Prof. Dr. Gerrit Frotscher
2.5.1 Genussrechtskapital
Rz. 32
Genussrechte können handels- und steuerrechtlich reine Gläubigerrechte sein, aber auch den Charakter von Quasi-Eigenkapital haben (vgl. Bordt, HdJ, Abt. III/1, Rdn. 235ff.; zur steuerlichen Behandlung vgl. § 8 Rz. 122). Steuerlich werden Ausschüttungen auf Genussrechte als Gewinnausschüttungen behandelt, wenn mit dem Genussrecht die Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös verbunden ist (beteiligungsähnliche Genussrechte, vgl. § 8 Rz. 125). Soweit diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist das Genussrechtskapital als Eigenkapital in der Gliederungsrechnung zu behandeln, und zwar auf Grund der ausdrücklichen Bestimmung in § 8 Abs. 3 unabhängig davon, wie das Genussrechtskapital handelsrechtlich zu bilanzieren ist. Handelsrechtlich kann die Behandlung als Eigenkapital von weiteren Voraussetzungen abhängig sein, z. B. dem Rangrücktritt hinter das Fremdkapital; steuerlich ist dies nicht Voraussetzung. Die Behandlung in der Gliederungsrechnung kann daher vom Ausweis in der Handelsbilanz abweichen. Genussrechtskapital gehört zu dem verwendbaren Eigenkapital und ist in das EK 04 einzustellen (vgl. Rz. 59).
2.5.2 Verdecktes Eigenkapital
Rz. 33
Die Finanzverwaltung hatte die Ansicht vertreten, Gesellschafterdarlehen könnten als verdecktes Eigenkapital (verdecktes Nennkapital) zu qualifizieren sein, wenn an Stelle der Darlehensgewährung die Zuführung von Eigenkapital wirtschaftlich zwingend gewesen wäre oder wenn die Zuführung von Gesellschafterdarlehen als Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten anzusehen sei. Danach wären diese Gesellschafterdarlehen auch in der Gliederungsrechnung in Eigenkapital umzuqualifizieren, und zwar in EK 04.
Dieser Ansicht hat der BFH (v. 5.2.1992, I R 127/90, BStBl II 1992, 653) den Boden entzogen. Er hat es ausgeschlossen, Gesellschafterdarlehen in Eigenkapital umzuqualifizieren (vgl. § 8a Rz. 7ff.). An die Stelle der (unzulässigen) Rechtsfigur des verdeckten Eigenkapitals ist die gesetzliche Regelung des § 8a getreten. Nach dieser Vorschrift werden Vergütungen für bestimmtes Gesellschafter-Fremdkapital in verdeckte Gewinnausschüttungen umqualifiziert. Die damit ausgesprochene Beschränkung der Umqualifizierung auf die Vergütungen besagt aber gleichzeitig, dass das Darlehen selbst nicht umqualifiziert wird, also Fremdkapital bleibt (vgl. § 8a Rz. 17ff.). Gesellschafterdarlehen, die unter § 8a fallen, sind daher kein Eigenkapital im Sinne des § 29.
2.5.3 Nicht abgeflossene Gewinnausschüttungen
2.5.3.1 Nicht abgeflossene verdeckte Gewinnausschüttungen
Rz. 34
Ist eine verdeckte Gewinnausschüttung bei der Anrechnungskörperschaft nicht abgeflossen (Beispiel: überhöhte Pensionsrückstellung für den Gesellschafter-Geschäftsführer), so wird handelsbilanziell i. d. R. Fremdkapital vorliegen. Eine Pensionsrückstellung für den Gesellschafter-Geschäftsführer ist handelsrechtlich eine echte Rückstellung, und damit Fremdkapital, soweit nicht gegen das Verbot der Kapitalrückgewähr verstoßen wird. Der Fremdkapitalcharakter der Rückstellung zeigt sich besonders deutlich, wenn später ein Gesellschafterwechsel eintritt; die Verbindlichkeit besteht dann nicht mehr gegenüber einem Gesellschafter, der neue Gesellschafter kann die Rückstellung nur als Fremdkapital einordnen.
Ist die Gewährung der überhöhten Pensionszusage dagegen wegen Verstoßes gegen das Verbot der Kapitalrückgewähr nichtig (d. h. bei der AG immer, bei der GmbH nur, wenn das Nennkapital beeinträchtigt wird), bildet der überhöhte Rückstellungsbetrag handelsrechtlich Eigenkapital. Da die Pensionszusage, soweit sie überhöht ist, nach § 134 BGB nichtig ist, kann für sie als nicht bestehender Verpflichtung keine Rückstellung gebildet werden; der Rückstellungsbetrag ist mangels einer zugrunde liegenden Verpflichtung handelsrechtlich Eigenkapital.
Wegen der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz gilt diese Einordnung auch für die Steuerbilanz.
Rz. 35
Für die Gliederungsrechnung ist jedoch eine andere Betrachtung erforderlich. Die Gewinnminderung infolge der Bildung der überhöhten Pensionsrückstellung führte als verdeckte Gewinnausschüttung zu einer entsprechenden Hinzurechnung bei der Einkommensermittlung und damit zu einer Versteuerung. Nach der Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers sollen verdeckte Gewinnausschüttungen im Anrechnungsverfahren grundsätzlich wie offene Gewinnausschüttungen behandelt werden; das Körperschaftsteuer-Anrechnungsguthaben darf also nicht verloren gehen. Das gilt sowohl für die sofort abgeflossene verdeckte Gewinnausschüttung als auch für die erst später abfließende. Das technische Mittel, um dies sicherzustellen, ist auch bei der nicht abgeflossenen verdeckten Gewinnausschüttung, ebenso wie in den übrigen Fällen der verdeckten Gewinnausschüttung (vgl. Rz. 27) die fiktive Erweiterung des Begriffs des Eigenkapitals in § 29 Abs. 1. Wenn diese Vorschrift bestimmt, dass das Eigenkapital das Betriebsvermögen ohne die Verringerung durch die im Wirtschaftsjahr erfolgten verdeckten Gewinnausschüttungen ist, so werden damit auch die nicht abgeflossenen Gewinnausschüttungen erfasst. Das Wort "erfolgt" ist im Zusammenhang mit dem Begriff...