Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 5
Ob bei der Organgesellschaft Rücklagen gebildet worden sind, richtet sich nach steuerbilanzrechtlichen Grundsätzen. Das bedeutet, daß Rücklagen in diesem Sinne nicht nur die gesetzlichen und die zulässigen freien Rücklagen nach § 14 Nr. 5 sind, sondern auch handelsrechtlich zulässige, steuerrechtlich unzulässige Rückstellungen.
Werden Rücklagen in diesem Sinne bei der Organgesellschaft gebildet, bedeutet dies, daß handelsrechtlich der um die Rücklagen geminderte Jahresüberschuß (der HB-Gewinn) abgeführt wird, die Vermögensmehrung nach der Steuerbilanz, die (zuzüglich der nicht abzugsfähigen Ausgaben) dem Organträger zuzurechnen ist, daher höher ist als der HB-Gewinn. In der Steuerbilanz des Organträgers ist daher in Höhe der dem Organträger zuzurechnenden, handelsrechtlich aber bei der Organgesellschaft verbleibenden Rücklage ein aktiver Ausgleichsposten zu bilden. Seine Bedeutung gewinnt dieser Ausgleichsposten bei einer Veräußerung der Beteiligung am Organ. Infolge der Rücklage wird bei der Veräußerung ein höheres Entgelt erzielt werden; dieser Mehrbetrag, der auf den Rücklagen beruht, ist steuerrechtlich dem Organträger jedoch bereits früher als Einkommen zugerechnet und bei ihm versteuert worden, so daß eine nochmalige Versteuerung in Form des Veräußerungsgewinns verhindert werden muß. Der auf der Rücklage beruhende Mehrerlös wird daher gegen den aktiven Ausgleichsposten verrechnet; insoweit liegt steuerbilanzrechtlich ein Aktivtausch vor, der gewinneutral ist (vgl. hierzu § 14 Rz. 182).
Rz. 6
In der Gliederung des Eigenkapitals des Organträgers wirft diese Bildung des aktiven Ausgleichspostens keine besonderen Fragen auf, wenn der Organträger zu 100 % an der Organgesellschaft beteiligt ist. Der Ausgleichsposten entspricht dann der bei dem Organ gebildeten Rücklage; diese Rücklage ist steuerrechtlich dem Organträger zugerechnet worden, so daß sich Vermögensmehrung nach der Steuerbilanz (in der der Ausgleichsposten vermögenserhöhend enthalten ist) und zugerechnetes Einkommen (nach Abzug der nicht abzugsfähigen Ausgaben) bzw. Vermögensmehrung im verwendbaren Eigenkapital (in dem die Rücklage enthalten ist) decken. Diese Vermögensmehrung ist nach allgemeinen Vorschriften zu besteuern und führt regelmäßig zu einem EK 45.
Rz. 7
Anders ist es jedoch, wenn die Beteiligung des Organträgers nicht 100 % beträgt. In diesen Fällen soll nach der Verwaltungsauffassung der Ausgleichsposten in der Steuerbilanz des Organträgers nicht 100 % betragen, sondern der Höhe der Beteiligung entsprechen (hierzu sowie zur Kritik dieser Ansicht § 14 Rz. 183ff.). Bei Bildung der Rücklage bei der Organgesellschaft war dem Organträger aber nicht nur ein seiner Beteiligung entsprechender Teil der Rücklage im Einkommen zugerechnet worden, sondern der ganze Betrag. Dieser im Einkommen enthaltene Betrag ist auch in die Gliederungsrechnung eingegangen, die damit, wenn die Ansicht der Finanzverwaltung zugrunde gelegt wird, von der Steuerbilanz abweicht. Um die Übereinstimmung wieder herzustellen, ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Ausgleichsposten und der dem Organträger zugerechneten Rücklage im Eigenkapital des Organträgers als negativer Betrag in das EK 02 einzustellen. Damit wird der im belasteten Eigenkapital zu hoch ausgewiesene Zugang wieder korrigiert; der Vorteil dieser Lösung gegenüber einer Verminderung der Zugänge im belasteten Eigenkapital liegt darin, daß die gezahlte Körperschaftsteuer anrechenbar bleibt, während bei einer Verminderung der Zugänge Anrechnungsguthaben vernichtet wird.
Im Beispiel in Rz. 2 ist der Organträger zu 75 % an dem Organ beteiligt; das Organ hat eine zulässige Rücklage (oder handelsrechtlich zulässige Rückstellung, die steuerrechtlich unzulässig ist) in Höhe von 10.000 gebildet.
Entwicklung des Eigenkapitals und des Einkommens bei dem Organträger:
eigenes Einkommen des Organträgers vor nicht abzugsfähigen Steuern |
|
155.000 |
Ergebnisübernahme vom Organ (40.000 ./. 10.000 Rücklage) |
|
30.000 |
|
|
185.000 |
Körperschaftsteuer |
./. |
90.000 |
Vermögensteuer des Organträgers |
./. |
10.000 |
HB-Gewinn |
|
85.000 |
Ergebnisübernahme vom Organ |
./. |
30.000 |
Körperschaftsteuer |
+ |
90.000 |
Vermögensteuer Organträger |
+ |
10.000 |
Einkommen des Organs (ändert sich gegenüber Rz. 2 durch die Rücklagenbildung nicht) |
+ |
45.000 |
Einkommen |
|
200.000 |
Die Steuerbilanz des Organträgers hat folgendes Aussehen: |
div. Aktiva |
275.000 |
Stammkapital |
220.000 |
Gewinnabführung |
|
eigener Gewinn |
55.000 |
von Organ |
30.000 |
Gewinn Organ |
30.000 |
Ausgleichs- |
|
zusätzlicher Steuer- |
|
posten |
7.500 |
bilanzgewinn Organ |
7.500 |
|
312.500 |
|
312.500 |
Der aktive Ausgleichsposten aus der Bildung der Rücklage bei der Organgesellschaft errechnet sich mit 75 % von 10.000 DM = 7.500 DM.
Gliederung des Eigenkapitals des Organträgers:
|
|
|
EK 45 |
EK 02 |
Zugang |
|
200.000 |
|
|
KSt |
./. |
90.000 |
|
|
VSt Organträger |
./. |
10.000 |
|
|
VSt Organ |
./. |
5.000 |
95.000 |
|
Differenz Rücklage ./. Ausgleichsposten (10.000 ./. 7.500) |
|
|
|
./. 2.500 |
|
|
|
95.000 |
./. 2.500 |
In der Summe entspricht...