Rz. 1a

Bis einschließlich Vz 1993 wurden Auskehrungen aus dem EK 01 nach den allgemeinen Regeln behandelt. Die Ausschüttung führte zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung, beim Anteilseigner wurde die Ausschüttungsbelastung angerechnet. Diese Regelung barg für Nichtanrechnungsberechtigte, insbesondere für ausländische Anteilseigner, einen erheblichen Nachteil. Die ausländischen Einkünfte, die bereits im Ausland besteuert worden waren, wurden bei Ausschüttung der inländischen Anrechnungskörperschaft an ihren ausländischen Anteilseigner im Inland nochmals besteuert, wobei die Ausschüttungsbelastung mangels einer Anrechnungsberechtigung definitiv wurde. Die Bundesrepublik war damit nicht als Standort für internationale Holdinggesellschaften geeignet, da allein infolge des Durchschleusens ausländischer Einkünfte durch die Bundesrepublik eine zusätzliche Steuer entstand.

Zur Vermeidung dieses Ergebnisses wurde durch das StandOG vom 13.9.1993[1] eine neue Nr. 1 in § 40 eingefügt. Danach wird die Körperschaftsteuer auch bei Ausschüttungen aus dem Teilbetrag nach § 30 Abs. 2 Nr. 1, also dem EK 01, nicht erhöht. Gleichzeitig wurden die Regelungen der § 8b Abs. 1, § 30 Abs. 2 Nr. 1 geschaffen, wonach Ausschüttungen aus dem EK 01 bei Empfängern, die Körperschaften sind, nicht zum steuerpflichtigen Einkommen gehören, sondern ohne Steuerbelastung in das EK 01 einzustellen sind. Auf der Stufe der Anrechnungskörperschaft entspricht die Behandlung von Ausschüttungen aus dem EK 01 damit der von Ausschüttungen aus dem EK 04.

Auf der Ebene der Anteilseigner sind Ausschüttungen aus dem EK 01 Bestandteil der steuerpflichtigen Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1; sie gehören dort also zum Einkommen (abgesehen von der Sonderregelung des § 8b Abs. 1; vgl. § 8b Rz. 6) und unterliegen bei dem Anteilseigner der Steuer. Körperschaftsteuer wird insoweit nicht angerechnet, da die Anrechnungskörperschaft keine Ausschüttungsbelastung hergestellt hat. Auf der Ebene des Anteilseigners unterscheidet sich daher die Auskehrung von EK 01 von der Auskehrung von EK 04.

Zur praktischen Durchführung dieser Regelung bestimmt § 44 Abs. 1 Nr. 6, dass in der Steuerbescheinigung der Betrag der Auskehrung aus dem EK 01 zu bescheinigen ist. Dadurch kann das für die Besteuerung des Anteilseigners zuständige Finanzamt ersehen, für welche Teile der Ausschüttung kein Anrechnungsguthaben zu gewähren ist.

§ 40 Nr. 1 gilt für Ausschüttungen, die auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluß für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr beruhen ("offene Ausschüttungen") und in einem nach dem 31.12.1993 endenden Wirtschaftsjahr abfließen.

Für "andere Ausschüttungen", insbesondere verdeckte Gewinnausschüttungen, wurde die Übergangsregelung durch Gesetz vom 21.12.1993[2] geändert. Ursprünglich galt die gleiche Übergangsregelung wie für offene Ausschüttungen; das hätte bedeutet, dass die Neuregelung für Ausschüttungen, die im Jahr 1993 abgeflossen sind, noch nicht gegolten hätte. Da diese Ausschüttungen aber wie ­offene, im Jahr 1994 vorgenommene Ausschüttungen gegen das verwendbare Eigenkapital zum 31.12.1993 zu verrechnen sind, wären Ausschüttungen, für die die Neuregelung schon gilt (offene Ausschüttungen in 1994) mit Ausschüttungen zusammengetroffen, für die noch das alte Recht anzuwenden ist (andere Ausschüttungen des Jahres 1993). Das hätte Schwierigkeiten in der Reihenfolge der Berechnung mit sich gebracht[3]. Für andere Ausschüttungen und sonstige Leistungen gilt die Neuregelung, wenn diese in dem letzten vor dem 1.1.1994 endenden Wirtschaftsjahr und späteren Wirtschaftsjahren abgeflossen sind (zum Kreis der anderen Ausschüttungen und sonstigen Leistungen vgl. § 27 Rz. 81).

Die Neuregelung mit dem Wegfall der Herstellung der Ausschüttungsbelastung bei Ausschüttungen aus dem EK 01 greift weit in die Vergangenheit zurück, d. h., sie gilt auch für Ausschüttungen, für die bereits die Ausschüttungsbelastung hergestellt und eine Steuerbescheinigung erteilt wurde. Um insoweit Schwierigkeiten zu vermeiden, bestand ein Wahlrecht, zur Anwendung des alten Rechts zu optieren (vgl. § 27 Rz. 25d).

Ohne Bedeutung für den zeitlichen Anwendungsbereich des § 40 Nr. 1 ist, zu welchen Zeitpunkten die ausländischen Einkünfte in das EK 01 eingestellt wurden. Auch ausländische Einkünfte, die in den Vz 1977 — 1993 erzielt und in das EK 01 eingestellt wurden, fallen daher bei Ausschüttung in einem Wirtschaftsjahr, das nach dem 31.12.1993 endet, unter die Neuregelung, d. h., die Ausschüttungsbelastung ist nicht herzustellen.

Kapitalertragsteuer wird bei Ausschüttungen aus dem EK 01 auch nach dem 31.12.1993 weiterhin erhoben, soweit ein Steuertatbestand der §§ 43ff. EStG erfüllt ist.

[1] BStBl I 1993, 774.
[2] BStBl I 1994, 50.
[3] Vgl. Dötsch, DB 1993, 1790, 1794.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge