Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 56
Nach § 27 Abs. 1 gilt als Tarifbelastung nur diejenige Steuer, die eine bei der ausschüttenden Körperschaft eintretende Belastung darstellt. Nur anrechenbare Steuer, für die die ausschüttende Körperschaft selbst Steuerschuldner ist, zählt daher bei der ausschüttenden Körperschaft zur Tarifbelastung, nicht jedoch Steuer, bei der eine andere Körperschaft Steuerschuldner ist. Daraus folgt, dass die Ausschüttungsbelastung einer anderen Körperschaft nicht zur Tarifbelastung der Körperschaft gehört, und zwar auch dann nicht, wenn Gewinnausschüttungen der anderen Körperschaft zu (verwendbarem) Eigenkapital bei der Körperschaft führt.
Die A-AG (Muttergesellschaft) erhält von der B-GmbH (Tochtergesellschaft) eine Gewinnausschüttung (Bardividende) von 70.000 DM. Die bei der B-GmbH entstehende Ausschüttungsbelastung von 30.000 DM gehört nicht zur Tarifbelastung der A-AG.
Zu beachten ist allerdings, dass im Falle einer erhaltenen Dividende die Barausschüttung bei der empfangenden Körperschaft auf einen Bruttobetrag "hochzurechnen" ist, da die anzurechnende Körperschaftsteuer bei ihr zu den Einkünften gehört (vgl. Rz. 2) und somit die Tarifsteuer erhöht. Die auf diese Bruttoausschüttung entfallende Tarifsteuer der Körperschaft ist ihre eigene Steuer und damit bei ihr Tarifbelastung, da sie für diese Steuer Steuerschuldner ist. Daran ändert die Anrechnung der Ausschüttungsbelastung der Tochtergesellschaft nichts; diese verändert nicht die Tarifbelastung, für die die empfangende Körperschaft Steuerschuldner ist, sondern nur die Zahllast. Die Ausschüttung der Dividende führt daher im Ergebnis bei der empfangenden Körperschaft zu einer Tarifbelastung auf die (hochgerechnete) Dividende in Höhe des Tarifsteuersatzes. Bei einer Bruttodividende von 100.000 DM und einem Tarifsteuersatz von 40 % entsteht also eine Tarifbelastung von 40.000 DM. Für diese Körperschaftsteuer von 40.000 DM ist die A-AG Steuerschuldner; es ist ihre "eigene" Steuer. Diese bildet daher die Tarifbelastung. Die Anrechnung der 30.000 DM Steuerguthaben verändert, ebenso wie die Anrechnung der Kapitalertragsteuer, diese Tarifbelastung nicht, sondern nur die Körperschaftsteuer-Zahllast.
Rz. 57
Entsprechend gehört die Pauschsteuer nach § 5 KapErhStG, die entsteht, wenn die Kapitalgesellschaft innerhalb von 5 Jahren nach einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln unter Verwendung von EK 03 das Kapital wieder herabsetzt und an die Anteilseigner auszahlt (vgl. § 41 Rz. 38), nicht zur Tarifbelastung bei der den Herabsetzungsbetrag empfangenden Körperschaft. Die Pauschsteuer gilt zwar die Steuerpflicht der empfangenden Körperschaft ab; trotzdem handelt es sich nicht um eine Steuer der den Herabsetzungsbetrag empfangenden Körperschaft, sondern um eine Steuer der das Kapital herabsetzenden Körperschaft. Die Pauschsteuer gehört also bei der empfangenden Körperschaft nicht zur Tarifbelastung.
Rz. 58
Der Grundsatz, dass nur die bei der Körperschaft selbst eintretende Steuerbelastung zur Tarifbelastung gehören kann, gilt auch im Falle der Organschaft. Eine Steuer, für die die Organgesellschaft Steuerschuldner ist, kann nicht zur Tarifbelastung des Organträgers gehören. Werden an außenstehende Anteilseigner Ausgleichszahlungen geleistet, sind diese von der Organgesellschaft zu versteuern. Die auf die als eigenes Einkommen der Organgesellschaft zu behandelnden Ausgleichszahlungen entfallende tarifliche Körperschaftsteuer bildet die Tarifbelastung der Organgesellschaft, nicht die des Organträgers. Das gilt unabhängig davon, ob Ausgleichszahlungen von der Organgesellschaft oder vom Organträger geleistet werden.
Rz. 59
Der Grundsatz, dass Tarifbelastung nur die bei der Körperschaft selbst eintretende Steuer ist, und dass die Ausschüttungsbelastung nicht zur Tarifbelastung der die Ausschüttung empfangenden Körperschaft gehört, wird auch in den Fällen bedeutsam, in denen eine steuerbefreite Körperschaft Anteile an einer steuerpflichtigen Anrechnungskörperschaft besitzt und hieraus Gewinnausschüttungen bezieht. Wie ausgeführt, gehört die auf die Gewinnausschüttung entfallende Körperschaftsteuer, die die ausschüttende Körperschaft in Höhe der Ausschüttungsbelastung gezahlt hat, nicht zur Tarifbelastung, die bei der steuerbefreiten Körperschaft als Ausschüttungsempfänger eingetreten ist. Da die empfangende Körperschaft steuerbefreit ist, entsteht bei ihr auf die Ausschüttung keine eigene Körperschaftsteuer; somit entsteht auch keine Tarifbelastung. Damit kann die Ausschüttungsbelastung der ausschüttenden Körperschaft bei einer Weiterausschüttung der steuerbefreiten Körperschaft nicht an deren Anteilseigner weitervermittelt werden; die Ausschüttungsbelastung der zuerst ausschüttenden Körperschaft wird somit zur Definitivbelastung.
Rz. 60
Soweit bei der Ausschüttung an die Körperschaft ein Steuerabzug vom Kapitalertrag vorgenommen und nicht (z. B. bei steuerbefreiten Körperschaften) ganz oder teilweise erstattet wurde, liegt eine Tarifbelastung der Körperschaft ...