Prof. Dr. Gerrit Frotscher
2.1 Übersicht über die Regelung
Rz. 7
§ 38 regelt den Fall, daß das Vermögen einer Anrechnungskörperschaft im Wege der Verschmelzung nach § 2 UmwStG durch Gesamtrechtsnachfolge auf eine Anrechnungskörperschaft übergeht.
Durch die Verschmelzung können Angleichungen des verwendbaren Eigenkapitals oder im Bereich des Nennkapitals notwendig werden. Die gesetzliche Regelung des § 38 sieht für diese Angleichungen drei Stufen vor:
1. Stufe: Zusammenrechnung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals (Rz. 11);
2. Stufe: Angleichung der Nennkapitalbeträge (Rz. 18);
3. Stufe: Angleichung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals (Rz. 23).
2.2 Persönlicher und sachlicher Geltungsbereich
Rz. 8
Nach dem Wortlaut des § 38 Abs. 1 umfaßt der persönliche Anwendungsbereich als übertragende Körperschaft Kapitalgesellschaften (AG, KGaA, GmbH, vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1), als übernehmende Körperschaft unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften oder sonstige unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften i.S.d. § 43. Anrechnungskörperschaften, die nicht Kapitalgesellschaften sind, also Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, bestimmte wirtschaftliche Vereine und bestimmte Realgemeinden (vgl. § 43 Rz. 1) sind daher dem Wortlaut nach nur als übernehmende Körperschaften, nicht aber als übertragende Körperschaften einbezogen. § 43 gilt jedoch allgemein im Bereich des Anrechnungsverfahrens, und somit auch im Rahmen des § 38. Daher kann auch übertragende Körperschaft jede Anrechnungskörperschaft sein. § 38 erfaßt daher, allgemein gesprochen, die Verschmelzung einer Anrechnungskörperschaft mit einer Anrechnungskörperschaft.
Übertragende und übernehmende Körperschaft einer Verschmelzung können auch Organgesellschaften sein. Organgesellschaften sind Steuersubjekte und unbeschränkt steuerpflichtig, ihre Eigenschaft, an einer Verschmelzung teilzunehmen, ist daher nicht eingeschränkt. Nach § 36 Nr. 3 treffen die Wirkungen der Gesamtrechtsnachfolge, und damit der Verschmelzung, die Organgesellschaft, nicht den Organträger. Diese Wirkungen sind daher in der Bilanz und Gliederungsrechnung der Organgesellschaft zu erfassen. Ein durch Gesamtrechtsnachfolge von der Organgesellschaft erworbenes Vermögen wird nicht von der Gewinnabführung erfaßt, verbleibt also bei der Organgesellschaft.
Rz. 9
Nach der ausdrücklichen Regelung des § 38 Abs. 1 S. 1 muß die übernehmende Körperschaft unbeschränkt steuerpflichtig sein. Nach § 1 KStG bedeutet dies, daß sie Sitz oder Geschäftsleitung im Inland haben muß. § 1 UmwG führt aber zu einer weiteren Einschränkung. Danach ist das Umwandlungsgesetz, und damit auch die Regelungen über die Verschmelzung, an die § 38 KStG anknüpft, nur anwendbar, wenn sich der Sitz im Inland befindet; nur Geschäftsleitung im Inland genügt also nicht. Unter Sitz ist dabei diejenige Regelung zu verstehen, die zur Anwendung des deutschen Rechts führt.
Für die übertragende Gesellschaft sieht § 38 Abs. 1 KStG nicht ausdrücklich unbeschränkte Steuerpflicht vor; da aber auch die übertragende Körperschaft Anrechnungskörperschaft sein muß, und diese Eigenschaft unbeschränkte Steuerpflicht voraussetzt, muß auch die übertragende Körper
schaft unbeschränkt steuerpflichtig sein. Zusätzlich gilt auch insoweit § 1 UmwG, wonach sich der Sitz im Inland befinden muß. Da auch hier die Regeln über die Verschmelzung, und damit deutsches Recht, anwendbar sein muß, und dies nur der Fall ist, wenn die übertragende Körperschaft dem deutschen Recht unterliegt, muß sich, ebenso wie bei der übernehmenden Körperschaft, auch die Geschäftsleitung im Inland befinden. Ebenfalls nicht anwendbar ist § 38, wenn eine der beteiligten Körperschaften beschränkt steuerpflichtig ist.
Rz. 10
Zum sachlichen Geltungsbereich bestimmt § 38 Abs. 1, daß § 38 auf Verschmelzungen i.S.d. § 2 UmwStG anwendbar ist. Von den Tatbeständen des Umwandlungssteuergesetzes erfaßt daher § 38 nur die Verschmelzung, §§ 11—13 UmwStG. Für die anderen Tatbestände des UmwStG hat § 38 keine Bedeutung.
§ 38 gilt aber nicht für alle Verschmelzungen des § 11 UmwStG, sondern nur für Verschmelzungen von Anrechnungskörperschaften (vgl. Rz. 8). Sind an der Verschmelzung als übertragende und/oder übernehmende Körperschaft nicht dem Anrechnungsverfahren unterliegende Körperschaften beteiligt, ist § 38 nicht anwendbar. Da Körperschaften, die nicht Anrechnungskörperschaft sind, kein verwendbares Eigenkapital haben, besteht kein Bedarf für eine dem § 38 entsprechende Regelung.
2.3 Zusammenrechnung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals
Rz. 11
Die Übernahme des Vermögens einer Anrechnungskörperschaft durch eine andere Anrechnungskörperschaft durch Verschmelzung wird nach § 38 Abs. 1 S. 1 in der Gliederungsrechnung der übernehmenden Körperschaft in der Weise berücksichtigt, daß die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals der übertragenden Körperschaft zu den Teilbeträgen des verwendbaren Eigenkapitals der übernehmenden Körperschaft hinzugerechnet werden. Die Zusammenre...