Prof. Dr. Georg Schnitter
Rz. 38
Der maßgebende Gewerbeertrag im Abzugsjahr wird im Rahmen von § 10a S. 1 und 2 GewStG um noch nicht berücksichtigte Fehlbeträge vorangegangener Erhebungszeiträume gekürzt. Der Verlustvortrag erfolgt von Amts wegen. Ein Wahlrecht zur Verlustnutzung besteht nicht. Auch ein Antrag ist nicht erforderlich. Der Verlustrücktrag ist ausgeschlossen.
Rz. 38a
Nimmt die Finanzverwaltung bei der Auswertung eines Außenprüfungsberichts statt des ermittelten Gewinns einen um den Verlustrücktrag aus dem Folgejahr geminderten Gewinn als Basiswert für den nach § 7 GewStG zu ermittelnden Gewerbeertrag an, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der handelnde Finanzbeamte diese Abweichung in der Überzeugung vorgenommen hat, dass auch im Rahmen der GewSt ein Verlustrücktrag anzusetzen ist. Eine zur Berichtigung führende offenbare Unrichtigkeit nach § 129 AO liegt in diesen Fällen nicht vor.
Rz. 39
Grundsätzlich wird der Fehlbetrag im Abzugsjahr in tatsächlicher Höhe berücksichtigt. Zu beachten sind aber die Beschränkungen aufgrund der Mindestbesteuerung nach § 10a S. 1 und 2 GewStG. § 10a S. 1 GewStG sieht eine unbeschränkte Verlustverrechnung im Abzugsjahr bis zu einem Gewerbeertrag von 1 Mio. EUR vor. Bei Gewerbeerträgen von mehr als 1 Mio. EUR erfolgt die Verlustverrechnung bis zu einem Betrag von 1 Mio. EUR unbeschränkt. Der über den Betrag von 1 Mio. EUR hinausgehende Gewerbeertrag kann nur noch zu 60 % mit noch nicht berücksichtigten Fehlbeträgen verrechnet werden. Der verbleibende Betrag von 40 % unterliegt der Besteuerung. Die Mindestbesteuerung führt also dazu, dass der Teil des Gewerbeertrags, der 1 Mio. EUR übersteigt, zu 40 % der Besteuerung unterliegt. Der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 S. 3 GewStG ist nur insoweit zu berücksichtigen, als im Abzugsjahr nach dem Verlustabzug noch ein positiver Gewerbeertrag verbleibt. Fehlbeträge, die nach den Grundsätzen der Mindestbesteuerung nicht verrechnet werden können, sind vorzutragen.
Zum Ende des Erhebungszeitraums 01 wird für die A-GmbH ein vortragsfähiger Gewerbeverlust von 10 Mio. EUR festgestellt. Der Gewerbeertrag der A-GmbH beträgt im Erhebungszeitraum 02 8 Mio. EUR und im Erhebungszeitraum 03 4 Mio. EUR.
Im Erhebungszeitraum 02 können abgezogen werden der Sockelbetrag von 1 Mio. EUR und 60 % des übersteigenden Betrags, also 60 % von 7 Mio. EUR = 4,2 Mio. EUR. Der restliche Gewerbeertrag i. H. v. 2,8 Mio. EUR ist im Erhebungszeitraum 02 zu versteuern. Der verbleibende Verlustvortrag von 4,8 Mio. EUR (10 Mio. EUR – 5,2 Mio. EUR) wird festgestellt.
Im Erhebungszeitraum 03 können abgezogen werden der Sockelbetrag von 1 Mio. EUR und 60 % des übersteigenden Betrags, also 60 % von 3 Mio. EUR = 1,8 Mio. EUR. Der Gewerbeertrag i. H. v. 1,2 Mio. EUR ist im Erhebungszeitraum 03 zu versteuern. Der verbleibende Verlustvortag von 2 Mio. EUR (4,8 Mio. EUR – 2,8 Mio. EUR) wird festgestellt.
Rz. 39a
Auch im mehrjährigen Besteuerungszeitraum der Abwicklung einer Kapitalgesellschaft nach § 11 Abs. 1 KStG ist der Sockelbetrag der Mindestbesteuerung von 1 Mio. EUR nur einmal und nicht mehrfach – für jedes Kalenderjahr des verlängerten Besteuerungszeitraums – anzusetzen.
Rz. 40
Sind Fehlbeträge aus verschiedenen Erhebungszeiträumen zu berücksichtigen, etwa bei Bestehen von eigenen neben übergegangenen Fehlbeträgen, ist mangels gesetzlicher Vorgabe die Verwendungsreihenfolge zu wählen, die zur größtmöglichen Kürzung des Gewerbeertrags führt.