Prof. Dr. Georg Schnitter
5.1 Allgemeines
Rz. 32
Gewerbeverluste sind nach § 10a GewStG zeitlich unbeschränkt vortragsfähig. Da zwischen dem Ez der Verlustentstehung und dem Ez des Verlustabzugs mehrere Jahre liegen können, schreibt § 10a S. 6 GewStG zur Vermeidung von Streitigkeiten zwischen Stpfl. und FA die gesonderte Feststellung der Höhe des vortragsfähigen Gewerbeverlusts vor. Durch den Verlustfeststellungsbescheid wird der vortragsfähige Gewerbeverlust der Höhe und der Abzugsfähigkeit dem Grunde nach gesondert festgestellt. Im Verlustfeststellungsbescheid ist auch anzugeben, für welchen Gewerbebetrieb und für welchen Ez er ergeht. Dabei ergeht der Verlustfeststellungsbescheid immer für den Ez, bis zu dessen Ablauf der vortragsfähige Gewerbeverlust entstanden ist. Bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ist der Ez maßgebend, in dem das Wirtschaftsjahr endet. Verlustabzugsbeschränkungen – z. B. § 10a S. 10 GewStG i. V. m. § 8c KStG – sind bei der Ermittlung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts zu berücksichtigen.
Rz. 33
Der Verlustfeststellungsbescheid ist ein eigenständiger Steuerbescheid. Für ihn gelten die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung sinngemäß. Er ist schriftlich zu erteilen. Auch muss er eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten. Bindungswirkung entfaltet der Verlustfeststellungsbescheid sowohl hinsichtlich der verrechneten Fehlbeträge als auch hinsichtlich des festgestellten Verlustvolumens. Ein bestandskräftiger Verlustfeststellungsbescheid ist für die Festsetzung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts für folgende Ez auch dann bindend, wenn der Verlust nicht hätte berücksichtigt werden dürfen. Gegen den Verlustfeststellungsbescheid ist der Einspruch gegeben. Entsprechendes gilt auch für einen Bescheid, durch den ein Verlustfeststellungsbescheid geändert, berichtigt oder aufgehoben bzw. einen Antrag auf dessen Erlass, Änderung, Berichtigung oder Aufhebung, der abgelehnt wird. Zu beachten sind § 351 Abs. 2 AO bzw. § 42 FGO.
Rz. 34
Das Verfahren zum Erlass bzw. zur Korrektur von Verlustfeststellungsbescheiden ist in § 35b Abs. 2 GewStG geregelt. § 35b Abs. 2 GewStG ergänzt insoweit § 10a S. 6 GewStG.
5.2 Feststellungs-Finanzamt
Rz. 35
Nach § 35b Abs. 2 S. 1 GewStG ist der Verlustfeststellungsbescheid von dem FA zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, das für den Erlass des GewSt-Messbescheids zuständig ist. Letzteres regelt § 22 AO. Danach sind für die Feststellung des Verlusts grundsätzlich zuständig die Betriebs-FÄ oder, wenn die Festsetzung, Erhebung und Beitreibung der GewSt den FÄ – wie in Berlin, Bremen und Hamburg – obliegen, die entsprechenden FÄ. Bei Organschaften ist das FA des Organträgers zuständig.
5.3 Erlass des Verlustfeststellungsbescheids
Rz. 36
Ein Verlustfeststellungsbescheid nach § 10a S. 6 GewStG ist zum einen zu erlassen, wenn die Ermittlung des Gewerbeertrags des Ez erstmals einen nach § 10a GewStG vortragsfähigen Fehlbetrag ergibt. Für diesen Ez hat dann der Verlustfeststellungsbescheid zu ergehen. Zu erlassen ist ein Verlustfeststellungsbescheid zum anderen aber auch dann, wenn für den vorangegangenen Ez ein Verlustfeststellungsbescheid ergangen ist, der durch ihn festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust im folgenden Ez aber entweder nicht vollständig ausgeglichen werden konnte oder sich durch einen weiteren Fehlbetrag erhöht hat. Soweit der sich nunmehr ergebende Gewerbeverlust nach § 10a GewStG vortragsfähig ist, ist für den dem Verlustfeststellungsbescheid folgenden Ez ein Verlustfeststellungsbescheid zu erlassen. Die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts endet für denjenigen Ez, bei dessen Ablauf kein vortragsfähiger Gewerbeverlust mehr besteht. Ursache hierfür kann dessen Verbrauch oder dessen fehlende Vortragsfähigkeit sein.
Rz. 37
Der Verlustfeststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid zum einen bezüglich des abziehbaren Gewerbeverlusts für den GewSt-Messbescheid des folgenden Ez und zum anderen bezüglich des in den folgenden Ez vorgetragenen Gewerbeverlusts für den etwaig in diesem Ez zu erlassenden Verlustfeststellungsbescheid. Der GewSt-Messbescheid und der etwaige Verlustfeststellungsbescheid für den folgenden Ez sind insoweit Folgebescheide, für die § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO gilt. Die ESt-, KSt- und Gewinnfeststellungsbescheide sind Grundlagenbescheide weder für den GewSt-Messbescheid noch für den Verlustfeststellungsbescheid. Die Bezugsgrößen für die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags ergeben sich aus dem jeweiligen GewSt-Messbescheid. Es besteht insoweit eine inhaltliche Bindung nach § 35b Abs. 2 S. 2 GewStG. Der GewSt-Messbescheid ist zwar kein Grundlagenbescheid für die Verlustfeststellung, er wird aber so behandelt. Dies hat zur Folge, dass der Gewinn bzw. Verlust aus Gewerbebetrieb im Feststellungsverfahren nicht mehr eigenständig zu ermitteln ist.
Rz. 38
Das FA kann von der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts absehen, wen...