Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 6
Ist sowohl im EK 56 als auch im EK 50 und im EK 36 ein positiver Betrag enthalten, so fehlt eine Vorschrift darüber, in welcher Reihenfolge das belastete Eigenkapital für die Umgliederung zu verwenden ist. Lademann/Jünger (KStG, § 34 Anm. 8) halten es für zulässig, wenn die Erlaßverfügung über die Reihenfolge der Umgliederung eine Bestimmung trifft. M.E. ist dies unrichtig, da die Reihenfolge der Umgliederung für die Höhe der Steuerbelastung von entscheidender Bedeutung sein kann. Sollte diese Frage ins Ermessen der Verwaltung gestellt sein, hätte es für eine solche, den Steuerpflichtigen möglicherweise belastende Verfügung, einer gesetzlichen Ermächtigung bedurft. Da diese nicht vorhanden ist, bietet es sich an, den Rechtsgedanken des § 28 Abs. 2 anzuwenden. Danach ist bei Ver
wendungen des Eigenkapitals die für den Steuerpflichtigen günstigste Reihenfolge zu wählen; das am höchsten belastete Eigenkapital soll in erster Linie für Ausschüttungen zur Verfügung stehen. Dementsprechend sollte auch bei einem Erlaß das am höchsten belastete Eigenkapital für Ausschüttungen erhalten bleiben: Die belasteten Teilbeträge sind daher in der umgekehrten Reihenfolge des § 28 Abs. 2 für die Umgliederung zu verwenden.
Im Wirtschaftsjahr 05 wird Körperschaftsteuer in Höhe von 60.000 DM erlassen (ursprüngliche Körperschaftsteuer: 100.000 DM), die für verschiedene Veranlagungszeiträume angefallen ist.
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EK 56 |
EK 50 |
EK 36 |
EK 02 |
Anfangsbestand |
47.080 |
30.000 |
17.920 |
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Umgliederung EK 03 |
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./. 17.920 |
17.920 |
Umgliederung EK 50 |
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./. 30.000 |
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30.000 |
Umgliederung EK 56 |
./. 15.651 |
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15.651 |
KSt-Erlaßbetrag |
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60.000 |
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31.429 |
0 |
0 |
123.571 |
Berechnungsweise: Zuerst ist das EK 36 umzugliedern. Bei einem Erlaßbetrag von 60.000 DM beträgt der aus dem EK 36 auszugliedernde Betrag (64/36 × 60.000 DM =) 106.667 DM; da dieser Bestand im EK 36 nicht vorhanden ist, ist der gesamte Bestand des EK 36 (= 17.920 DM) umzugliedern. Dieser Bestand im EK 36 repräsentiert eine Körperschaftsteuer (Erlaßbetrag) von (36/64 von 17.920 DM =) 10.080 DM. Daher ist noch ein Betrag umzugliedern, der dem restlichen Erlaßbetrag von (60.000 DM — 10.080 DM =) 49.920 DM entspricht. Von diesem Betrag ist der Bestand des EK 50 umzugliedern; 30.000 DM EK 50 entsprechen 50/50 dieses Bestandes an Körperschaftsteuer, also ebenfalls 30.000 DM. Es verbleiben daher (49.920 DM — 30.000 DM =) 19.920 DM Körperschaftsteuer; die diesem Betrag aus dem EK 56 umzugliedernde Körperschaftsteuer beträgt (19.920 DM × 44/56 =) 15.651 DM, der ebenfalls in das EK 02 umzugliedern ist.
Probe: |
Ursprüngliche KSt |
100.000 |
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Erlassene KSt |
60.000 |
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noch vorhandenes Anrechnungsguthaben |
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EK 56 (56/44 von 31.429) = |
40.000 |
Rz. 7
Zu unterscheiden von der Frage, in welcher Reihenfolge die einzelnen Teilbeträge des Eigenkapitals anzusprechen sind (vgl. Rz. 6), ist die Frage, in welcher Reihenfolge die einzelnen Veränderungen innerhalb einer Position des verwendbaren Eigenkapitals anzusetzen sind, ob also die Umgliederung nach § 34 vor oder nach den sonstigen Veränderungen des betreffenden Teilbetrages anzusetzen sind (z. B. Ausschüttungen, Zugänge).
Abschn. 82 Abs. 2 KStR, und diesen folgend die Körperschaftsteuerformulare, gehen davon aus, daß vor den sich aus § 34 ergebenden Änderungen die Gewinnausschüttungen und sonstigen Leistungen i.S.d. § 41 sowie die Zugänge aus dem Einkommen zu berücksichtigen sind. Die Änderungen aufgrund der §§ 38 und 41 Abs. 3 (wie früher die Änderung nach § 39) sollen dagegen nach den aus § 34 resultierenden Umgliederungen zu berücksichtigen sein. Gesetzlich ist diese Frage nicht geregelt; ihre Entscheidung kann, je nach Lage des Falles, zu Belastungen oder Begünstigungen für den Steuerpflichtigen führen. Eine Belastung kann etwa darin liegen, daß Anrechnungsguthaben verlorengeht, während eine Begünstigung dann vorliegt, wenn zur Zeit der Umgliederung kein belastetes Eigenkapital vorhanden ist (vgl. Rz. 15) und die Zugänge, die zu belastetem Eigenkapital führen, erst nach der Umgliederung nach § 34 eingestellt werden; insoweit bleibt dann das Anrechnungsguthaben erhalten. Wegen der Bedeutung dieser Frage wäre eine gesetzliche Regelung wünschenswert gewesen. Da eine solche Regelung aber nicht vorhanden ist, muß die Entscheidung nach sachlichen Kriterien erfolgen. Dem wird die Regelung der Richtlinien nicht in vollem Umfang gerecht.
Rz. 8
Es ist m. E. richtig, daß die Umgliederung nach § 34 nach den KStR nach der Berücksichtigung der offenen Ausschüttungen für das Vorjahr erfolgen muß. Diese Ausschüttungen betreffen einen Zeitraum vor dem Erlaß; die hieraus resultierenden Körperschaftsteueränderungen (Minderungen oder Erhöhungen) waren bereits bei der Veranlagung des Vorjahres zu berücksichtigen, so daß es nicht gerechtfertigt wäre, durch eine konstitutive Maßnahme des Folgejahres (Erlaß) die Wirkungen der Ausschüttung zu verändern. Allerdings beruht auch die Ausschüttung auf einem konstitutiven Akt des Folgejahres (dem Gewinnverwendungsbeschluß), s...