Prof. Dr. Gerrit Frotscher
2.2.1 Unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtiger Organträger (Abs. 1)
Rz. 25
Abs. 1 gilt für die Anwendung der besonderen Tarifvorschriften bei dem Organträger in der Rechtsform der Körperschaft, der unbeschränkt steuerpflichtig ist. Es kann sich um Körperschaften mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland, mit Geschäftsleitung im Inland und Sitz im Ausland sowie mit Sitz im Inland, aber Geschäftsleitung im Ausland handeln. Da die Vorschrift nur für Organträger gilt, ist über die unbeschränkte Stpfl. hinaus weitere Voraussetzung, dass die Körperschaft im Inland eine Betriebsstätte unterhält, der die Organbeteiligung nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4ff. KStG zuzurechnen ist. Diese Voraussetzung ist bei Geschäftsleitung im Inland immer erfüllt. Die Vorschrift gilt aber auch für eine Organträger-Körperschaft, die nur den Sitz im Inland hat, aber die genannte Organschaftsvoraussetzung erfüllt, also über den Sitz hinaus eine Betriebsstätte im Inland unterhält, der die Organbeteiligung zugeordnet ist.
Rz. 26
Ist der Organträger unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig, ergeben sich keine besonderen Schwierigkeiten. Da die Organgesellschaft immer körperschaftsteuerpflichtig ist, sind besondere Tarifvorschriften, die bei der Organgesellschaft anwendbar sind, dem Grunde nach auch bei dem Organträger anwendbar. Die Steuerminderung infolge der besonderen Tarifvorschrift tritt daher bei dem Organträger ein. Möglich ist es aber auch, dass die Tarifvorschrift nur auf Kapitalgesellschaften, nicht auf sonstige KSt-Subjekte anwendbar ist; dann kann der Organträger sie trotz KSt-Pflicht nicht in Anspruch nehmen, wenn er keine Kapitalgesellschaft ist.
Rz. 27
Rechtsfolge ist, dass die besondere Tarifvorschrift, deren objektiver Tatbestand auf der Ebene der Organgesellschaft erfüllt ist, bei dem Organträger anzuwenden ist. Ihm werden die Rechtsfolgen der Tatbestandsverwirklichung durch die Organgesellschaft zugerechnet.
2.2.2 Unbeschränkt einkommensteuerpflichtiger Organträger (Abs. 2)
Rz. 28
Ist der Organträger unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (natürliche Person), gilt die Regelung des Abs. 1 nur, wenn die ESt eine gleiche oder gleichartige besondere Tarifvorschrift kennt, der Geltungsbereich der Vorschrift also nicht auf die KSt beschränkt ist. Das ist bei der Anrechnung ausl. Steuern der Fall, da § 34c Abs. 1 EStG eine dem § 26 Abs. 1 KStG entsprechende Regelung enthält. Auch die fiktive Anrechnung nach einem DBA sowie die Anrechnung nach § 12 AStG stehen regelmäßig Körperschaften und natürlichen Personen zu. Dagegen kann das internationale Schachtelprivileg nach den DBA regelmäßig nur von Körperschaften in Anspruch genommen werden, geht also bei einem einkommensteuerpflichtigen Organträger verloren (Rz. 10).
Rz. 29
§ 19 Abs. 2 KStG kann nicht so verstanden werden, dass eine Gleichartigkeit der Tarifvorschriften nur bei der Übertragung von der KSt auf die ESt verlangt wird, dass aber umgekehrt bei einer natürlichen Person oder einer Personengesellschaft, an der natürliche Personen beteiligt sind, als Organträger einkommensteuerliche Vorschriften auf das Organeinkommen anzuwenden sind, auch wenn das KStG gleichartige Vorschriften nicht enthält. Abs. 2 verweist auf Abs. 1 und nimmt damit die Regelung dieser Vorschrift, dass bei der Organgesellschaft die Voraussetzungen der Tarifvorschrift erfüllt sein müssen, in Bezug. Daher müssen sowohl Organgesellschaft als auch Organträger berechtigt sein, die Tarifvorschrift in Anspruch zu nehmen.
Rz. 30
Sind daher in dem dem Organträger zuzurechnenden Einkommen Vermögensmehrungen enthalten, für die einkommensteuerrechtliche Vergünstigungen bestehen, z. B. Gewinne aus Betriebsveräußerung oder -aufgabe nach den §§ 16 Abs. 4, 34 EStG, könnte die Organgesellschaft diese Vergünstigung dem Organträger nur vermitteln, wenn sie dem Grunde nach auch für die Organgesellschaft als Kapitalgesellschaft gelten, die Organgesellschaft also grundsätzlich in der Lage ist, den steuerrechtlichen Begünstigungstatbestand zu verwirklichen (Rz. 8). Das ist weder bei dem Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG der Fall noch bei der Steuervergünstigung des § 34 EStG. Dies folgt aus der Zurechnungstheorie. Da das dem Organträger zur Versteuerung zugerechnete Einkommen dem Wesen nach Einkommen der Organgesellschaft bleibt, kann bei dem Organträger auf das Einkommen der Organgesellschaft auch dann nicht die Steuerermäßigung nach § 34 EStG gewährt werden, wenn der Organträger eine natürliche Person ist. Dem Organträger wird nur das Einkommen der Organgesellschaft und die Rechtsfolgen der Tatbestandsverwirklichung zugerechnet, nicht aber der Tatbestand der Betriebs- oder Teilbetriebsveräußerung. Die Gegenmeinung setzt voraus, dass Organträger und Organgesellschaft steuerlich als Einheit zu betrachten sind; dem steht aber entgegen, dass die Organgesellschaft selbstständiges Steuersubjekt bleibt.
Rz. 31
Die Beschränkung der Steuerermäßigungen auf diejenigen Steuersubjekte, für die die Ermäßigungsvorschriften ihrem Wesen nach anwendbar sind, gilt auch bei Organschaftsketten. Es kommt also nicht darauf an, ob ein (Zwischen-)Organt...