2.1 Warum musste die Grundsteuer reformiert werden?
Das Bundesverfassungsgericht hat das derzeitige System der grundsteuerlichen Bewertung im Jahr 2018 für verfassungswidrig erklärt, da es gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandele und so gegen das im Grundgesetz verankerte Gebot der Gleichbehandlung verstoße. Es hat weiterhin entschieden, dass spätestens bis zum 31. Dezember 2019 eine gesetzliche Neuregelung getroffen werden musste. Die Grundsteuer kann jedoch in ihrer jetzigen Form übergangsweise bis zum 31. Dezember 2024 weiter erhoben werden. Ab dem 1. Januar 2025 wird dann die Grundsteuer auf Grundlage des neuen Rechts erhoben.
Die bisherige Berechnung der Grundsteuer basiert auf Jahrzehnte alten Grundstückswerten (den sogenannten Einheitswerten). Im Westen werden die Grundstücke nach ihrem Wert im Jahr 1964 berücksichtigt. In den ostdeutschen Ländern sind die zugrunde gelegten Werte sogar noch älter, sie beruhen auf Werten aus dem Jahr 1935. Diese Einheitswerte werden mit einem einheitlichen Faktor, der sogenannten Steuermesszahl, und anschließend mit dem sogenannten Hebesatz multipliziert. Während die Steuermesszahl nach altem Recht bundeseinheitlich festgelegt ist, wird der Hebesatz – und damit letztlich die Grundsteuerhöhe – von den Gemeinden bestimmt.
Da sich die Werte von Grundstücken und Gebäuden seit den Jahren 1935 und 1964 sowohl im Westen als auch im Osten sehr unterschiedlich entwickelt haben, kommt es aktuell zu steuerlichen Ungleichbehandlungen, die nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts mit dem Grundgesetz nicht mehr zu vereinbaren sind. Im Ergebnis hat sich die Einheitsbewertung von den tatsächlichen Werten der Immobilien entkoppelt. Das heißt, gegenwärtig können für vergleichbare Immobilien in benachbarter Lage erheblich unterschiedliche Grundsteuerzahlungen fällig werden.
2.2 Was hat sich durch die Reform geändert?
Mit der Reform werden die Vorgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 2018 im Grundsteuer- und Bewertungsgesetz sowie in weiteren damit zusammenhängenden Vorschriften umgesetzt und die Grundsteuer unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts fortentwickelt. Die Änderungen durch die Grundsteuerreform hat der Bundesgesetzgeber in einem aus drei Gesetzen bestehenden Gesetzespaket festgeschrieben:
Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts:
Dieses Gesetz enthält u. a. die neuen Bewertungsregeln für Zwecke der Grundsteuer auf Bundesebene. Es sieht vor, dass der gesamte Grundbesitz in Deutschland auf den Stichtag 1. Januar 2022 neu bewertet wird, d. h. mit den am 1. Januar 2022 bestehenden Verhältnissen. Hierfür mussten die Eigentümerinnen und Eigentümer eine Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts elektronisch an das Finanzamt übermitteln.
Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung:
Mit diesem Gesetz wird den Gemeinden das Recht eingeräumt, ab dem Jahr 2025 aus städtebaulichen Gründen auf unbebaute, baureife Grundstücke einen erhöhten Hebesatz festzulegen.
Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 72, 105 und 125b):
Hiermit wurde die Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Grundgesetz festgeschrieben. Gleichzeitig wurde den Ländern das Recht eingeräumt, bei der Grundsteuer eigene, vom Bundesgesetz abweichende landesrechtliche Regelungen einzuführen. Von dieser Möglichkeit haben fünf Länder Gebrauch gemacht (Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen). Das Saarland und Sachsen wenden grundsätzlich das Bundesmodell an, haben allerdings vom Bundesgesetz abweichende Steuermesszahlen eingeführt. Berlin hat eine vergleichbare landesgesetzliche Regelung angekündigt.
2.3 Handelt es sich um eine bundeseinheitliche Regelung?
Das Bundesministerium der Finanzen und nahezu alle Länder haben sich bereits früh auf das geschilderte Bundesmodell verständigt. Zugleich wurde Ländern, die sich diesem Modell nicht anschließen wollen, aufgrund einer entsprechenden Grundgesetzänderung die Möglichkeit gegeben, ein eigenes Grundsteuermodell oder punktuell vom Bundesmodell abweichende landesgesetzliche Regelungen einzuführen ("Öffnungsklausel"). Ohne diesen Kompromiss wäre das Gelingen der Reform gefährdet gewesen. Ein Wegfall der Grundsteuer als eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen hätte verheerende Konsequenzen für die Gemeinden bedeutet.
Demnach wird die Grundsteuer zukünftig auch weiterhin grundsätzlich für alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland nach einer bundeseinheitlichen Regelung erhoben, es sei denn, das jeweilige Land macht von der Öffnungsklausel Gebrauch.
Die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen haben von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht und die Bewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer landesgesetzlich geregelt. Das Saarland und Sachsen haben die Öffnungsklausel genutzt, um vom Bundesgesetz abweichende Steuermesszahlen einzuführen; Berlin hat eine vergleichbare landesgesetzliche Regelung angekündigt. Bei der Bewertung von Betrieben der Land- und Forstwirtschaft wenden alle Länder abgesehen von punktuellen Abweichungen einheitlich das Bundesmod...