Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 2
Nach Abs. 2 ist es in der Gliederungsrechnung der Organgesellschaft zu erfassen, wenn die dem Organträger zuzurechnenden Vermögensmehrungen den abgeführten Gewinn übersteigen oder hinter ihm zurückbleiben. Zum Verständnis dieser Vorschrift sind die Begriffe "Gewinn" (= Handelsbilanzgewinn), "Vermögensmehrungen" (nach der Steuerbilanz) und "Einkommen" zu unterscheiden. Diese drei Begriffe hängen folgendermaßen miteinander zusammen:
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Handelsbilanzgewinn |
+ ./. |
Vermögensmehrungen und Vermögensminderungen, die sich aus der Steuerbilanz ergeben |
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Vermögensmehrungen nach der Steuerbilanz |
+ ./. |
nicht abzugsfähige Ausgaben |
+ ./. |
steuerfreie Vermögensmehrungen/-minderungen |
+ ./. |
außerbilanzliche Hinzu-/Abrechnungen |
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Einkommen |
In der Handelsbilanz des Organträgers wird der abgeführte Handelsbilanzgewinn der Organgesellschaft ausgewiesen; bei der steuerlichen Einkommensermittlung für den Organträger wird dieser abgeführte Handelsbilanzgewinn aus der Bilanz des Organträgers eliminiert und durch das Einkommen der Organgesellschaft ersetzt (vgl. § 36 Rz. 2). Für die Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals ist nunmehr als weiterer Begriff der der Vermögensmehrung nach der Steuerbilanz heranzuziehen. Die Vermögensmehrungen nach der Steuerbilanz können von den Vermögensmehrungen nach der Handelsbilanz (bzw. dem an den Organträger abgeführten Handelsbilanzgewinn) abweichen; das ist der Fall, wenn bei der Organgesellschaft Rücklagen gebildet werden, da diese einerseits nicht im Handelsbilanzgewinn des Organs enthalten sind und daher handelsrechtlich nicht abgeführt werden, andererseits aber im Einkommen des Organs, das dem Organträger zugerechnet wird, enthalten sind. Entsprechendes gilt bei Bildung handelsrechtlich zulässiger, steuerlich aber unzulässiger Rückstellungen bei der Organgesellschaft; steuerrechtlich werden diese Rückstellungen bei dem Organ wie eine Rücklage behandelt. Bei dem Organträger führt die Bildung einer solchen Rücklage zu einem steuerlichen Ausgleichsposten (vgl. § 36 Rz. 5—10).
Die Zurechnung der Rücklage im Einkommen an den Organträger ändert nichts daran, daß die entsprechenden Rücklagen in der Bilanz der Organgesellschaft enthalten sind; im Gegensatz zum Handelsbilanzgewinn, der handelsrechtlich an den Organträger abgeführt und ihm steuerrechtlich auch zugeführt wird, werden diese Rücklagen dem Organträger zwar steuerrechtlich zugerechnet, handelsrechtlich aber nicht abgeführt. Das Vermögen der Organgesellschaft wird also um den Betrag der Rücklage höher. Diese Vermögensmehrung muß daher in der Gliederungsrechnung der Organgesellschaft ihren Niederschlag finden.
Rz. 3
§ 37 Abs. 2 S. 1 erfaßt nicht nur diesen Fall der Bildung einer handelsrechtlich und steuerrechtlich zulässigen Rücklage; erfaßt werden auch eine handelsrechtlich zulässige, steuerrechtlich aber unzulässige Rückstellung sowie sonstige Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz, die zu einem gegenüber dem Handelsbilanzvermögen höheren Steuerbilanzvermögen führen (z. B. steuerlich nicht anerkannte AfA).
Wird steuerrechtlich eine solche Rücklage bei der Organgesellschaft gebildet, ist die steuerbilanzliche Vermögensmehrung größer als der abgeführte Handelsbilanzgewinn des Organs, da die Rücklage das Steuerbilanzergebnis erhöht, nicht aber den Handelsbilanzgewinn. Dies drückt § 37 Abs. 2 S. 1 so aus, daß die dem Organträger zuzurechnende Vermögensmehrung (nach der Steuerbilanz) den (abgeführten) Handelsbilanzgewinn übersteigt. Dieser Unterschiedsbetrag, um den die Vermögensmehrung nach der Steuerbilanz höher ist als der Handelsbilanzgewinn, d. h. also der Betrag der Rücklage, ist in das EK 04 einzustellen. Es wird also fingiert, daß dieser Differenzbetrag an den Organträger abgeführt und von diesem dann wieder bei der Organgesellschaft eingelegt worden ist. Mit dieser Regelung wird berücksichtigt, daß dieser Betrag über das dem Organträger zuzurechnende Einkommen in das verwendbare Eigenkapital des Organträgers Eingang gefunden hat und bei dem Organträger versteuert worden ist.
Die Fiktion der Einlage erklärt, wieso das Vermögen des Organträgers erhöht wird (aktiver Ausgleichsposten), obwohl sich das entsprechende Vermögen (in Form der Rücklage) bei der Organgesellschaft befindet. Die "Einlage" erhöht in der Form des aktiven Ausgleichspostens den Beteiligungsansatz bei dem Organträger, wie jede andere Einlage auch; das entsprechende Vermögen befindet sich als eingelegtes Vermögen bei der Organgesellschaft.
Das bei dem Organträger dadurch ausgewiesene Mehrvermögen bildet EK 45 und nimmt bei einer Ausschüttung des Organträgers an dem Anrechnungsverfahren teil. Zwar können genau dieselben Beträge bei dem Organträger nicht ausgeschüttet werden, da sie handelsrechtlich nicht abgeführt wurden und daher auch nicht in einen handelsrechtlichen Gewinnverwendungsbeschluß aufgenommen werden können; da aber das Anrechnungsverfahren darauf verzichtet, festzustellen, welche Beträge im einzelnen für die Ausschüttung verwendet wurden, sondern di...