Rz. 494
Die Steuerfreistellung gem. § 8b Abs. 1 S. 1 KStG kann nur in Anspruch genommen werden, wenn eine unmittelbare Beteiligung von mindestens 10 % an der ausschüttenden Gesellschaft besteht. Abzustellen ist dabei sowohl auf das rechtliche als auch das wirtschaftliche Eigentum gem. § 39 AO. Eine mittelbare Beteiligung über andere Kapitalgesellschaften ist insoweit unerheblich. Das Abstellen auf eine unmittelbare Beteiligung ist konsequent, weil Gewinn stets nur an den unmittelbaren Gesellschafter ausgeschüttet wird. Eine Ausschüttung an mittelbare Gesellschafter ist nicht möglich. Das Abstellen auf die unmittelbare Beteiligung führt dazu, dass Konzernsachverhalte nicht berücksichtigt werden. Es ist dabei unerheblich, ob der Minderheitsgesellschafter einem Mehrheitsgesellschafter nahesteht oder beide sogar eine gemeinsame Muttergesellschaft haben. Hält der Anteilseigner nicht eine Beteiligung von mindestens 10 %, unterliegt die Ausschüttung in voller Höhe der KSt. In tiefer gestaffelten Konzernen kann es dadurch zu einer Kumulation der Steuerbelastung kommen. Es ist daher sinnvoll, von verschiedenen Konzerngesellschaften gehaltene Portfoliobeteiligungen in einer Konzerngesellschaft zu sammeln, um die Grenze von 10 % zu erreichen.
Die A-GmbH ist zu 5 % an der B-GmbH, diese zu 5 % an der C-GmbH und die C-GmbH zu 5 % an der D-GmbH beteiligt. Die restlichen 95 % an der C-GmbH und der D-GmbH hält die A-GmbH direkt. Die D-GmbH schüttet 100 % aus.
95 % der Ausschüttung, die die A-GmbH direkt erhält, sind steuerfrei; 5 % gelten gem. § 8b Abs. 5 KStG als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe. In Höhe von 5 % unterliegt die Ausschüttung bei der C-GmbH der KSt. Schüttet die C-GmbH diese 5 % aus (Steueraufwand, der das Ausschüttungsvolumen verringert, bleibt unberücksichtigt), so sind davon 95 % (4,75 %) bei der A-GmbH steuerfrei, weil insoweit eine direkte Beteiligung i. H. v. 95 % besteht. Auch hier sind wiederum 5 % als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe anzusetzen. Die restlichen 0,25 % (5 % der Ausschüttung) unterliegen bei der B-GmbH der KSt. Schüttet die B-GmbH diesen Betrag (ohne Abzug einer etwaigen Steuerbelastung) an die A-GmbH aus, unterliegt diese Ausschüttung bei der A-GmbH der KSt. Im Ergebnis fällt auf die Ausschüttung der D-GmbH 0,81 % KSt an (0,75 % + 0,038 % + 0,018 %); hinzu kommt der Solidaritätszuschlag.
Rz. 495
Aus dem Beispiel in Rz. 494 wird deutlich, dass die KSt-Belastung von Streubesitzdividenden im Konzernfall systemwidrig ist. Erhält die A-GmbH eine direkte Dividende von der D-GmbH, ist diese steuerfrei. Ist die A-GmbH über mehrere Minderheitsbeteiligungen an der D-GmbH beteiligt, so unterliegt dieser Teil der Ausschüttung der KSt. Dies gilt nach dem Gesetzeswortlaut auch dann, wenn die A-GmbH im Ergebnis zu 96,25 % an der D-GmbH beteiligt ist. Eine derartige Unterscheidung zwischen unmittelbarer und mittelbarer Beteiligung ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht nachvollziehbar.
Rz. 495a
Weil nur unmittelbare Beteiligungen maßgebend sind, kann eine Bündelung von Anteilen durch das Zwischenschalten einer Kapitalgesellschaft sinnvoll sein, um das Entstehen von Streubesitzbeteiligungen und die Besteuerung der Dividenden zu verhindern.
Die A-GmbH und die B-GmbH halten jeweils 5 % an der Z-GmbH. Beide Gesellschaften bringen ihre Beteiligungen in die C-GmbH ein, die als Holdinggesellschaft fungieren soll. An der C-GmbH sind die A-GmbH und die B-GmbH jeweils zu 50 % beteiligt.
Die C-GmbH hält nun eine Beteiligung von 10 %, die gem. § 8b Abs. 4 S. 1 KStG nicht als Streubesitzbeteiligung gilt. Ausschüttungen der Z-GmbH sind daher bei der C-GmbH steuerfrei. Schüttet die C-GmbH weiter an ihre Gesellschafter aus, so sind auch diese Dividenden gem. § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei, da sowohl die A-GmbH als auch die B-GmbH zu mindestens 10 % an der C-GmbH beteiligt sind.