3.1 Allgemeines
3.1.1 Handelsrecht
Rz. 30
§ 20 Abs. 1 KStG entspricht inhaltlich der handelsrechtlichen Regelung in § 341h Abs. 1 HGB, die mit "Schwankungsrückstellung und ähnliche Rückstellungen" überschrieben ist. Durch das Maßgeblichkeitsprinzip ist der Ansatz und die Bewertung von Schwankungsrückstellungen in der Handels- und Steuerbilanz identisch. Gleiches gilt für die den Schwankungsrückstellungen ähnlichen Rückstellungen des § 342h Abs. 2 HGB, für die steuerlich gar keine ausdrücklichen Rechtsgrundlagen existieren. Damit haben die in § 20 Abs. 1 KStG enthaltenen Tatbestandsvoraussetzungen keine besondere Bedeutung, denn die Behandlung von Schwankungsrückstellungen bestimmt sich allein nach den handelsrechtlichen Vorschriften (Rz. 31ff.). Die Werte der Handelsbilanz können für die Steuerbilanz übernommen werden bzw. die Überleitungsrechnung ist nicht zu korrigieren (für theoretisch diskutierte Abweichungen s. Rz. 36).
Rz. 31
§ 341h Abs. 1 HGB wird durch die Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen konkretisiert. Darin verweist § 29 Satz 1 RechVersV auf eine ebenfalls dort enthaltene dreiseitige Anlage zu § 29 RechVersV, wo sämtliche Voraussetzungen für Schwankungsrückstellungen ausführlich geregelt sind (Ansatz, Bewertung, auch zum sog. Sollbetrag, Auflösung, vor allem auch hinsichtlich Zuführungen und Entnahmen). Zentral für die Bildung von Schwankungsrückstellungen sind:
Rz. 32
Zusätzlich bestimmt § 29 Satz 2 RechVersV, dass die für das Versicherungsunternehmen zuständige Aufsichtsbehörde (Rz. 33) im Einzelfall eine Abweichung von den Berechnungsvorgaben zulassen kann. Diese Anordnung spiegelt sich im Eingangssatz der handels- und steuerrechtlichen Regelung wider, wonach die dort genannten Voraussetzungen nicht abschließend sind ("insbesondere").
Rz. 33
In Deutschland beaufsichtigt auf Bundesebene die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die privaten Versicherungsunternehmen, die wirtschaftlich von erheblicher Bedeutung sind und die öffentlich-rechtlichen Wettbewerbsversicherer, die über die Grenzen eines Bundeslandes hinaus tätig sind. Die Aufsichtsbehörden der Länder beaufsichtigen vor allem die öffentlich-rechtlichen Versicherer, deren Tätigkeit auf das jeweilige Bundesland beschränkt ist und diejenigen privatrechtlichen Versicherer, die wirtschaftlich von geringerer Bedeutung sind.
3.1.2 Steuerrecht
Rz. 34
Für Schwankungsrückstellungen existiert ein BMF-Schreiben aus dem Jahre 1979, das nach wie vor gültig ist. Dort werden die vom ehemaligen Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen – BAV (heute BaFin) – erlassenen Anordnungen, steuerlich anerkannt, die aber mittlerweile durch die Anlage zu § 29 RechVersV ersetzt worden sind. Das BMF-Schreiben enthält Ergänzungen zu:
- Zinszuführung zur Schwankungsrückstellung bei VVaG (dort in Rz. 1)
- Schwankungsrückstellung bei Vorliegen von Doppelbesteuerungsabkommen (dort in Rz. 2)
- Delkredererückstellung für die "Kautionsversicherung" (dort in Rz. 3)
- Schwankungsrückstellung bei Versicherungsunternehmen von geringerer wirtschaftlicher Bedeutung (dort in Rz. 4)
- Schwankungsrückstellung bei Versicherungszweigen mit geringen Beitragseinnahmen (dort in Rz. 5)
- Versicherungszweige und Versicherungsunternehmen, die nicht der Versicherungsaufsicht unterliegen (dort in Rz. 7)
- Anordnung über die Auflösung der Schwankungsrückstellung der Krankenversicherungsunternehmen (dort in Rz. 8).
Rz. 35
Die Bildung der versicherungsmathematischen Rückstellungen bei grenzüberschreitend tätigen Unternehmen richtet sich nach § 24 BsGaV. Die Frage, wo die Rückstellung zu bilden ist, wenn sich Stammhaus und Betriebsstätte in verschiedenen Staaten befinden, richtet sich nach § 24 Abs. 2 BsGaV danach, wo der entsprechende Vermögenswert, der durch den Versicherungsvertrag begründet wurde, zu bilanzieren ist. Maßgebend ist nach § 24 BsGaV, wo die unternehm...