Prof. Dr. Georg Schnitter
3.1 Rechtsentwicklung
Rz. 13
§ 8 Nr. 1 GewStG regelt die Hinzurechnung von Finanzierungsentgelten. Der Gesetzgeber hat § 8 Nr. 1 GewStG durch Gesetz v. 1.12.1936 in das GewStG eingefügt. Durch Gesetz v. 14.8.2007 wurde § 8 Nr. 1 GewStG mit Wirkung vom Ez 2008 weitgehend neu gestaltet. Seither sind nicht nur Dauerschuldzinsen, sondern sämtliche Entgelte für Schulden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen. Dadurch soll die bisher gegebene Ungleichbehandlung verschiedener Finanzierungsformen vermieden werden. Zuletzt geändert wurde § 8 Nr. 1 GewStG durch das Gesetz v. 29.6.2020. Der Freibetrag wurde von 100.000 EUR auf 200.000 EUR erhöht. Der erhöhte Freibetrag gilt ab dem Ez 2020. Hierdurch sollen insbesondere kleine und mittlere Unternehmen entlastet werden.
3.2 Inhalt und Zweck der Vorschrift
Rz. 14
Hinzuzurechnen sind nach § 8 Nr. 1 GewStG:
- Entgelte für Schulden,
- Renten und dauernde Lasten,
- Gewinnanteile des typischen stillen Gesellschafters,
- ein Fünftel der Miet- und Pachtzinsen einschließlich der Leasingraten für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens; eine hälftige Hinzurechnung insoweit ist vorzunehmen bei Elektrofahrzeugen, extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen und Fahrrädern, die keine Kraftfahrzeuge sind,
- die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen einschließlich der Leasingraten für die Benutzung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens,
- ein Viertel der Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten.
Von der Summe der genannten Hinzurechnungen ist ein Freibetrag i. H. v. 200.000 EUR abzuziehen. Von dem dann noch verbleibenden Restbetrag unterliegen nach § 8 Nr. 1 GewStG 25 % der Hinzurechnung.
Rz. 15
§ 8 Nr. 1 GewStG dient der Ermittlung des objektivierten Gewerbeertrags. Insbesondere sollen Erträge aus eigen- und fremdfinanziertem Kapital gleichgestellt werden. Daher sind die in § 8 Nr. 1 GewStG genannten Finanzierungsbestandteile der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage hinzuzurechnen. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um Geld- oder Sachkapitalüberlassungen handelt. Unmaßgeblich ist auch die Dauer der Kapitalüberlassung.
Rz. 16
Nach § 8 Nr. 1 GewStG hinzugerechnet werden grundsätzlich nur die Beträge, die bei der Ermittlung des Gewinns tatsächlich abgesetzt worden sind. Sie müssen den Gewinn aus Gewerbebetrieb gemindert haben. Bestehen insoweit steuerliche Abzugsverbote, kommt eine Hinzurechnung nicht in Betracht. Ergeben können sich solche Abzugsverbote nicht nur aus den Vorschriften des EStG bzw. KStG, sondern auch aus solchen des GewStG. Entsprechendes gilt für Rückstellungen. Wurde eine auf einen Hinzurechnungstatbestand gerichtete Rückstellung in zulässiger Weise gebildet, erfolgt eine Hinzurechnung. Vor dem Hintergrund des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG unterliegen auch Sondervergütungen i. S. d. § 8 Nr. 1 GewStG an Mitunternehmer bei der Personengesellschaft nicht der Hinzurechnung. Gleiches gilt für Gewinnanteile des atypisch stillen Gesellschafters. Wurde der den einzelnen Partnern einer Arbeitsgemeinschaft i. S. d. § 2a GewStG zuzurechnende Gewinn um Aufwendungen gemindert, die auf der Ebene der Arbeitsgemeinschaft an sich der Hinzurechnung unterliegen, sind die gewerbesteuerlichen Folgen der Hinzurechnung bei den einzelnen Partnern zu ziehen.
Rz. 16a
Vorzunehmen sind die Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 GewStG auch dann, wenn sie auf Verträgen zwischen nahen Angehörigen beruhen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Verträge steuerlich anzuerkennen sind. Sie müssen insbesondere ernsthaft vereinbart, wie unter fremden Dritten üblich gestaltet und tatsächlich durchgeführt werden. Fehlt es daran, sind die Aufwendungen bei Personenunternehmen nicht abziehbar mit der Folge, dass eine Hinzurechnung nicht in Betracht kommt. Bei Kapitalgesellschaften ist das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung zu prüfen.
Rz. 17
Die Hinzurechnung von Entgelten für das dem Betrieb überlassene Geld- und Sachkapital nach § 8 Nr. 1 GewStG erfolgt unabhängig davon, ob die entsprechenden Beträge beim Überlassenden der GewSt unterliegen oder nicht. Dies gilt auch für Betriebsaufspaltungen. Damit unterliegen auch die vom Betriebs- an das Besitzunternehmen gezahlten Entgelte für überlassenes Geld- und Sachkapital beim Betriebsunternehmen der Hinzurechnung.
Rz. 18
Finanzierungsentgelte werden nur hinzugerechnet, wenn einer der Tatbestände des § 8 Nr. 1 Buchst. a bis f GewStG erfüllt ist. Enthält ein Vertrag Vereinbarungen über mehrere Leistungskomponenten i. S. d. § 8 Nr. 1 Buchst. a bis f GewStG, liegt ein gemischter Vertrag vor. Es stellt sich dann die Frage der Aufteilung.
- Sind die jeweiligen Leistungskomponenten trennbar, ist jede Komponente für sich nach Maßgabe von § 8 Nr. 1 Buchst. a bis f GewStG zu beurteilen. Dies gilt z. B. für Franchiseverträge. Das Entgelt ist in diesen Fällen – erforderlichenfalls durch Schätzung – auf die verschiedenen Leistungskomponenten aufzuteilen. Um Schwier...