Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 92
Abs. 4 S. 3 enthält eine Sonderregelung für den Fall, daß eine Anrechnungskörperschaft ohne Holdingeigenschaft eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft hält. Durch diese Sonderregelung soll verhindert werden, daß innerhalb einer Beteiligungskette der safe haven für das, wirtschaftlich betrachtet, gleiche Kapital mehrfach berücksichtigt wird.
Die Anrechnungskörperschaft A hat ein Eigenkapital von 1.000 DM; hierin enthalten ist die Beteiligung zu 100 % an der Kapitalgesellschaft B mit 300 DM (Buchwert: 300 DM, Nennkapital der B: 300 DM). Ohne eine besondere Regelung würde nun bei Ermittlung des safe haven für A das Eigenkapital von 1.000 DM zugrunde gelegt, obwohl dieses Eigenkapital in Höhe von 300 DM die Beteiligung an B repräsentiert; bei B bilden diese 300 DM ebenfalls die Berechnungsgrundlage für den safe haven. Dieser Betrag erhöht daher den safe haven sowohl bei der A als auch bei der B.
Durch Hintereinanderschalten mehrerer Kapitalgesellschaften wäre der safe haven für das, wirtschaftlich betrachtet, gleiche Eigenkapital mehrfach zu gewähren ("Kaskadeneffekt").
Rz. 93
Zur Vermeidung dieses Kaskadeneffekts bestimmt Abs. 4 S. 3, daß das Eigenkapital nach Abs. 2, das der Ermittlung des "anteiligen Eigenkapitals" dient, um den Buchwert der Beteiligung zu vermindern ist. Auf diese Weise wird dieser Betrag, der das in der Tochtergesellschaft investierte Eigenkapital repräsentiert, nur bei dem safe haven der Tochtergesellschaft, nicht dem der Muttergesellschaft, berücksichtigt; eine mehrfache Berücksichtigung ist ausgeschlossen.
Die Kürzung des Eigenkapitals um den Buchwert der Beteiligung findet auch statt, wenn es sich bei der Beteiligung um eine Minderheitsbeteiligung handelt; das Vorliegen einer wesentlichen Beteiligung ist nicht Voraussetzung.
Die Regelung des Abs. 4 S. 3 gilt nur, wenn die Muttergesellschaft nicht eine Holdinggesellschaft i.S.d. Abs. 4 S. 1 ist; bei Holdinggesellschaften wird eine Mehrfachberücksichtigung dadurch ausgeschlossen, daß bei der Tochtergesellschaft überhaupt kein safe haven berücksichtigt wird (vgl. Rz. 91).
Die Regelung greift bei der Ermittlung des "anteiligen Eigenkapitals" nach Abs. 2 an, gilt also sowohl für die erfolgsabhängigen Vergütungen nach Abs. 1 Nr. 1 als auch für die nicht erfolgsabhängigen Vergütungen nach Abs. 1 Nr. 2.
Rz. 94
Da die Regelung des Abs. 4 S. 3 aber die Kumulierung von safe haven verhindern soll, ist sie nur anwendbar, wenn der Tochtergesellschaft überhaupt ein safe haven zusteht. Ist die Tochtergesellschaft eine ausländische Körperschaft, auch wenn sie einer Kapitalgesellschaft entspricht, ist § 8a auf sie überhaupt nicht anwendbar, da sie keine Anrechnungskörperschaft ist; es gibt für sie auch keinen safe haven. Das Eigenkapital der Muttergesellschaft ist daher um den Buchwert ausländischer Beteiligungen nicht zu kürzen.