Rz. 917

Besteht eine Organschaftskette, sind Minder- und Mehrabführungen im Verhältnis der jeweiligen Organgesellschaft zu dem unmittelbar vorgelagerten Organträger zu ermitteln. Innerhalb einer solchen Organschaftskette können Minder- und Mehrabführungen auf jeder Stufe der Organschaftskette entstehen. Sie führen dann bei dem jeweiligen Organträger zur Erhöhung oder Minderung des Beteiligungsansatzes für die jeweilige Organgesellschaft. Beträgt die Beteiligung des jeweiligen Organträgers nicht 100 %, ist trotzdem der gesamte Betrag der Minder- oder Mehrabführung über das Beteiligungskonto zu buchen.[1] Die Minder- und Mehrabführungen bei einem Organträger, der gleichzeitig Organgesellschaft innerhalb der Organschaftskette ist, führt wiederum zu Minder- und Mehrabführungen, sodass auch bei dem übergeordneten Organträger der Beteiligungsansatz an dem zwischengeschalteten Organträger anzupassen ist. Dies gilt im Verhältnis von Muttergesellschaft zu Tochter- und Enkelgesellschaft sowie bei längeren Organschaftsketten.

 
Praxis-Beispiel

Minder- und Mehrabführungen bei Organschaftsketten

Die A-AG ist zu 100 % an der B-GmbH beteiligt, diese zu 100 % an der C-GmbH. Zwischen allen Gesellschaften besteht Organschaft mit Gewinnabführungsvertrag. Die C-GmbH erzielt ein Ergebnis von 100, von dem sie einen Betrag von 30 in eine Rücklage einstellt. Eigene Ergebnisse der A-AG und der B-GmbH bleiben im Folgenden außer Betracht.

Die B-GmbH erzielt aus der handelsrechtlichen Gewinnabführung einen Handelsbilanz-Ertrag von 70. Ihr wird jedoch steuerlich im Einkommen der Steuerbilanzgewinn der C-GmbH von 100 zugerechnet. Es liegt bei der B-GmbH daher eine Minderabführung von 30 vor, die auf dem Beteiligungskonto zu aktivieren ist. Die Steuerbilanz der B-GmbH weist daher eine Vermögensmehrung von 100 auf (Gewinnabführung 70, Erhöhung des Beteiligungskontos von 30).

Im Verhältnis zur A-AG erfasst die handelsrechtliche Gewinnabführung nur die handelsrechtliche Vermögensmehrung der B-GmbH von 70 aus der Gewinnabführung von der C-GmbH. Der Steuerbilanzgewinn der B-GmbH beträgt aber 100, der der A-AG im Einkommen zur Versteuerung zugewiesen wird. Es liegt also auch im Verhältnis der B-GmbH zur A-AG eine Minderabführung vor, die bei der A-AG zu einer Aktivierung auf dem Beteiligungskonto der B-GmbH von 30 führt.[2]

 

Rz. 917a

Bei einer Veräußerung von Beteiligungen innerhalb der Organschaftskette von Mutter-, Tochter- und Enkelgesellschaft ist zu unterscheiden, welche Beteiligung veräußert wird. Veräußert die Muttergesellschaft die Beteiligung an der Tochtergesellschaft, während zwischen Tochter- und Enkelgesellschaft das Beteiligungsverhältnis bestehen bleibt, ist das von der Muttergesellschaft erzielte Veräußerungsergebnis unter Ansatz des durch die Minder- und Mehrabführungen veränderten Buchwerts der Beteiligung an der Tochtergesellschaft zu ermitteln. Bei Minderabführungen ist der Buchwert höher, das Veräußerungsergebnis also geringer, bei Mehrabführungen gilt das umgekehrte. Der Ansatz der Beteiligung an der Enkelgesellschaft in der Steuerbilanz der Tochtergesellschaft bleibt unverändert. Wird die Organschaft ohne Veräußerung der Beteiligungen aufgelöst, bleiben die Beteiligungsbuchwerte unverändert. Veräußert die Tochtergesellschaft die Beteiligung an der Enkelgesellschaft, während ihr Organschaftsverhältnis zu der Muttergesellschaft unverändert bleibt, entsteht in dem Verhältnis der Tochtergesellschaft zu der Muttergesellschaft eine Mehrabführung, da der handelsrechtliche Veräußerungsgewinn wegen der früheren Aktivierung der Minderabführung auf dem steuerlichen Beteiligungskonto höher sein wird als der steuerliche Veräußerungsgewinn. Die dadurch entstehende Mehrabführung führt bei der Muttergesellschaft als Einlagenrückgewähr zu einer Minderung des Bilanzansatzes an der Tochtergesellschaft.

 
Praxis-Beispiel

Fortführung des Beispiels aus Rz. 912k

In einem der Folgejahre veräußert die B-GmbH die Beteiligung an der C-GmbH zum Preis von 100. Der Buchwert der Beteiligung in der Handelsbilanz beträgt 70, in der Steuerbilanz 100 (Buchwert der Handelsbilanz plus Aktivierung der früheren Minderabführung von 30).

Der Veräußerungsgewinn beträgt handelsrechtlich 30, steuerbilanziell 0. Es liegt also eine handelsrechtliche Gewinnabführung an den Organträger, die A-AG, von 30 vor, während der in dem der A-AG zugerechneten Einkommen enthaltene Steuerbilanzgewinn der B-GmbH 0 beträgt. Es liegt also eine Mehrabführung von 30 vor. Bei der A-AG wird dies als Einlagenrückgewähr behandelt und der Ansatz der Beteiligung an der B-GmbH um 30 vermindert. Die handelsrechtliche Gewinnabführung von 30 wird in der Steuerbilanz der A-AG daher neutralisiert und führt nicht zu steuerlichen Konsequenzen. Das ist systematisch auch richtig, da der Betrag von 30 bereits in einem Vorjahr von dem Organträger versteuert worden ist.

Bei längeren Organschaftsketten treten die gleichen Effekte auf jeder Stufe ein.

[2] Vgl. hierzu auch Rz. 879.

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