Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 940
Zusätzlich bestimmt § 14 Abs. 5 S. 3 KStG, dass von der Organgesellschaft geleistete Steuern, die bei dem Organträger anzurechnen sind, gesondert festgestellt werden. Diese Bestimmung ist erforderlich, da anzurechnende Steuern keine mit dem Einkommen der Organgesellschaft zusammenhängenden Besteuerungsgrundlagen sind. § 14 Abs. 5 S. 3 KStG entspricht § 180 Abs. 5 Nr. 2 AO. Festzustellen sind die Steuern, die dem Grunde nach anrechenbar sind und für die nicht der Antrag nach § 26 Abs. 2 KStG i. V. m. § 34c Abs. 2 EStG auf Abzug von der Bemessungsgrundlage gestellt wird. Es handelt sich um Abzugssteuern, insbesondere KapESt, und bei nicht freigestellten ausl. Einkünften um ausl. Quellensteuern. Besteht nach § 26 Abs. 2 KStG i. V. m. § 34c Abs. 2 EStG ein Wahlrecht zwischen Anrechnung und Abzug von der Bemessungsgrundlage, wird dieses Wahlrecht in der Erklärung zur gesonderten Feststellung ausgeübt. Festgestellt werden dürfen daher nur diejenigen ausl. Steuern, für die nicht der Abzug von der Bemessungsgrundlage gewählt worden ist. Das Wahlrecht wird daher auf der Ebene der Organgesellschaft ausgeübt. Ebenfalls nicht festgestellt werden dürfen ausl. Steuern, die nach § 26 Abs. 2 KStG i. V. m. § 34c Abs. 3 EStG zwingend von der Bemessungsgrundlage abzuziehen sind, da diese Steuern schon dem Grunde nach nicht anrechenbar sind. Diese Steuern haben das festgestellte Einkommen bereits gemindert.
Rz. 941
Die gesonderte Feststellung der anrechenbaren Steuern ist zwingend; ein Ermessensspielraum der Finanzbehörde besteht nicht. Auch in Fällen geringerer Bedeutung kann nicht entsprechend § 180 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 AO von der Feststellung abgesehen werden. Die Anrechnung der Steuern bei dem Organträger setzt also zwingend die gesonderte Feststellung dieser Beträge voraus. Ist die Feststellung nicht vorgenommen worden, kann keine Anrechnung erfolgen.
Rz. 942
Die Feststellung der anzurechnenden Steuer nach Abs. 5 S. 3 entfaltet eine der Feststellung des Einkommens entsprechende Bindungswirkung für das Erhebungsverfahren, also für den Abrechnungsteil des KSt-Bescheids des Organträgers bzw. für einen etwaigen Abrechnungsbescheid nach § 218 AO. Diese Bindungswirkung ergibt sich aus der Natur der gesonderten Feststellung, da diese sonst wirkungslos wäre. Allerdings hat der Gesetzgeber keine dem § 182 Abs. 1 S. 2 AO entsprechende Regelung geschaffen. § 182 Abs. 1 S. 2 AO gilt nur für die Feststellung der anrechenbaren Steuer nach § 180 Abs. 5 Nr. 2 AO, nicht für die nach § 14 Abs. 5 S. 3 KStG. Diese Lücke stellt dem systematischen Verständnis des Gesetzgebers wiederum kein gutes Zeugnis aus. Wenn er eine ausdrückliche Regelung der Bindungswirkung für die Feststellung nach § 180 Abs. 5 Nr. 2 AO für erforderlich hielt, ist nicht verständlich, wieso das bei § 14 Abs. 5 S. 3 KStG anders sein sollte. Man wird jedoch durch teleologische Interpretation eine dem § 182 Abs. 1 S. 2 AO entsprechende Regelung aus § 14 Abs. 5 S. 3 KStG ableiten können. Danach führt eine erstmalige Feststellung, eine Aufhebung oder eine Änderung des Feststellungsbescheids entsprechend § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO zur Korrektur der entsprechenden im Erhebungsverfahren ergangenen Verwaltungsakte einschließlich eines Feststellungsbescheids nach § 180 Abs. 5 Nr. 2 AO.
Rz. 943
Die gesonderte Feststellung der anzurechnenden Steuer ersetzt insoweit die Steuerbescheinigung für die anzurechnenden Beträge. Die Steuerbescheinigung wird auf den Namen der Organgesellschaft ausgestellt worden sein. Ihr Vorliegen ist Voraussetzung für die Feststellung der anzurechnenden Steuer. Ist die Feststellung erfolgt, wird die Anrechnung auf der Ebene des Organträgers nicht mehr aufgrund der Steuerbescheinigung, sondern aufgrund der gesonderten Feststellung durchgeführt. Ist der Organträger eine Personengesellschaft, ist der Feststellungsbescheid nach § 14 Abs. 5 KStG ein Grundlagenbescheid für die einheitliche und gesonderte Feststellung der anzurechnenden Steuer nach § 180 Abs. 5 Nr. 2 AO.
Rz. 944
Die gesonderte Feststellung der anrechenbaren Steuern hat keine Auswirkungen auf die Verjährungsfrist. § 171 Abs. 10 AO ist nicht, auch nicht entsprechend, anwendbar, da diese Vorschrift nur die Festsetzungsfrist, und damit das Festsetzungsverfahren, nicht das Erhebungsverfahren, betrifft. Für das Erhebungsverfahren gelten die Verjährungsvorschriften der §§ 228ff. AO, die jedoch keine Anlauf- oder Ablaufhemmung oder Unterbrechung der Verjährungsfrist für Grundlagenbescheide enthalten.