Prof. Dr. Gerrit Frotscher
1.4.2.2.1 Durchbrechung des Bilanzzusammenhangs
Rz. 11
Wird ein Ansatz der Steuerbilanz ausnahmsweise unter Durchbrechung des Bilanzzusammenhangs erfolgsneutral in der Anfangsbilanz eines Jahres berichtigt (vgl. Frotscher, in Frotscher, EStG, § 4 Rz. 156), muß m. E. eine entsprechende Angleichung in der Gliederungsrechnung zum Schluß des Wirtschaftsjahres erfolgen, in dessen Anfangsbilanz der Wertansatz richtiggestellt worden ist, weil andernfalls die Summe der Teilbeträge und damit das verwendbare Eigenkapital nicht mehr — der gesetzlichen Definition des § 29 entsprechend — mit dem Betriebsvermögen der Steuerbilanz übereinstimmen würde. Da sich Änderungen von Wertansätzen unter Durchbrechung des Bilanzzusammenhangs auf die Höhe des steuerlichen Einkommens nicht auswirken, kann die Angleichung nur im EK 02 erfolgen, und zwar bei erfolgsneutraler Aufstockung als Zugang, bei erfolgsneutraler Abstockung als Abgang im EK 02. Denkbar ist auch eine Angleichung im EK 04, wenn die Änderung des Ansatzes in der Steuerbilanz auf einem Vorgang auf der gesellschaftsrechtlichen Ebene beruht (z. B. verdeckte Einlage). Strenggenommen liegt in diesen Fällen keine Durchbrechung des Zusammenhangs der Gliederung vor, sondern die folgerichtige Übernahme einer steuerneutralen Vermögensmehrung oder -minderung der Steuerbilanz in die Gliederungsrechnung.
1.4.2.2.2 Sonstige Anpassungen
Rz. 12
Führt die verfahrensrechtlich nicht mehr zu korrigierende falsche Ermittlung von Teilbeträgen des verwendbaren Eigenkapitals dazu, daß die Summe der Teilbeträge und damit das verwendbare Eigenkapital nicht mehr mit dem verwendbaren Eigenkapital der Steuerbilanz im Sinne des § 29 übereinstimmt ("originärer" Fehler in der Gliederungsrechnung), ist es ebenfalls erforderlich, eine Angleichung in der Gliederungsrechnung vorzunehmen, weil andernfalls das verwendbare Eigenkapital in seiner Gesamtheit ständig unrichtig ausgewiesen würde. Auch diese Angleichung kann nur über das EK 02 erfolgen.
Beispiel 1:
In dem mit 100.000 DM ermittelten Einkommen sind die Körperschaftsteuer mit 40.000 DM und die sonstigen nichtabziehbaren Ausgaben mit 5.000 DM enthalten. Der Zugang zum EK 40 ist bestandskräftig mit 60.000 DM festgestellt worden, weil die sonstigen nichtabziehbaren Ausgaben von 5.000 DM aufgrund eines nicht unter § 129 AO fallenden Fehlers nicht abgezogen worden sind. Der Unterschied zwischen dem festgestellten Zugang im EK 40 (60.000 DM) und dem tatsächlichen Zugang im verwendbaren Eigenkapital auf Grund der Steuerbilanz (55.000 DM) wird durch einen Negativbetrag von 5.000 DM im EK 02 ausgeglichen.
Beispiel 2:
Einkommen und verwendbares Eigenkapital des Jahres 01 werden wie folgt geschätzt:
Einkommen 01 |
100.000 DM |
Körperschaftsteuer 01 |
./. 40.000 DM |
EK 40 am 31.12.01 |
60.000 DM |
Die Schätzungen werden bestandskräftig.
In den später abgegebenen Steuererklärungen für 01 und 02 werden folgende Einkommensbeträge erklärt:
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01 |
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02 |
StB-Gewinn |
36.000 |
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14.000 |
KSt-Aufwand 01 |
24.000 |
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16.000 |
KSt-Aufwand 02 |
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20.000 |
Einkommen |
60.000 |
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50.000 |
Ausgehend von der bestandskräftigen Schätzung des Jahres 01 entwickelt sich das vEK wie folgt:
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EK 40 |
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EK 02 |
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Summe |
Stand 31.12.01 |
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60.000 |
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60.000 |
Zugang 02 |
50.000 |
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./. 20.000 |
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30.000 |
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+ 30.000 |
Anpassung wegen |
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Differenz 01 |
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./. 40.000 |
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./. 40.000 |
Stand 31.12.02 |
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90.000 |
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./. 40.000 |
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50.000 |
Das belastete EK 40 wird, dem veranlagten Einkommen entsprechend, zutreffend ausgewiesen. Es sind in den beiden Jahren insgesamt 150.000 DM als Einkommen der Steuer unterworfen worden; dementsprechend zeigt das EK 40 einen Bestand von 90.000 DM. Verglichen mit der Steuerbilanz ist dieses Eigenkapital aber zu hoch; nach der Steuerbilanz ist nur ein Eigenkapital von 50.000 DM vorhanden. Es ist also eine Anpassung der Gliederungsrechnung an die Steuerbilanz erforderlich. Das geschieht durch die Angleichung im EK 02 in Höhe von 40.000 DM, d. h. der Differenz zwischen dem für das Jahr 01 geschätzten Einkommen von 100.000 DM und dem tatsächlichen Einkommen von 60.000 DM. Dadurch wird sichergestellt, daß die bestandskräftig zu hoch festgesetzte Körperschaftsteuer für Anrechnungszwecke erhalten bleibt. Eine Verwertung des Körperschaftsteuerguthabens setzt aber bei ordnungsgemäßem Ausschüttungsverhalten voraus, daß im Wege des sogenannten "Leg-ein-hol-zurück-Verfahrens" eine Einlage von 40.000 DM bewirkt wird (vgl. Vor § 27 Rz. 152ff.).