Rz. 10
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die GewSt stützt sich auf Art. 105 Abs. 2 GG. Danach kann der Bund im Rahmen seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz in Bezug auf Steuern (außer Zöllen und Finanzmonopolen) Gesetze erlassen, wenn ihm die Ertragskompetenz (ganz oder teilweise) zusteht oder gem. Art. 72 Abs. 2 GG ein Bundesgesetz zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse erforderlich ist oder die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse dies erfordert. Da dem Bund keine Ertragskompetenz bezüglich der GewSt zusteht (vgl. Rz. 11), darf eine bundesgesetzliche Regelung nur insoweit erfolgen, als die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen. Gem. Art. 72 Abs. 2 GG ist eine bundeseinheitliche Regelung zur Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse oder zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit in der Bundesrepublik möglich. Eine Bundesregelung im Bereich der GewSt zur Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse scheidet aus, da die GewSt keine Unterschiede in den Lebensverhältnissen in der Bundesrepublik in dem erforderlichen Ausmaß verursacht.
Allerdings sind einheitliche Regelungen für die GewSt zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit in Deutschland erforderlich. Insofern gelten die gleichen Grundsätze wie bei anderen Ertragsteuern. Ohne eine bundeseinheitliche Regelung würde es zu einer wirtschaftlich nicht mehr vertretbaren steuerlichen Zersplitterung des Wirtschaftsraums Bundesrepublik Deutschland kommen. Dies lässt sich schon aus den erheblichen Unterschieden bei der Höhe des Hebesatzes ablesen, den die Gemeinden nach freiem Ermessen bestimmen konnten. Eine einheitliche Regelung zumindest der Bemessungsgrundlage der GewSt schafft dagegen gleiche Möglichkeiten für eine wirtschaftliche Betätigung im Bundesgebiet.
Die Einführung eines Mindesthebesatzes ist nicht verfassungswidrig. Sie kann mit der Einheitlichkeit des Wirtschaftsraums gerechtfertigt werden. Mit einem Mindesthebesatz werde die Gefahr gemindert, dass Unternehmen aus rein steuerlich motivierten Gründen (Vermeidung der Gewerbesteuer) in andere Gemeinden ziehen und damit "wirtschaftlich unsinnige" Wanderbewegungen vollziehen. Die Gemeinden werden dadurch zwar in ihrem Recht auf Selbstverwaltung eingeschränkt. Anders als bei einem bundeseinheitlichen Hebesatz ist es den Gemeinden aber weiterhin möglich, über die Höhe der Hebesätze Wirtschaftspolitik zu betreiben. Ein solcher Gestaltungsspielraum besteht zumindest dann, wenn der Mindesthebesatz bei 200 % liegt und damit weit unter dem durchschnittlichen Hebesatz, der im Urteilszeitpunkt bei 390 % lag. Es ist nicht erforderlich, dass das Recht der Gemeinden, Gewerbesteuer zu erheben, uneingeschränkt bleibt. Insofern sind Mindesthebesätze ein angemessener Ausgleich zwischen einerseits dem Recht auf Selbstverwaltung der Gemeinden und andererseits der Wahrung der Wirtschaftseinheit in Deutschland.
Rz. 11
Die Ertragskompetenz steht gem. Art. 106 Abs. 6 S. 1 GG den Gemeinden zu. Dies gilt nach dem Wortlaut des GG ausdrücklich trotz der Tatsache, dass der Bund und die Länder über eine Umlage an dem Aufkommen beteiligt werden. Durch eine solche Umlage erhalten der Bund und die Länder nur einen Anspruch gegen die Gemeinde. Die Ertragskompetenz wird dadurch aber nicht verändert. Diese Umlage kann in einem Bundesgesetz geregelt werden. Dabei handelt es sich um ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrats unterliegt.
Bestehen wie in Hamburg und Berlin in einem Bundesland keine Gemeinden, steht der Ertrag der GewSt dem Land zu.
Rz. 12
Die Verwaltungskompetenz für die GewSt liegt bei den Ländern. In der Praxis ist die Verwaltung aber in vielen Fällen durch Landesgesetz auf die Gemeinden übertragen worden. Eine solche Möglichkeit sieht Art. 108 Abs. 4 S. 2 GG für den Fall vor, dass den Gemeinden die alleinige Ertragskompetenz zusteht. Dies ist trotz Beteiligung des Bundes und der Länder an den Einnahmen aus der GewSt im Wege der Umlage der Fall (vgl. zur Frage, ob den Ländern oder den Gemeinden die Verwaltungskompetenz zusteht Rz. 31ff.).