Rz. 50

§ 29 Abs. 2 definiert das "verwendbare Eigenkapital" nur negativ als den Teil des Eigenkapitals, der nicht "übriges Eigenkapital" ist.

Der Begriff des verwendbaren Eigenkapitals lässt sich nicht aus einer Systematik ableiten; es ist ein durch das Gesetz positivrechtlich definierter Begriff. Sein Inhalt ist nur aus dem Zweck zu verstehen, den er erfüllen soll. Aufgabe dieses Begriffes ist es, alle Eigenkapitalteile zu umfassen, die für das Anrechnungsverfahren von Bedeutung sind und daher in die Gliederungsrechnung eingeführt werden müssen. Die "negative" Definition des Gesetzes erweist sich daher als angemessen; eine systematische, positive Definition dürfte unmöglich sein, da völlig heterogene Bestandteile des Eigenkapitals (z. B. Nennkapital, Gewinne, Einlagen) von ihm erfasst werden, die nur gemeinsam haben, dass sie notwendiger- oder zweckmäßigerweise in die Gliederungsrechnung einzustellen sind[1].

 

Rz. 51

Ein "systematisch richtiger" Begriff des verwendbaren Eigenkapitals lässt sich daher nicht bestimmen. Insbesondere lässt sich nicht sagen, dass nur die von der Anrechnungskörperschaft erzielten Gewinne zu verwendbarem Eigenkapital führen dürfen. Die Einbeziehung der Einlagen in das verwendbare Eigenkapital ist notwendiger Bestandteil des Anrechnungsverfahrens; auch lassen sich die vor dem Systemwechsel geleisteten Einlagen häufig nicht von den vor diesem Zeitpunkt erzielten Gewinnen trennen. Auch das Ausscheiden von EK 03 aus dem verwendbaren Eigenkapital bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln kann nicht systematisch, sondern nur aus den Erfordernissen des Anrechnungsverfahrens erklärt werden.

 

Rz. 52

Ein systematischer Begriff des verwendbaren Eigenkapitals kann auch deshalb nicht gebildet werden, weil die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals in nicht unerheblichem Umfang "Luftposten" enthalten, die als Korrekturposten eingestellt werden, um vom Zweck des Anrechnungsverfahrens nicht gedeckte Folgen zu vermeiden (vgl. auch Rz. 55). Insbesondere das EK 02 muss in erheblichem Umfang solche Korrekturposten aufnehmen (vgl. § 30 Rz. 141ff.). Diese Korrekturposten, und damit das gesamte verwendbare Eigenkapital, lassen sich nur begründen, wenn man nicht von einem dem Gesetz vorgegebenen Begriff des "verwendbaren Eigenkapitals" ausgeht, sondern von dem Zweck des Gesetzes, dass das Anrechnungsguthaben auch für die Anrechnung nutzbar gemacht werden muss und nach Möglichkeit nicht verfallen darf. Die Korrekturposten sind lediglich technische Mittel, diesen Zweck zu erfüllen; sie entziehen sich einer systematischen Einordnung. Der Begriff des verwendbaren Eigenkapitals erweist sich daher als technischer, dem Zweck des Anrechnungsverfahrens dienender und untergeordneter Begriff, der nach den Anforderungen des Anrechnungsverfahrens auszulegen ist[2].

 

Rz. 53

Die Definition des verwendbaren Eigenkapitals in § 29 Abs. 2 als Restbetrag nach Abzug des sonstigen Eigenkapitals vom gesamten Eigenkapital ist ausreichend, um den Gesamtbetrag des verwendbaren Eigenkapitals festzustellen. Dieser Gesamtbetrag des verwendbaren Eigenkapitals ist aber im Anrechnungsverfahren nicht von selbstständiger Bedeutung; entsprechend werden nach § 47 nicht der Gesamtbetrag, sondern nur die einzelnen Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals festgestellt. Aus deren Summe ergibt sich der Gesamtbetrag des verwendbaren Eigenkapitals (vgl. § 47 Rz. 4). Zur Ermittlung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals genügt die Definition des § 29 Abs. 2 aber nicht, weil sie eine Aufteilung des verwendbaren Eigenkapitals auf die einzelnen Teilbeträge nicht vorsieht. Es hat daher eine Aufteilung des verwendbaren Eigenkapitals entsprechend seiner steuerlichen Belastung zu erfolgen; dies ist in § 30 geregelt.

 

Rz. 53a

Nach der Definition des § 29 Abs. 2 kann das verwendbare Eigenkapital auch negativ sein, wenn das sonstige Eigenkapital höher ist als das gesamte Eigenkapital. Ein negatives verwendbares Eigenkapital kann sich ergeben aus der Zurechnung von Verlusten (negatives EK 02) und aus der Verrechnung von (verdeckten) Gewinnausschüttungen, wenn kein ausreichendes positives verwendbares Eigenkapital vorhanden ist (Verrechnung nach § 35).

 

Rz. 54

In der Praxis wird das verwendbare Eigenkapital nicht nach der Definition des § 29 Abs. 2 ermittelt, sondern, ausgehend von dem verwendbaren Eigenkapital zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, durch Ermittlung der Zu- und Abgänge. Ausgangspunkt dieser Ermittlung ist das Einkommen[3]. Diese Methode ist zwar nicht ausdrücklich vom Gesetz vorgesehen, jedoch auch nicht verboten; auch § 30 Abs. 1 Nr. 1 und 2 spricht von "Einkommensteilen" (in den sonstigen Nummern von "Vermögensmehrungen" oder "Eigenkapitalteilen"), setzt also die Entwicklung der Gliederungsrechnung aus dem Einkommen zumindest als zulässig voraus. Die Entwicklung aus dem Einkommen ist daher rechtlich zulässig. Der BFH (v. 23.10.1991, I R 97/89, BStBl II 1992, 154) sieht die Ableitung aus dem Einkommen auch als logisch...

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