Prof. Dr. Gerrit Frotscher
7.1 Höhe des Abgangs
Rz. 200
Durch Gewinnausschüttungen vermindert sich das verwendbare Eigenkapital. Die Verminderung stimmt aber nicht in jedem Fall mit der vorgenommenen Gewinnausschüttung überein.
Rz. 201
Bei Ausschüttungen aus Teilbeträgen, deren Tarifbelastung höher ist als die Ausschüttungsbelastung (EK 45, EK 40), vermindert sich die Körperschaftsteuer nach § 27. Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 gilt der Betrag der Körperschaftsteuerminderung als für die Ausschüttung verwendet. Die Ausschüttung wird mithin aus zwei Quellen finanziert:
- der Körperschaftsteuerminderung gem. § 27,
- dem Teilbetrag des verwendbaren Eigenkapitals.
Der durch die Ausschüttung bedingte Abgang im verwendbaren Eigenkapital ist um den Körperschaftsteuerminderungsbetrag niedriger als die Ausschüttung, m.a.W. aus dem höherbelasteten Teilbetrag kann eine Ausschüttung vorgenommen werden, die um den Körperschaftsteuerminderungsbetrag höher ist als der Teilbetrag selbst (vgl. auch § 28 Rz. 44ff.).
Das Eigenkapital beträgt 100.000 DM vor Körperschaftsteuer.
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EK 45 |
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EK 40 |
Das belastete EK beträgt |
55.000 |
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60.000 |
1. Abwandlung
Es sollen 50.000 DM ausgeschüttet werden. Die Ausschüttung wird wie folgt finanziert:
aus KSt-Minderung |
10.714 |
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7.143 |
aus EK |
+ 39.286 |
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+ 42.857 |
Bei einer Ausschüttung von |
50.000 |
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50.000 |
beträgt der ausschüttungsbedingte Abgang nur |
39.286 |
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42.857 |
2. Abwandlung
Es soll die mögliche Vollausschüttung bewirkt werden. Die Ausschüttung berechnet sich wie folgt:
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EK 45 |
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EK 40 |
EK |
55.000 |
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60.000 |
KSt-Minderung |
+ 15.000 |
|
+ 10.000 |
mögliche Vollausschüttung |
70.000 |
|
70.000 |
Rz. 202
Bei Ausschüttungen aus Teilbeträgen, deren Tarifbelastung niedriger ist als die Ausschüttungsbelastung (EK 02, EK 03), mit Ausnahme des EK 01 und EK 04, erhöht sich die Körperschaftsteuer gem. § 27. Für die Ausschüttung gilt nach § 28 Abs. 4 Satz 2 der Teilbetrag "höchstens als verwendet, soweit er den nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 von ihm abzuziehenden Erhöhungsbetrag übersteigt". Die Ausschüttung löst mithin zwei Abflüsse aus:
- den Körperschaftsteuererhöhungsbetrag gem. § 27,
- die Barausschüttung.
Der durch die Ausschüttung bedingte Abgang im verwendbaren Eigenkapital ist um den Körperschaftsteuererhöhungsbetrag höher als die Ausschüttung, m.a.W. aus dem Teilbetrag kann (nur) eine Ausschüttung vorgenommen werden, die um den Körperschaftsteuererhöhungsbetrag niedriger ist als der Teilbetrag selbst.
Das EK 02 beträgt 100.000 DM
1. Abwandlung
Es sollen 50.000 DM ausgeschüttet werden. Die Ausschüttung löst folgende Abgänge aus:
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ab Vz 1994 |
Ausschüttung |
50.000 |
KSt-Erhöhung |
+ 21.428 |
ausschüttungsbedingter Abgang |
71.428 |
Der ausschüttungsbedingte Abgang beträgt 100/70 (ab Vz 1994) der Ausschüttung.
2. Abwandlung
Es soll die mögliche Vollausschüttung bewirkt werden.
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ab Vz 1994 |
Vorhandenes EK 02 |
100.000 DM |
KSt-Erhöhung |
./. 30.000 DM |
mögliche Vollausschüttung |
70.000 DM |
Die mögliche Vollausschüttung beträgt 70/100 (ab Vz 1994) des EK 02 (vgl. auch § 28 Rz. 47ff.).
Rz. 203
Bei Ausschüttungen aus dem EK 30, EK 01 und EK 04 (ab Vz 1994) entspricht der ausschüttungsbedingte Abgang der Ausschüttung, und zwar
- bei Ausschüttung aus dem EK 30, weil die Tarifbelastung der Ausschüttungsbelastung entspricht und somit eine Minderung oder Erhöhung der Körperschaftsteuer nicht eintritt,
- bei Ausschüttung aus dem EK 04 und, ab Vz 1994, zusätzlich aus dem EK 01, weil eine Körperschaftsteuererhöhung gem. § 40 nicht vorzunehmen ist.
7.2 Zeitpunkt des Abgangs
7.2.1 Ausschüttungen aufgrund eines den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Beschlusses für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr
Rz. 204
Berechnungsgrundlage für die Ermittlung der Körperschaftsteuerminderung (-erhöhung) und damit des ausschüttungsbedingten Abgangs ist bei Gewinnausschüttungen aufgrund eines den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Beschlusses für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr das verwendbare Eigenkapital am Schluß des dem Ausschüttungsbeschluß vorangehenden Wirtschaftsjahrs (vgl. § 28 Rz. 13). Das gilt auch bei verspätet beschlossenen Gewinnausschüttungen (vgl. § 28 Rz. 17) oder bei Zusammentreffen von Gewinnausschüttungsbeschlüssen für mehrere Jahre (vgl. § 27 Rz. 88). Die Ermittlung der Körperschaftsteuerminderung (-erhöhung) und des ausschüttungsbedingten Abgangs erfolgt im Anschluß an die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals, das die Berechnungsgrundlage bildet, in einem nachrichtlichen Teil des Gliederungsvordrucks.
Rz. 205
Mit dem Gewinnverwendungsbeschluß entsteht für den Anteilseigner ein Anspruch auf Auszahlung der Gewinnanteile, für die Körperschaft eine entsprechende Verpflichtung, die handels- und steuerbilanzlich nur als Verbindlichkeit ausgewiesen werden kann. Es ist daher die Ansicht vertreten worden, den ausschüttungsbedingten Abgang im verwendbaren Eigenkapital bereits in dem Wirtschaftsjahr vorzunehmen, in dem der Gewinnverwendungsbeschluß gefaßt wurde, weil mit dem Gewinnverwendungsbeschluß die Umwandlung von Eigenkapital (Gewinn) in Fremdkapital (Verbindlichkeit gegenüber dem Anteilseigner) erfolgt ist (vgl. § 27 Rz. 45). Nach BFH v. 9.12.1987 (I R 260/83, BStBl II 1988, 460) ist der ausschüttungsbedingte Abgang jedoch ...