besteht. Booz & Company kamen in diesem Zusammenhang auf eine Reihe interessanter Erkenntnisse:
- "Money doesn't buy results": Es gibt keinerlei Korrelation zwischen F&E-Quote und wirtschaftlichen Erfolgskennzahlen wie Umsatzwachstum, Rendite oder Wertsteigerung.
- "Size matters": Große Unternehmen können mit geringeren F&E-Quoten zum Ziel kommen als kleine Unternehmen, da vergleichbaren F&E-Aktivitäten im Zähler höhere Umsätze im Nenner gegenüberstehen.
- "You can be too rich or too thin": Mehrausgaben führen nicht unbedingt zum Erfolg, Kürzungen können aber zu Misserfolg führen. Eine methodische Ableitung der optimalen F&E-Quote ist nicht möglich.
- "There isn't clarity on how much is enough": Die F&E-Quoten schwanken selbst innerhalb von Branchen, daher ist keine Ableitung des wirtschaftlichen Erfolgs möglich.
- "It's the process, not the pocketbook": Erfolg scheint eher von der Qualität der Innovationsprozesse abzuhängen als von der F&E-Quote.
- "Collaboration is key": Die Ergebnisse sind dort am schlechtesten, wo am meisten abteilungsübergreifende Kollaboration erforderlich ist.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die F&E-Quote gerade im Zeitverlauf einen gewissen Informationsgehalt hat, sich aber nicht zur strategischen Steuerung des F&E-Bereichs eignet.
7.3 Neuproduktanteil als Steuerungskennzahl
Auch zur strategischen Steuerung besser geeignet ist der in vielen Unternehmen eingesetzte Neuproduktanteil:
Neuproduktanteil = |
Umsatz durch Neuprodukte |
Gesamtumsatz |
An welcher Stelle hier die Grenze zwischen Neuprodukten und Altprodukten gezogen wird, ist branchen- und unternehmensspezifisch unterschiedlich und liegt meist bei 1 – 3 Jahren. Auch die Darstellung einer Umsatzverteilu...