Prof. Dr. Georg Schnitter
Rz. 19
§ 55 Abs. 1 Nr. 1 GewO umfasst das Feilbieten von Waren, Aufsuchen von Bestellungen für Waren, Ankaufen von Waren, Anbieten von Leistungen oder Aufsuchen von Bestellungen auf Leistungen.
Rz. 20
Waren sind alle beweglichen Sachen, die als Gegenstände des Handelsverkehrs bestimmt und geeignet sind. Hierunter fallen auch bewegliche Sachen, deren Herstellung, wie z. B. bei Kunstwerken oder landwirtschaftlichen Erzeugnissen, nicht als gewerblich anzusehen ist, sofern sie durch Dritte wirtschaftlich verwertet werden. Leistungen können gewerbsmäßige Tätigkeiten jedweder Art sein.
Rz. 21
Das Feilbieten einer Ware ist anzunehmen, wenn sie sowohl zum Zweck des Verkaufs vorgezeigt als auch zur sofortigen Übergabe bereitgehalten wird. Das Vorzeigen der Ware muss im Original erfolgen. Ein Verkauf nach Muster oder das bloße Werben für eine Ware erfüllt die Voraussetzungen für ein Feilbieten nicht.
Rz. 22
Unter dem Aufsuchen von Warenbestellungen ist das Bemühen zu verstehen, z. B. durch Vorführung von Mustern oder durch Abhalten werbender Vorträge feste Verträge über die Lieferung von Waren abzuschließen. Erfasst werden sowohl der unmittelbare Vertragsabschluss mit dem Reisegewerbetreibenden als auch die Vorbereitung des Vertragsabschlusses durch Ausfüllen einer Bestellkarte seitens des Kunden.
Rz. 23
Unter Ankauf von Waren ist der Erwerb von Waren gegen Entgelt zu verstehen. Auch der Tauschhandel fällt darunter. Der spätere Verwendungszweck der angekauften Ware und die Höhe des Entgelts sind irrelevant.
Rz. 24
Eine Leistung wird angeboten, wenn der Gewerbetreibende dem Publikum unmittelbar oder konkludent seine Bereitschaft zur sofortigen Leistungserbringung zur Kenntnis bringt. Dabei muss zumindest eine wesentliche Teilleistung sofort erbracht werden können. Die sofortige Vornahme lediglich vorbereitender Handlungen genügt nicht. Bei Zimmerer-, Holzbau- und Bedachungsarbeiten fehlt im Regelfall die Bereitschaft zur sofortigen Leistungserbringung wegen des anstehenden Planungsaufwands.
Rz. 25
Das Aufsuchen von Bestellungen auf Leistungen ist gekennzeichnet durch das Bemühen, feste Verträge über die Erbringung von Leistungen abzuschließen, wobei diese erst in einem gewissen zeitlichen Abstand erfolgen sollen. Beim Aufsuchen von Bestellungen auf Leistungen ist es also nicht erforderlich, dass der Gewerbetreibende bereit und in der Lage ist, die entsprechende Leistung sofort zu erbringen. Entscheidend ist in diesen Fällen für die Abgrenzung des Reisegewerbes von der Ausübung des Handwerks im stehenden Gewerbe, dass beim Reisegewerbe die Initiative zur Erbringung der Leistung vom Anbietenden ausgeht, während beim stehenden Gewerbe die jeweiligen Kunden um Angebote nachsuchen.