Prof. Dr. Gerrit Frotscher
7.1 Übersicht
Rz. 135
Durch Gesetz v. 19.12.2008 wurden die Nrn. 4 und 5 in Satz 1 angefügt. Es handelt sich um Ergänzungen des mit demselben Gesetz eingefügten § 8 Abs. 3 Satz. 2, Abs. 7 und 9 KStG. Diese Vorschriften schaffen Sonderregelungen für Dauerverlustbetriebe der öffentlichen Hand, und zwar für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung sowie für die Verlustverrechnung. § 15 Satz 1 Nrn. 4, 5 KStG enthält hierzu besondere Bestimmungen, wenn die Körperschaft, die den Dauerverlustbetrieb unterhält, eine Organgesellschaft ist. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die genannten Vorschriften bei dem Organträger (der u. U. selbst keinen Dauerverlustbetrieb unterhält und daher selbst nicht unter die genannten Vorschriften fällt) anzuwenden sind. Deswegen ist insoweit nach den Nrn. 4 und 5 die Bruttomethode anzuwenden.
Rz. 136
§ 15 Satz 1 Nr. 4, 5 KStG ist zusammen mit den zugrundeliegenden Vorschriften des § 8 Abs. 7, 9 KStG anzuwenden. Daher gilt § 15 Satz 1 Nr. 4 KStG, der sich auf § 8 Abs. 7 KStG bezieht, auch für Vz vor 2009. § 15 Satz 1 Nr. 5 KStG, der sich auf § 8 Abs. 9 KStG bezieht, ist ab Vz 2009 anzuwenden.
Rz. 137
Zu § 8 Abs. 8 KStG enthält § 15 KStG keine besondere Regelung. Das ist auch nicht erforderlich, da sich diese Vorschrift auf Betriebe gewerblicher Art bezieht, die nicht Organgesellschaft sein können.
7.2 Bruttomethode bei Dauerverlustgeschäften (Satz 1 Nr. 4)
Rz. 138
§ 15 Satz 1 Nr. 4 KStG betrifft Organgesellschaften, die Dauerverlustgeschäfte nach § 8 Abs. 7 KStG unterhalten. In Betracht kommt nur der Fall des § 8 Abs. 7 Nr. 2 KStG, da nur die dort genannten Kapitalgesellschaften, nicht die in Nr. 1 erfassten Betriebe gewerblicher Art Organgesellschaften sein können. Betroffen sind Kapitalgesellschaften, bei denen die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar auf juristische Personen des öffentlichen Rechts entfällt und nachweislich ausschließlich diese Gesellschafter die Verluste aus dem Dauerverlustgeschäft tragen.
Rz. 139
Unterhält eine der genannten Kapitalgesellschaften ein solches Dauerverlustgeschäft, ist § 8 Abs. 3 Satz 2, Abs. 7 KStG auf der Ebene der Organgesellschaft nicht anzuwenden. Die Nichtanwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bedeutet, dass bei der Organgesellschaft das Dauerverlustgeschäft nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führt. Dadurch wird die Nichtanwendung des § 8 Abs. 7 KStG im strengen Sinne überflüssig. Die Regelung ist sogar irreführend, da sie den Eindruck vermitteln kann, dass ein begünstigtes Dauerverlustgeschäft bei der Organgesellschaft eine verdeckte Gewinnausschüttung sein soll; das schließt die in § 15 Abs. 1 Nr. 4 KStG vorgesehene Nichtanwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG aber gerade aus. Das Dauerverlustgeschäft der Organgesellschaft, das in aller Regel aus gesellschaftsrechtlichen Gründen unterhalten wird, soll auf der Ebene der Organgesellschaft daher keine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen. Das Einkommen der Organgesellschaft ist also nicht entsprechend zu erhöhen. Vielmehr ist der Verlust aus dem Dauerverlustgeschäft in dem dem Organträger zugerechneten Einkommen "enthalten", wie es § 15 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 KStG voraussetzt. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und damit die Regeln über die verdeckte Gewinnausschüttung ist bei der Organgesellschaft aber nur dann nicht anzuwenden, wenn ein "begünstigtes Dauerverlustgeschäft" i. S. d. § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG vorliegt. Das Dauerverlustgeschäft muss also aus verkehrs-, umwelt-,sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen ohne kostendeckendes Entgelt betrieben werden bzw. eine Tätigkeit darstellen, die, würde sie von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts betrieben, zu einem Hoheitsbetrieb gehörte. Handelt es sich um ein sonstiges Dauerverlustgeschäft, kann eine verdeckte Gewinnausschüttung an den Organträger vorliegen, die steuerlich als verdeckte Vorababführung behandelt wird.
Rz. 140
Nach § 15 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 KStG ist stattdessen § 8 Abs. 3 Satz 2, Abs. 7 KStG auf der Ebene des Organträgers anzuwenden, wenn und soweit in dem dem Organträger zugerechneten Einkommen der Organgesellschaft Verluste aus Dauerverlustgeschäften i. S. d. § 8 Abs. 7 KStG enthalten sind. Dies bedeutet, dass die Besteuerung so durchzuführen ist, als ob der Organträger das Dauerverlustgeschäft betrieben hätte. Dabei ist der Verweis auf § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, ebenso wie der entsprechende Verweis bei der Organgesellschaft, missverständlich. Dieser Verweis könnte so verstanden werden, dass der Organträger durch das Dauerverlustgeschäft der Organgesellschaft eine verdeckte Gewinnausschüttung (organschaftliche Vorababführung) erhalten hat. Dem widerspricht aber § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG, wonach das Dauerverlustgeschäft bei der Organgesellschaft gerade nicht z...