Prof. Dr. Gerrit Frotscher
3.1 Veräußerung der Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft durch eine inländische Körperschaft (Abs. 2)
Rz. 26
Abs. 2 enthält eine sachliche Steuerbefreiung für Körperschaften, die an ausländischen Gesellschaften beteiligt sind. Im Gegensatz zu Abs. 1 handelt es sich also nicht um eine Steuervergünstigung bei Weiterausschüttung von ausländischen Einkünften durch eine inländische Anrechnungskörperschaft an eine andere Körperschaft (also im Verhältnis zweier inländischer Gesellschaften zueinander), sondern um eine Steuerbefreiung bezüglich einer Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft (also im Verhältnis einer inländischen Gesellschaft zu einer ausländischen Gesellschaft).
Die Steuerbefreiung ist als Ergänzung zu der Steuerbefreiung oder Steuerbegünstigung der Ausschüttung der ausländischen Gesellschaft an die inländische Gesellschaft nach DBA oder § 26 Abs. 2, 3 konzipiert. Sind die Dividendenausschüttungen steuerbegünstigt, soll die Steuerbegünstigung auch dann eintreten, wenn die Gewinne der ausländischen Tochtergesellschaft thesauriert werden und daher Veräußerungs- und Liquidationsgewinne usw. höher ausfallen. Ein sachlicher Unterschied zwischen diesen beiden Wegen, die Vermögensmehrung der ausländischen Gesellschaft auf den inländischen Gesellschafter zu übertragen, wird nicht gesehen. Allerdings beschränkt Abs. 2 die Steuerbefreiung nicht auf solche Vermögensmehrungen, die auf nicht ausgeschütteten Dividenden beruhen; auch Vermögensmehrungen beim inländischen Gesellschafter auf Grund sonstiger Erhöhungen des Beteiligungswertes sind steuerfrei.
Abs. 2 dient, in Ergänzung der Vorschriften über die Steuervergünstigung für Dividendenausschüttungen, in besonderem Maße der Förderung der Bundesrepublik als Standort für Holdinggesellschaften. Gewinne der Holding aus ausländischen Gesellschaften fallen bei der Holding steuerfrei an, unabhängig davon, ob es sich um Dividendenausschüttungen handelt oder um Vermögensmehrungen aus der Aufgabe der Beteiligung.
§ 8b Abs. 2 kann, ebenso wie § 23 Abs. 4 UmwStG, zur grenzüberschreitenden Umstrukturierung von Konzernen genutzt werden. Anders als § 23 Abs. 4 UmwStG führt § 8b Abs. 2 aber nicht zur Beibehaltung und eventuellen Verdoppelung der stillen Reserven und zur Fortsetzung der Steuerverstrickung. Vielmehr werden die stillen Reserven aufgedeckt, bleiben aber steuerfrei; eine Steuerverstrickung besteht nicht. Der erwerbende Rechtsträger unterliegt für eine Weiterveräußerung keiner Sperrfrist.
Rz. 27
Begünstigt durch Abs. 2 sind unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 und 6. Es handelt sich also um die gleichen Rechtsformen wie bei Abs. 1 (vgl. Rz. 11, 11a). Körperschaften, die eine andere Rechtsform aufweisen, sind nicht begünstigt. Zu beachten ist aber, dass eine dem Abs. 1 S. 4 entsprechende Regelung fehlt, die die Steuerbefreiung für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb einer steuerbefreiten Körperschaft ausschließt. Die Steuerbefreiung nach Abs. 2 tritt also auch ein, wenn die Beteiligung an der ausländischen Körperschaft zu einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb einer nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG oder sonstigen Vorschrift steuerbefreiten Körperschaft i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 oder 6 KStG gehört (vgl. Abschn. 41 Abs. 6 KStR).
Ist die Körperschaft, die die ausländische Beteiligung hält, eine Organgesellschaft, gilt § 15 Nr. 3 (vgl. § 15 Rz. 11a). § 8b Abs. 2 ist dann nur anzuwenden, wenn der Organträger zu dem begünstigten Personenkreis gehört. Ist Organträger eine Personengesellschaft, ist Abs. 2 insoweit anzuwenden, als Gesellschafter der Personengesellschaft nach Abs. 2 begünstigte Körperschaften sind. Das gilt auch, soweit der Organträger ein beschränkt Steuerpflichtiger mit seiner inländischen Betriebsstätte ist (vgl. Rz. 45ff.); maßgebend ist dann, ob der beschränkt Steuerpflichtige zu dem nach Abs. 4 begünstigten Personenkreis gehört.
Nicht unmittelbar begünstigt sind beschränkt steuerpflichtige Körperschaften, also Körperschaftsteuersubjekte, die Sitz und Geschäftsleitung im Ausland haben; Abs. 4 enthält insoweit aber über einen Verweis eine entsprechende Regelung.
Rz. 28
Objekt der Steuerbefreiung ist die Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft, wenn die Gewinnausschüttungen dieser Gesellschaft steuerbefreit oder steuerbegünstigt wären. Wegen des Zusammenhanges mit der Steuerbegünstigung nach einem DBA bzw. § 26 Abs. 2, 3 ist unter einer "Gesellschaft" eine solche zu verstehen, die in ihrer Struktur einer Kapitalgesellschaft entspricht. "Ausländisch" ist eine solche Gesellschaft, wenn sie Geschäftsleitung und Sitz im Ausland hat.
Rz. 29
Die Steuerbefreiung tritt nur ein, wenn es sich um ausländische Gesellschaften handelt, deren Ausschüttungen nach § 8b Abs. 5 oder einem DBA steuerbefreit oder nach § 26 Abs. 2, 3 steuerbegünstigt wären. Die Steuerfreiheit nach Abs. 2 tritt nur ein, wenn der volle Tatbestand nach § 8b Abs. 5 oder § 26 Abs. 2, 3 gegeben ist.
Bei der Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 5 bzw. DBA handelt es sich um das "internationale Schachtelprivileg", das ab einer Beteiligun...