Eine Zweitausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG ist anzunehmen, wenn ein Kind nach Erlangung eines ersten Berufsabschlusses während einer beruflichen Weiterbildung eine Erwerbstätigkeit aufnimmt, die im Vergleich zur Weiterbildung als "Hauptsache" anzusehen ist. Entsprechendes gilt, wenn ein Kind nach Abschluss einer kaufmännischen Ausbildung eine Ausbildung zum Fachwirt und anschließend ein Studium aufnimmt, welche jeweils eine vor Beginn des Ausbildungsganges absolvierte Zeit der Berufstätigkeit voraussetzen.
Eine kaufmännische Ausbildung (Ausbildung zur Bankkauffrau) und ein nachfolgendes Bachelor-Studium stellen nicht notwendig eine Ausbildungseinheit dar, weil sich erst nach einer Berufstätigkeit der zweite Ausbildungsabschnitt anschließen konnte. Die Aufnahme des Bachelorstudiengangs setzte im entschiedenen Fall eine dreijährige Berufstätigkeit als Ersatz für die fehlende Fachhochschulreife voraus. Dies führte zu einem Einschnitt (Zäsur), der den notwendigen engen Zusammenhang zum ersten Ausbildungsabschnitt (Ausbildung zur Bankkauffrau) entfallen lässt. Beachten Sie: Daran änderte auch der Umstand nichts, dass die Tochter im Streitfall erst durch die Ausbildung zur Bankkauffrau und die anschließende Berufstätigkeit die Zugangsvoraussetzungen für den Bachelorstudiengang erfüllen konnte. Auch das vorgeschaltete Akademiestudium bildete keine Ausbildungseinheit mit der Ausbildung zur Bankkauffrau. Dabei konnte dahinstehen, ob das Akademiestudium eine Berufsausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG darstellt. Es konnte schon deshalb nicht mehr der Erstausbildung zur Bankkauffrau, sondern allenfalls dem Bachelorstudiengang und damit der weiteren (Zweit-)Ausbildung zugerechnet werden, weil durch das Akademiestudium selbst kein weiterer (Berufs-)Abschluss erreicht werden konnte.
Hat ein Kind
- eine Ausbildung zum Sozialversicherungsangestellten erfolgreich abgeschlossen und
- wird es zum weiteren Ausbildungsabschnitt AOK-Betriebswirt erst zugelassen, wenn es mindestens ein Jahr in dem Beruf gearbeitet und weitere Leistungsnachweise erbracht hat,
bewirkt die zwischen den Ausbildungsabschnitten durchgeführte Berufstätigkeit eine Zäsur, die den zeitlichen Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten ausschließt. Die Ausbildungsabschnitte lassen sich daher nicht mehr zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammenfassen.