Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen
4.3.1 Allgemeines
Rz. 60
Obgleich die Beschlüsse des Großen Senats lediglich die Abziehbarkeit von Geldbußen, Ordnungsgeldern und Verfahrenskosten bejahen, wird die Abziehbarkeit von in einem Strafverfahren festgesetzten Geldstrafen offengelassen, wurde im Interesse der Rechtssicherheit auch ein Abzugsverbot für Geldstrafen eingeführt. Hierin ist aber – anders als bei den Geldbußen – keine Rechtsänderung, sondern lediglich die Kodifizierung einer bereits bestehenden Rechtsüberzeugung zu sehen. Deshalb ist es verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Abzug von Geldstrafen mit Wirkung für die Vergangenheit ausgeschlossen worden ist.
Rz. 61
Das Abzugsverbot für Geldbußen ist in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG enthalten. Diese Vorschrift gilt nach § 8 KStG auch für die Gewinnermittlung von körperschaftsteuerpflichtigen Personen. Das einkommensteuerliche Abzugsverbot für Geldstrafen ist dagegen in § 12 Nr. 4 EStG enthalten. Da zumindest nicht zweifelsfrei ist, ob diese auf natürliche Personen zugeschnittene Vorschrift nach der Generalklausel in § 8 KStG auch bei der körperschaftsteuerlichen Einkommensermittlung zu beachten ist, ist für den Bereich der KSt ein eigenständiges Abzugsverbot für Geldstrafen in § 10 Nr. 3 KStG eingeführt worden. Die Regelungen in § 12 Nr. 4 EStG und in § 10 Nr. 3 KStG stimmen im Wortlaut überein. Sie begründen ein Abzugsverbot für
- in einem Strafverfahren festgesetzte Geldstrafen,
- sonstige Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt,
- Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, soweit die Auflagen und Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.
4.3.2 Geldstrafen
Rz. 62
Das Abzugsverbot umfasst alle Rechtsnachteile, die von einem Gericht nach den Strafvorschriften des Bundes- oder Landesrechts als Geldstrafe verhängt werden. Privatrechtliche Sanktionen wie z. B. Vertragsstrafen fallen nicht unter den Begriff der Geldstrafen in diesem Sinne. Da im deutschen Strafrecht derzeit Geldstrafen nicht gegen juristische Personen, sondern allenfalls gegen die für sie handelnden natürlichen Personen verhängt werden können, kommt dem Abzugsverbot für inländische Geldstrafen keine praktische Bedeutung zu. Das würde sich bei Umsetzung der rechtspolitischen Pläne zur Einführung eines Unternehmensstrafrechts ändern.
Rz. 63
Während sich das Abzugsverbot für Geldbußen nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG i. V. m. § 8 UStG auf Geldbußen beschränkt, die von inländischen Gerichten oder Behörden bzw. von Organen der Europäischen Gemeinschaften verhängt worden sind, enthält § 10 Nr. 3 KStG keine entsprechende Einschränkung. Auch eine Einschränkung dahingehend, dass die Geldstrafe nach einer inländischen Strafvorschrift verhängt sein muss, enthält § 10 Nr. 3 KStG nicht. Das Abzugsverbot für Geldstrafen erstreckt sich demgemäß auch auf Geldstrafen, die von ausländischen Strafverfolgungsbehörden verhängt sind. Nur wenn die von ausländischen Behörden verhängten Sanktionen wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung widersprechen (ordre public), findet das Abzugsverbot keine Anwendung. Da es möglich ist, dass nach dem Strafrecht ausländischer Staaten auch gegen juristische Personen Geldstrafen verhängt werden können, kann das Abzugsverbot für Geldstrafen insoweit praktische Bedeutung erlangen.
4.3.3 Nebenstrafen vermögensrechtlicher Art
Rz. 64
Das Abzugsverbot erstreckt sich auch auf Vermögenseinbußen durch die Einziehung von Vermögensgegenständen, soweit dieser Maßnahme strafrechtlicher Charakter zukommt. Nach § 74 Abs. 1 StGB können bei vorsätzlich begangenen Straftaten Gegenstände eingezogen werden, wenn
- die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer zustehen oder
- die Gegenstände nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder die Gefahr besteht, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden.
Rz. 64a
In den Fällen der Einziehung nach § 74 Abs. 1 StGB handelt es sich um eine strafähnliche Sanktion, die wie die Strafe selbst abschreckende und sühnende Wirkung haben soll und deshalb der Geldstrafe gleichgestellt werden muss. Die Einziehung kann nach § 75 StGB auch gegen eine juristische Person verhängt werden. Erfolgt die Einziehung dagegen nur zur Sicherung der Allgemeinheit, fehlt das mit der Strafe verbundene Unwerturteil, sodass der Grund für den Ausschluss des Betriebsausgabenabzugs nich...